Die Gelddrucker von Frankfurt

In der Zentrale der EZB laufen seit Montag die Telefone heiß: Händler feilschen um gute Preise für ihre Anleihen.
Das milliardenschwere Anleihekauf-Programm hat begonnen. Der Ausgang des Experiments ist ungewiss.

Am Montag schlug die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt/Main ein neues Kapitel auf: Erstmals in der Geschichte des Euro kauft sie Staatsanleihen. Die Wirkung des Programms, das die europäische Konjunktur in Gang bringen soll, ist durchaus umstritten.

Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Fragen:

Wie viele Anleihen werden aufgekauft?

Monatlich sollen es 60 Milliarden Euro sein. Bis September 2016 ist der Aufkauf von Staatsanleihen der Euroländer – mit Ausnahme von Griechenland und Zypern – im Volumen von 1,14 Billionen Euro geplant.

Warum sind die hochverschuldeten Länder Griechenland und Zypern ausgenommen?

Grundsätzlich kauft die EZB Anleihen von Ländern mit guter Kreditwürdigkeit. Diese fehlt beiden Staaten. Sie konnten aber dennoch am Anleihekauf-Programm teilnehmen, wenn sie Reformen umsetzen.

Wer kauft die Anleihen?

Die Notenbanken der Euroländer; in Österreich ist das die Oesterreichische Nationalbank. Auf sie entfallen monatlich 1,8 Milliarden Euro an Staatsanleihen, die sie im Rahmen des Programms erwerben muss.

Drucken die Notenbanken tatsächlich Geld, um damit die Anleihen zu erwerben?

Nein. Die Notenbanken verbuchen den Kauf der Anleihen nur in ihren Bilanzen als Ausgabe. Im Fachjargon heißt das: Die Notenbanken schöpfen Geld. Das ist ein Privileg der Notenbanken, nur sie dürfen das.

Wie kommen die Notenbanken zu den Anleihen?

Die Wertpapierhändler der Notenbanken fragen in den Handelsabteilungen der Banken nach, ob und zu welchem Preis Staatsanleihen angeboten werden. Durch die neue Nachfrage der Notenbanken werden die Anleihekurse steigen. Für die Banken kann ein Verkauf damit ein lukratives Geschäft werden.

Gibt es schon erste Auswirkungen des Anleihekaufs?

Am Montag sind die Kurse von zehnjährigen deutschen Staatsanleihen – sie gelten als Richtschnur – gestiegen und die Renditen (Zinsen in Prozent des Kurses) daher gefallen. Auch der Kurs des Euro ist leicht zurückgegangenen.

Warum will die EZB die Renditen und den Euro drücken?

Gibt es in Euroland niedrige Zinsen, ist die Währung für Finanzinvestoren uninteressant und ihr Kurs fällt. Ein tiefer Euro ist gut für die Exportwirtschaft und gibt damit der Konjunktur Impulse. Genau das will die EZB: das Wachstum in Euroland stärken.

Warum sollen die Banken Staatsanleihen an die EZB verkaufen?

Banken werden dies nur tun, wenn die EZB für die Anleihen mehr als den aktuellen Marktpreis zahlt. Und wenn sie das Geld aus dem Anleiheverkauf in lukrativere Veranlagungen stecken können – etwa in Kredite. In Österreich könnte das schwierig werden. Denn die Banken haben genug Geld, um Kredite zu vergeben. Valentin Hofstätter, Anleihe-Experte der Raiffeisen Bank International (RBI) ist daher skeptisch, ob die Nationalbank es schafft, die 1,8 Milliarden Euro an Anleihen pro Monat tatsächlich aufzukaufen.

Verhilft die EZB mit dem Anleihekauf-Programm zu zusätzlichen Gewinnen?

Da die Notenbanken die Anleihen teurer kaufen müssen, verdienen die Banken bei einem Verkauf. Dennoch haben gerade Österreichs Banken mit dem Programm wenig Freude. "Wenn die Zinsen dadurch weiter sinken, müssen Kredite noch billiger werden. Die Sparzinsen aber können nicht mehr fallen. Damit schrumpft die Gewinnspanne für die Banken", erklärt Hofstätter.

Was machen Notenbanken, wenn sie in ihrem Land nicht genug Anleihen zum Kauf angeboten bekommen?

In diesem Fall dürfen sie auch Anleihen der Europäischen Investitionsbank oder anderer europäischer Institutionen erwerben. Insgesamt zwölf Prozent des gesamten Volumens sind für Anleihen von Förderbanken reserviert.

Welche Nebenwirkungen sind zu befürchten?

Noch tiefere Zinsen für Staatsanleihen machen Schulden billiger. Das birgt die Gefahr, dass sich Staaten weiter verschulden und der Reformwille in den Krisenländern schwächer wird. Längerfristig steigt die Inflationsgefahr durch die Geldschwemme. Die EZB hat allerdings genug Zeit, um die Geldflut zu reduzieren.

Gibt es Kritik an den Staatsanleihenkäufen?

Experten wie der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn und auch RBI-Bondspezialist Hofstätter glauben, dass das Programm nicht nötig gewesen wäre. Der tiefe Euro und das billige Öl reichten aus, um die europäische Konjunktur in Schwung zu bringen.

Kommentare