Die "gute Bank" braucht Geld

Peter Zimmerl, Vorstand des Projekts "Bank für Gemeinwohl"
Gemeinwohlbank-Chef Zimmerl über Probleme beim Kapitalsammeln und alternative Wege.

Eine Bank gründen, die nicht spekuliert und nur dem guten Zweck von Finanzinstituten dient: Sparen, Zahlungsverkehr und Kreditvergabe für regionale kleine Unternehmen, die sozial und ökologisch arbeiten. Seit fünf Jahren arbeitet eine Gruppe von Österreichern an dieser Idee, hat eine Genossenschaft gegründet, die Geld für den Start der Bank sammelt. Das geht zäher als geplant. Von den notwendigen sechs Millionen Euro sind erst gut zwei Millionen da. Der neue Chef Peter Zimmerl soll neuen Schwung hineinbringen. Was er vorhat und warum er diesen Job annahm, bei dem er ein Drittel seines früheren Gehalts verdient, erzählt er dem KURIER.

KURIER: Herr Zimmerl, Sie kommen aus dem Glücksspielkonzern Novomatic. Was führt Sie zu so einer ganz anderen Art von Bank, der Gemeinwohlbank?

Peter Zimmerl: Ich war in dem Umfeld nach einer gewissen Zeit unzufrieden.

Unzufrieden womit vor allem?

Das Geschäft, in dem gearbeitet wird, tut nicht das, wofür es da ist: Drehscheibe für die Wirtschaft zu sein.

Die "gute Bank" braucht Geld
Interview mit Peter Zimmerl, Vorstand des Projekts "Bank für Gemeinwohl" am 22.03.2016 in Wien.
Die Idee, Drehscheibe für die Wirtschaft zu sein, hatten Sparkassen oder Raiffeisenbanken auch einmal ...

Die Vision finden Sie bei diesen Instituten noch. Aber in der Realität fragt man sich, ob die Vision dort noch ankommt. Durch die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen 20 Jahre sind alle Banken unter Wettbewerbsdruck gekommen.

Kann sich eine Bank wie die Bank für Gemeinwohl dem entziehen?

Das ist gar nicht so einfach. Wir jedenfalls haben uns das Ziel gesetzt, nicht in die weite Welt zu schauen, sondern im lokalen Umfeld, Unternehmen und Projekte zu finanzieren. Jene mit besonders hoher Gemeinwohlorientierung können billigere Kredite erhalten.

Regionale Produktion ist im internationalen Vergleich teuer. Spricht die Gemeinwohlbank damit einen elitären Zirkel an?

Da muss man sicher genau hinschauen. Wir wollen ja auch nicht alles finanzieren, was regional ist. Wir sind kein Fantastenverein. Projekte, die wir finanzieren, müssen finanziell in Ordnung sein.

Andere Banken wollen solche Firmen auch finanzieren. Was wollen Sie anders machen?

Wir werden besonderes Verständnis für gemeinwohlorientierte Unternehmen zeigen. Diese werden mehrheitlich von den herkömmlichen Banken nicht bedient, da solche Unternehmen in der Regel keinen schnellen Erfolg vorweisen können.

Die Gemeinwohlbank will Ökonomie verändern. Wie?

Ein wichtiger Schritt ist, die Menschen in die Diskussion einzubeziehen. Unsere Genossenschaft bildet eine Plattform für die Zivilgesellschaft, in die diese ihren Wunsch nach Veränderung unseres Wirtschaftssystems einbringen kann. Die Bank soll nicht allein im Vordergrund stehen.

Heißt das, dass die Gründung der Bank nicht wirklich klappt?

Das ursprüngliche Ziel, dass wir zu diesem Zeitpunkt 15 Millionen Euro von Kapitalgebern eingesammelt haben, mag ambitioniert gewesen sein. Wir werden weiter mobilisieren.

Wie weit sind Sie bei der Bank?

Die "gute Bank" braucht Geld
Interview mit Peter Zimmerl, Vorstand des Projekts "Bank für Gemeinwohl" am 22.03.2016 in Wien.
Wir sind in der Planung. Wir sammeln Kapital und haben Alternativen überlegt. Es gibt Zwischenschritte auf dem Weg zu einer Vollbank.

Welche?

Man kann als Zwischenschritt ein Zahlungsinstitut nur für Girokonten gründen und eine Crowdfunding-Plattform für von uns auf Gemeinwohl geprüfte Unternehmungen anbieten. Damit unsere Kundinnen und Kunden sich sicher sind, dass die Geldwerber dem Gemeinwohl dienen – sozial und ökologisch nachhaltig arbeiten.

Wann kann ich ein Konto bei der Gemeinwohlbank eröffnen?

Das Zahlungsinstitut für Girokonten könnte in der ersten Hälfte 2017 kommen.

Wann wollen Sie das Kapital zusammenhaben, um eine Vollbank zu gründen?

Das wage ich nicht zu sagen. Aber wir werden uns eine Spur breiter aufstellen und nicht nur mit der Bank arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass mit der Bank allein nicht alles abgeholt wird, was möglich wäre. Das Ziel ist aber noch immer die Vollbank.

Ist das Wort Bank abschreckend für Kapitalgeber?

Das ist schwer zu sagen. Aber in den letzten zehn bis 15 Jahren hat das da und dort seinen Kratzer bekommen.

Sie kommen aus hierarchisch organisierten Unternehmen. Glauben Sie, dass eine Bank ohne viel Hierarchie funktionieren kann?

Wenn es um Verantwortung geht, die auch einen gesellschaftsrechtlichen Hintergrund hat, braucht man Hierarchien.

Die Gemeinwohl-Genossenschaft ist teamorientiert. Wie funktioniert das im Alltag?

Wir haben Arbeitsteams, jeder ist eingeladen, mitzumachen. Hier gibt es ein Betätigungsfeld rund um den Aufbau eines Pionierprojektes im Finanzwesen. Ich glaube, dass das für viele im Land spannend ist. Erstens geht es um eine Meinungsbildung rund um die Finanzdienstleistung. Der zweite konzentrische Kreis geht um Wirtschaftspolitik. Wir wollen uns da und dort zu wirtschaftspolitischen Themen äußern.

Peter Zimmerl

Seit Jänner ist der leidenschaftliche Rockmusiker (Gitarre) Zimmerl (53) Vorstand der Genossenschaft, die das Projekt Bank für Gemeinwohl entwickelt. Zuvor war er bei Novomatic und bei Paylife zuständig für die Entwicklung von Bankomatkarten-Funktionen.

Bank für Gemeinwohl

Aktuell gibt es eine Genossenschaft, die die Gründung der Bank plant. Für das Konzessionsansuchen bei der Aufsicht braucht sie sechs Millionen Euro, zwei hat sie bis jetzt. Ab 200 Euro kann man Genossenschafter werden und bei der Bank mitbestimmen.

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