Die Eurozone dreht sich heute erneut um Hellas
Wenn die Krise zur Routine wird: Zum dritten Mal innerhalb von nur drei Wochen kommen die Euro-Finanzminister heute Mittag in Brüssel zusammen, um eine Lösung für die Schuldenprobleme Griechenlands zu finden. Der Brocken, der aktuell von Eurogruppe und IWF aus dem Weg geräumt werden muss: Eine weitere Finanzierungslücke in Milliardenhöhe.
Zudem muss geklärt werden, bis wann das krisengeschüttelte Land seinen Schuldenberg auf ein tragbares Maß abbauen muss. Die Regierung in Athen hofft außerdem auf die Freigabe einer weiteren Milliarden-Tranche aus dem laufenden Hilfsprogramm. Ohne die Zahlungen der internationalen Geldgeber droht dem Land bekanntlich die Pleite.
Uneins über Schuldenschnitt
IWF und EZB drängen die deutsche Bundesregierung dabei angeblich zu einem massiven Forderungsverzicht gegenüber Griechenland, der den deutschen Steuerzahler etwa 20 Milliarden Euro kosten könnte. Der Spiegel berichtete am Wochenende, die Geberländer sollten laut IWF und EZB die Hälfte ihrer Forderungen abschreiben. Nur so könne Griechenland in absehbarer Zeit wieder auf eigenen Beinen stehen. Deutschland, Österreich und einige andere Euro-Länder lehnen einen Schuldenschnitt öffentlicher Gläubiger bisher strikt ab.
Hellas-Rettung, ein Marathon
Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen Geldgebern EU, EZB und IWF über die Freigabe der nächsten Hilfsgelder. Erschwert wird das auch dadurch, dass die Geldgeber keine gemeinsame Linie finden. So war bisher strittig, bis wann Griechenland wieder eine tragfähige Schuldenlast erreichen soll. Der IWF willigte nach griechischen Angaben zuletzt ein, den Schuldenstand bei 124 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 als tragfähig zu erachten. Eigentlich waren 120 Prozent angepeilt.
Im Gespräch sollen außerdem niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten für bilateraler Kredite der Euro-Staaten an Griechenland sowie ein Rückkauf eigener Schuldtitel durch die Regierung in Athen sein.
Börse
Die Börse in Tokio ist heute mit Gewinnen in die neue Woche gestartet. Händler nannten als Grund die Hoffnung, dass die europäischen Finanzminister auf ihrem Treffen sich auf Hilfen für das schuldengeplagte Griechenland einigen dürften. Gefragt waren vor allem Aktien von japanischen Unternehmen, die einen nicht unwesentlichen Teil ihres Geschäfts in der Euro-Zone machen.
Vor dem Sondertreffen der Euro-Finanzminister hat das Centrum für Europäische Politik davor gewarnt, angesichts der Probleme in Griechenland den Reformstau in anderen EU-Staaten aus dem Blick zu verlieren. In einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung verwies Institutsleiter Professor Lüder Gerken auf Frankreich: Präsident François Hollande "negiert den Ernst der Lage oder fürchtet gewalttätigen Widerstand im Volk", sagte Gerken.
"Hollande negiert Ernst der Lage"
Erhöhe Frankreich seine Wettbewerbsfähigkeit nicht, drohe die Gefahr, dass die Europäische Zentralbank auf Kosten der deutschen Steuerzahler "auch für Frankreich die Geldpresse anwerfen wird, wenn das Land zu kippen beginnt", sagte der Wirtschaftswissenschaftler. Die EZB müsse jedoch ihre Hilfe einer Regierung verweigern, "die es nicht schafft, ihre Hausaufgaben zu machen".
Ursache
Die Erosion der französischen Wettbewerbsfähigkeit sei vor allem auf überhöhte Lohnstückkosten zurückzuführen, sagte Gerken. "Von 2000 bis 2011 stiegen sie um 25,4 Prozent, in Deutschland nur um 5,9 Prozent", sagte der Freiburger Wirtschaftsprofessor. "Französische Produkte sind dadurch zu teuer geworden - sowohl auf den Exportmärkten als auch zuhause, weil auch die Franzosen vermehrt preiswertere Importwaren kaufen." Da Frankreich für Einfuhren seit Jahren mehr ausgebe, als es über Exporte einnehme, müsse es immer größere Kredite im Ausland aufnehmen.
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