„Der Erfolg unseres Geschäftsmodells entsteht aus der Ausgewogenheit an nachhaltigen Qualitätsprodukten und den vorteilhaften Mechanismen der ganzheitlichen Betrachtung des Weltmarktes“, heißt es auf der Homepage des Mineralölhändlers LU & NO AG mit Sitz in Wien. Das Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2016/2017 in den Dieselhandel eingestiegen ist, schrammte diese Woche mit rund 500 Millionen Euro Schulden in die Pleite. Größter Gläubiger ist die heimische Finanz bzw. der Zoll mit zumindest 320 Millionen Euro Forderungen. Es handelt sich um nicht bezahlte Mineralölsteuer. Aber wie konnte es zu so einen hohen Abgabenrückstand kommen?
„Diese Pleite wirft viele Fragen auf und wir werden dem Fall ganz genau auf den Grund gehen“, sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. „Den Schaden hat offenbar der Steuerzahler.“
LU & NO bezog über italienische Häfen und ab 2018 auch über Hamburg Diesel. Die ersten Jahre dürften vom Erfolg gezeichnet gewesen sein, doch im März 2020 kam es zur Wende. Corona-Pandemie und weltweite Lockdowns führten zu einem drastischen Nachfragerückgang und Einbruch des Öl-Weltmarktes. Später kamen dann auch noch die geopolitischen Spannung wie zum Beispiel durch Russlands Angriff auf die Ukraine dazu.
„Aufgrund dieser erheblichen Preisschwankungen und Verwerfungen am Mineralölmarkt ab März 2020 und auch neuerlich ab Februar 2022, wodurch das Unternehmen erhebliche Verluste erlitt, wuchsen die Verbindlichkeiten beim Zollamt hinsichtlich der Mineralölsteuer auf bis zu 460 Millionen Euro an“, heißt es im Konkursantrag.
15 Konten gepfändet
LU & NO will monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 6,5 Millionen Euro geleistet haben. Setzte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2020/21 noch 750 Millionen Euro um, so stieg der Umsatz im Geschäftsjahr 2021/22 auf 1,78 Milliarden Euro. Doch auch die Schulden wuchsen auf eine Milliarde Euro.
Kurz vor Weihnachten 2021 zog der Zoll die Reißleine und entzog dem Unternehmen die sogenannte Bewilligung als „registrierter Empfänger“ und die für das „Steuerlager“. Zugleich ließ der Zoll 15 Bankkonten des Unternehmens pfänden. Trotz der Ratenzahlungen sollen nach wie vor noch rund 320 Millionen Euro Schulden bei der Finanz bestehen.
„Völlig unverhofft und nicht vorhersehbar"
„LU & NO durfte aufgrund der bisherigen Besprechungen und mündlichen Vereinbarungen sowie nicht zuletzt aufgrund der konkludenten Akzeptanz der Ratenvereinbarung damit rechnen, dass das Zollamt die weiteren hohen täglichen Rückzahlungen abwarten und eine stillschweigende Stundung gewähren würde“, heißt es im Antrag weiter. Die Finanzprokuratur, die Anwaltskanzlei der Republik, soll „völlig unverhofft und nicht vorhersehbar einen Insolvenzantrag“ gestellt haben. Des Weiteren wird behauptet, „dass von einer vollständigen Begleichung aller Abgabenschulden in den kommenden Jahren auszugehen war“. Weitere Stundungsansuchen soll die Finanz zuletzt im Februar 2023 abgelehnt haben.
Den Dieselhandel in Österreich hat LU & NO bereits im Jänner 2022 eingestellt. Sie machte von Hamburg aus mit Kunden in Italien Geschäfte. Dem Antrag ist aber zu entnehmen, dass auch die Hamburger LU & NO „überschuldet und zahlungsunfähig ist“.
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