Die Macht erwacht, aber die Börse schläft

Star Wars bekommt einen neuen Drehbuchautor.
Eine schreckliche Tragödie im Disneyland und die Krise des Kabelfernsehens: Warum der US-Unterhaltungsriese trotz Kassenschlagern wie dem Dschungelbuch an der Börse erfolglos bleibt.

Eigentlich hätte es Disneys großer Sommer werden sollen. Der neue Captain America und das Dschungelbuch kamen in die Kinos, in China wurde das erste Disneyland eröffnet. Doch dann kam alles anders: Ein kleiner Bub starb in einem der Vergnügungsparks wegen einer Alligator-Attacke, das Image des Familienparadieses war plötzlich angepatzt. An der Börse ist Disney trotz der Hollywood-Erfolge ein Sorgenkind geblieben. Das Unternehmen ist viel zu stark ins Kabelgeschäft verwickelt, einer Sparte, in der sich schon länger ein Abwärtstrend abzeichnet.

Als "den glücklichsten Platz der Welt" bewirbt Disney seine Themenparks. Am 14. Juni wurde das Disneyland in Florida dieser Beschreibung nicht gerecht: Ein Alligator griff einen zweijährigen Buben am Ufer einer mit dem Vergnügungspark verbundenen Hotelanlage in Orlando an und zog ihn unter Wasser. Das Kind war längere Zeit nicht auffindbar, erst einige Stunden später wurde es tot geborgen. "Alle hier sind am Boden zerstört durch diesen tragischen Unfall", teilte Disney mit. Der Strand, an dem der Bursche im seichten Wasser spielte, ist zwar nicht zum Baden vorgesehen, dennoch musste sich Disney die Kritik gefallen lassen, dass dort keine Zäune stehen. Die Familie des Kindes hat bereits erklärt, Disney nicht verklagen zu wollen.

Ein Schaden ist für Disney dennoch entstanden - und dieser dürfte sich auch nicht so schnell wieder abwenden lassen. "Ich glaube, dass die Marke langfristig darunter leiden wird", teilte Karen Kreamer von der Marketingfirma K2 Brand Consulting der Zeitung New York Daily News mit. Kreamer rechnet zwar nicht damit, dass die Tragödie sich sofort in den Finanzergebnissen niederschlägt, es werde aber dauern, bis sich das Image der Vergnügungsparks wieder erholt.

Hollywood-Geschäft ist nicht die wichtigste Einnahmequelle

An der Börse hat der Unterhaltungsgigant ohnehin keinen guten Stand, die Aktie wird von Anlegern schon seit längerem verschmäht. Auf Jahressicht liegt der Kurs mit 13,5 Prozent im Minus, in den vergangenen drei Monaten ist er um neun Prozent gesunken. Und das, obwohl der riesige Erfolg des jüngsten Star-Wars-Films "Das Erwachen der Macht" dem Konzern zu Jahresbeginn einen Rekordgewinn von 812 Millionen US-Dollar eingespielt und ihn zur stärksten Marke der Welt gemacht hat.

Der Grund liegt in Disneys Geschäften rund ums Kabelfernsehen. Was viele nicht wissen: Die wichtigste Einnahmequelle des Unternehmens ist nicht etwa das Hollywood-Geschäft, sondern die breite Mediensparte mit dem Fernsehnetzwerk ABC als Flaggschiff, den diversen Disney-Kanälen und dem Sportsender ESPN. Während es bei letzterem schon länger kriselt, sanken im abgelaufenen Quartal auch sonst die Abozahlen. Diese Talfahrt dürfte schwer zu bremsen sein, da zunehmend Kunden ins Internet abwandern.

Nicht einmal die überraschend starken Quartalszahlen, die Disney am Dienstag nach US-Börsenschluss vorlegte, konnten die Anleger beschwichtigen. Dabei hat der Konzern Einnahmen und Gewinn dank erfolgreicher Hollywood-Filme wie „Captain America: Civil War“ erheblich gesteigert. Der Umsatz legte von April bis Juni verglichen mit dem Vorjahreswert um neun Prozent auf 14,2 Milliarden Dollar (12,8 Mrd Euro) zu, der Überschuss kletterte um fünf Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar. Dennoch drehte die Aktie ins Minus.

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