Die größten Baustellen am Jobmarkt

Die größten Baustellen am Jobmarkt
Die Regierung blieb bisher viele Reformen schuldig – neue Rezepte sind dringend erforderlich.

Auch wenn die Dezember-Zahlen eine Spur besser ausschauen: Der Kampf gegen die Rekordarbeitslosigkeit hat Top-Priorität. Neben wirtschaftspolitischen Impulsen muss die Regierung heuer eine Reihe arbeitsmarktpolitischer Reformen auf den Weg bringen. Der KURIER hat die fünf größten Baustellen am Arbeitsmarkt zusammengefasst.

Ältere: Pensionsreform und Alterspyramide zeigen ihre Wirkung. Ende November waren fast doppelt so viele über 60-Jährige arbeitslos vorgemerkt als unter 20-Jährige. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Job-Suchenden 50plus auf 109.000 verdoppelt. Das ist jeder vierte Arbeitslose. Und: Weil Ältere in einem hoch kompetitiven Arbeitsmarkt schlechtere Karten haben, steigt die Langzeitarbeitslosigkeit bedrohlich an. Das AMS gibt die durchschnittliche Vermittlungsdauer derzeit mit 193 Tagen an, Monat für Monat werden es mehr.

Ausblick: Keine Entspannung in Sicht, da die geburtenstärksten Jahrgänge gerade erst in die Gruppe der 50plus nachgerückt sind.

Rezepte: Wiedereingliederungsbeihilfen allein reichen nicht, es muss Neues her: Ein wirksames Bonus-Malus-System; mehr Transitarbeitsplätze bis zur Pension; Lohnnebenkosten-Senkung, um Ältere für Firmen billiger zu machen.

Jugendliche: Der Geburtenrückgang hat die Situation bei den Jugendlichen etwas entspannt, das Problem der oft schlechten Qualifikation hat sich besonders in Wien noch verschärft. 70 Prozent der arbeitslos gemeldeten Jugendlichen in Wien haben Migrationshintergrund. Der Jobeinstieg wird schwieriger, in der Lehre gibt es viel zu viele Abbrüche. Die Regierung versucht , mit der Ausbildungspflicht bis 18 gegenzusteuern, ab Juli wird erstmals gestraft.

Ausblick: Besserung bei anziehender Konjunktur.

Rezepte: Kontrolle der Ausbildungspflicht bis 18; strengere Auflagen für Mindestsicherung; Attraktivierung der Lehre inkl. Qualitätschecks.

Mobilität: Das West-Ost-Gefälle bei der Arbeitslosigkeit vertieft sich. In Salzburg ist die Arbeitslosenquote nur halb so hoch wie in Wien. Im Tourismus fehlen zum Teil die Fachkräfte, doch nur wenige Arbeitskräfte in Wien sind bereit, ihren Wohnsitz zu wechseln.

Ausblick: Die Personalnachfrage im Westen ist saisonabhängig, Wien wird auch heuer besonders stark von der Integration von Flüchtlingen betroffen sein.

Rezepte: Eigenes Maßnahmenpaket zur überregionalen Vermittlung durch das AMS inkl. Jobbörsen; bundeseinheitliches Niveau bei der Mindestsicherung, um Binnen-Migration zu verhindern.

"Mismatch": Job-Anforderung und Qualifikation der Arbeitslosen passen immer seltener zusammen – Experten sprechen von "Mismatch". Auch die Entfernung zum Arbeitsplatz fällt darunter (siehe Mobilität). Die Folge: Firmen suchen immer länger oder sogar vergeblich nach geeigneten Bewerbern, viele wenden sich gar nicht mehr an das AMS.

Ausblick: Immer rascher wechselnde Anforderungen – etwa durch die Digitalisierung – werden die Problematik noch verschärfen.

Rezepte: Mehr strukturelle Maßnahmen wie Implacement-Stiftungen (gemeinsame Qualifizierung), mehr Jobbörsen, um Firmen und Arbeitsuchende zusammenzubringen.

Migranten: Der Migrantenanteil unter den Arbeitslosen lag zuletzt schon bei 41,6 Prozent. Ihr Anteil an der Beschäftigung in Österreich ist nur halb so hoch. Die starke Zuwanderung vor allem auf den (ost)österreichischen Arbeitsmarkt sorgt für einen Verdrängungskampf innerhalb der Migrantengruppen. Jüngere, besser qualifizierte Ausländer, viele davon Tagespendler aus den Nachbarregionen, verdrängen Ausländer, die schon länger in Österreich ansässig sind.

Ausblick: Die EU-Binnenmigration – vor allem aus Rumänien – dürfte wegen des nach wie vor hohen Lohngefälles vorerst nicht nachlassen. Das AMS rechnet 2017 zudem mit 20.000 bis 30.000 zusätzlichen Asylberechtigten auf Jobsuche.

Rezepte: Deutsch-Kurse so früh wie möglich, um Jobchancen zu verbessern. Sektorale Einschränkung des freien Arbeitsmarktzuganges auf EU-Ebene bei hoher Arbeitslosigkeit. Letzteres ist umstritten.

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