Die Gefahr der vielen Datenspuren im Netz

Moderatorin Martina Salomon mit Rudi Klausnitzer (li.), Datenschutzexpertin Andrea Jelinek und Datenschutzaktivist Max Schrems (re.)
Privatsphäre: Experten diskutierten beim KURIER-Gespräch über die Gefahren der Verknüpfung von Daten.

"Meine Mutter bekam drei Monate lang keinen Handy-Vertrag, weil der Computer Nein gesagt hatte", erzählt Datenschutzaktivist Max Schrems beim KURIER-Gespräch "Big Data. Der gläserne Mensch" im Raiffeisen Forum vergangenen Freitag. Die Entscheidung des Computers basierte auf diverser Verknüpfungen großer Datenmengen und statistischen Auswertungen, die unter dem Schlagwort "Big Data" zusammengefasst werden. Bonitätsprüfung nennt man das Verfahren, das die Kreditwürdigkeit einer Person abfragt. Das passiert zunehmend automatisiert und wird immer mehr zum Standard. Wer online etwas mit Lastschrift zahlen will, stimmt oft einer Bonitätsprüfung zu. Wird ein Betroffener abgelehnt, hat er keine Chance, herauszufinden, warum.

Laut dem Autor und Journalisten Rudolf Klausnitzer stellt die Verknüpfung der Daten aus dieser Perspektive eine große Gefahr da. "Es werden immer mehr Daten verwendet, um Muster zu generieren. Gesundheitsmuster, ökonomische Muster, psychische Muster. Je tiefer derartige Verknüpfungen in die allgemeine Beurteilung eindringen, desto weniger sind Bankmitarbeiter in der Lage, da als Menschen noch einzugreifen."

Flexible Preise

Doch das ist nicht das einzige Beispiel: Wenn wir im Internet eine Reise kaufen, rechnen im Hintergrund Algorithmen aus, ob wir einen PC oder Mac benutzen, aus welchem Land wir kommen und vieles mehr. Anhand dieser Dinge werden die Preise unterschiedlich berechnet. "Was bei uns gerade erst beginnt, ist in den USA schon Standard", so Schrems. "Deshalb müssen wir uns jetzt damit beschäftigen und darüber diskutieren." Schrems setzt sich seit Jahren für den Datenschutz ein. Er hat in Wien eine Klage gegen Facebook am Laufen. "Darin geht es darum, was Facebook kommerziell mit den Daten seiner Nutzer macht, Big Data und die Datenschutzrichtlinie, die in Europa nicht gültig ist", erklärt der Jus-Absolvent. Schrems erzählt zudem, wie Facebook dem Aktivisten vorwarf, dass er kein gewöhnlicher Verbraucher sei, um die Klage vom Standort Wien weg zu verlagern. Jetzt muss sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dieser Frage befassen.

"Ab Mai 2018 kann Schrems auch zur österreichischen Datenschutzbehörde kommen und wir können derartige Verfahren mit der irischen Behörde führen", erklärt Andrea Jelinek, Leiterin der österreichischen Datenschutzbehörde. Sie ist für die Kontrolle der Einhaltung der Datenschutzgesetze zuständig. "Es wird spannend, wie man Verfahren künftig führen wird."

Datenschutzreform

Möglich wird dies durch die EU-Datenschutzreform, durch die das Recht in ganz Europa vereinheitlicht wird. Derzeit würden bei der Behörde eher andere Fälle landen, wie etwa Beschwerden über Werbemails, nachdem beim Kauf neuer Schuhe eine Kundenkarte erstellt wurde. "Wir haben viele solcher Fälle", erzählt Jelinek. Klausnitzer ergänzt, dass wir beim Einkaufen viel mehr Datenspuren hinterlassen. "Wir zahlen mit Kreditkarte, laufen in Überwachungskameras, hinterlassen die Geodaten mit dem Handy", so der Big-Data-Experte, der im selben Atemzug festhält: "Ich bin kein Digitalisierungsverweigerer. Durch Digitalisierung werden viele Möglichkeiten geschaffen. Aber wir müssen jetzt in der Anfangszeit die Regeln bestimmen." Laut Jelinek wird dies künftig eine Frage der Rechtsdurchsetzung sein: "Wir werden die Möglichkeit haben, Strafen zu verhängen. Und die will auch Google nicht zahlen."

Ab Mai 2018 Die neuen Datenschutzregeln der EU, die im Mai 2018 in Kraft treten, versprechen mehr Rechte für Nutzer und hohe Strafen für Unternehmen bei Datenschutzverstößen. Bürger können damit künftig persönliche Daten zu anderen Diensten mitnehmen und die Löschung ihrer Daten verlangen. Wenn Unternehmen die neuen Regeln nicht einhalten, drohen Strafen bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Im Falle von Google wäre das immerhin eine Summe von mehr als 2,5 Milliarden Euro. EU-Bürger können sich künftig an die Datenschutzbehörde ihres Heimatlandes wenden und ihre Beschwerde vorbringen. Damit will man negativen Entwicklungen Einhalt gebieten.

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