Die neue Einkaufslust auf Türkisch

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Österreicher mit türkischen Wurzeln legen Wert auf Qualität und neue Trends.

Sie sind jung, kaufen gerne ein auf achten dabei besonders auf die neuesten Trends und gute Qualität. Österreichs Türken sind in ihrem Einkaufsverhalten offenbar viel moderner als landläufig vermutet. Das lässt sich aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK bei Österreichern mit türkischen Wurzeln schließen.

Die neue Einkaufslust auf Türkisch
„Die finanzielle Situation der Türken in Österreich ist weniger rosig als jene der Österreicher. Dennoch kauft fast jeder Zweite, was ihm oder ihr gerade gefällt“, sagt Doris Kostera von der GfK. Und im Unterschied zur Mehrheit der Österreicher schauen sie beim Einkauf eher auf die Qualität als auf den Preis – vor allem bei Kosmetik und Körperpflegeprodukten. Während zwei Drittel der österreichischen Konsumenten preisbewusst kaufen, sind es bei den Türken nur knapp mehr als ein Drittel.

Das ist besonders bemerkenswert, zumal die 275.000 Österreicher mit türkischen Wurzeln laut Statistik Austria im Durchschnitt nur über 1100 Euro im Monat verfügen, die Österreicher dagegen über 1480 Euro. Das gesamte Konsumpotenzial der türkischen Bevölkerung schätzen die Statistiker auf vier Milliarden Euro, jenes der Österreicher auf 220 Milliarden Euro. Besonders beliebt sind bei den türkisch-stämmigen Österreichern technische Neuheiten wie Smartphones. Bei Autos bevorzugen sie deutsche Marken – VW, Opel, Mercedes.

Lieber auf Deutsch

Überraschend waren auch die Antworten auf die Frage, ob sie lieber auf Deutsch oder Türkisch über Produkte oder Dienstleistungen informiert werden wollen. Knapp 60 Prozent bevorzugen Deutsch. Je jünger und gebildeter, desto größer der Anteil jener, die auf Deutsch informiert werden wollen.

Die neue Einkaufslust auf Türkisch
A youth looks over merchandise at an H&M clothing store in Hollywood, California January 26, 2011. Budget fashion retailer Hennes & Mauritz is due to report fourth quarter earnings on January 27. REUTERS/Fred Prouser (UNITED STATES - Tags: BUSINESS)
Fast 80 Prozent der Interviewten bei der Umfrage (502 Österreicher mit türkischen Wurzeln wurden befragt) wollten auf Deutsch antworten. Interessanterweise brachte eine Parallelumfrage der GfK in Deutschland ein völlig anderes Bild. Die türkisch-stämmigen Deutschen wollten mehrheitlich türkisch als Interviewsprache.

Warum das so ist? GfK Österreich-Chef Rudolf Bretschneider hat dafür nur eine „Deutung, aber keine wirkliche Erklärung“: „Eine These ist, dass die österreichischen Türken viel besser integriert sind als jene in Deutschland“, sagt er. Österreicher mit türkischen Wurzeln wollen eher nicht nach ihrer Herkunft beurteilt werden.

Wenig Finanzprodukte

Das Vertrauen der türkischen Migranten zu den Banken ist übrigens geringer als jenes der Österreicher. 33 Prozent behalten Bargeld lieber selbst, als es den Banken zu geben. Mehr als die Hälfte hat kein Geld für Altersvorsorge. Hier sieht Studienleiterin Kostera viel Nachholbedarf der Banken.

Birol Kilic, Herausgeber der Neuen-Heimat-Zeitung (Yeni Vatan), bestätigt im KURIER-Gespräch die Ergebnisse. „Die Türken sind konsumorientiert. Dabei ist uns wichtig, dass die Marke Qualität hat.“ Das sei nicht nur in Österreich so. „Auch in meiner Jugend in Istanbul waren uns Qualitätsmarken wichtig.“

Dies müssten aber nicht zwingend westliche Marken sein, sondern treffe auch auf türkische zu. „Wir haben Erinnerungen an die guten Marken aus der Heimat“, sagt Kilic. Davon würden auch türkische Produzenten profitieren, die nach Westeuropa liefern oder hier sogar produzieren lassen.

So sei die jahrzehntealte Joghurtmarke ÖMÜR in Österreich sehr beliebt. Sie wurde vor einigen Jahren vom deutschen Konzern Garmo erworben, der auch Produzent des bekannten Feta-Käses Gazi ist. Beliebt seien auch Produkte des Tomatenverarbeiters und Saucenherstellers Tukas.

In Finanzangelegenheiten vertrauen Türken laut Kilic nicht unbedingt türkischstämmigen Banken. „Es gibt österreichische Institute, die sich besonders um Migranten kümmern, und nicht nur aus Marketinggründen. Anderen sind wir wurscht.“

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