Deutschland wertet Offshore-Leaks-Daten aus

Eine Person betrachtet einen Artikel auf der ICIJ-Website über Offshore-Finanzaktivitäten.
Die Behörden erhalten Zugriff auf mehr als zwei Millionen Dokumente, die Anfang April aufgetaucht waren.

Das deutsche Finanzministerium bekommt Zugriff auf die Anfang April enthüllten "Offshore-Leaks"-Daten mit Angaben über weltweite Steuerflüchtlinge. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte am Freitag einen Vorabbericht der Süddeutschen Zeitung, wonach die USA, Großbritannien und Australien Deutschland 400 Gigabyte an Daten zur Verfügung stellen. Mit den drei Ländern, die direkten Zugriff auf die Daten hätten, arbeite Deutschland seit langem in internationalen Steuersachen zusammen, sagte der Sprecher. Die Analyse der Unterlagen werde international koordiniert.

Der Süddeutschen Zeitung zufolge handelt es sich um mehr als zwei Millionen Dokumente. Seit Anfang April präsentieren Medien aus 46 Ländern ihre Ergebnisse aus der Analyse der Daten, in denen 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern aufgelistet werden. Die Unterlagen stammen von zwei Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert sind.

Die Enthüllung hatte die Debatte über den Umgang mit Steueroasen neu entfacht. Die Süddeutsche Zeitung und der Norddeutsche Rundfunk, die dem Enthüllungsnetzwerk angehören, hatten es unter Verweis auf die Pressefreiheit abgelehnt, die Unterlagen den deutschen Behörden zur Verfügung zu stellen.

Auswertung in Großbritannien läuft bereits

Die britische Steuerbehörde HMRC hat mit der Auswertung der Daten bereits begonnen und teilte nun mit: "Die 400 Gigabyte Daten werden noch ausgewertet, aber erste Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen und Treuhandgesellschaften in mehreren Territorien auf der Welt, darunter Singapur, die Britischen Jungferninseln, die Kayman-Inseln und die Cook-Inseln, genutzt wurden".

In Großbritannien seien mehr als 100 Personen identifiziert worden, die im Verdacht stünden, von den Strukturen profitiert zu haben. Auch 200 Steuerberater und Anwälte seien im Visier der Steuerfahndung. Die Steuerbehörden riefen alle Einwohner Großbritanniens auf, ihre Steuerunterlagen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, mit den Gesetzen im Einklang zu sein. Finanzminister George Osborne sagte: "Die Botschaft ist einfach: Wenn Du Steuern hinterziehst, kriegen wir Dich!"

"Wir haben kein Problem mit Steueroasen. Wir sind das Problem." Jack Murphy, britischer Steuerexperte

Kritiker halten die Worte von für Lippenbekenntnisse. Viele der international bekannten Steueroasen sind britische Überseegebiete oder Kronbesitz. Der britische Steuerexperte Jack Murphy sagte: "Wir haben kein Problem mit Steueroasen. Wir sind das Problem." Ferner würden 80 Prozent der Steuerdelikte in Großbritannien nicht Offshore, sondern im Inland begangen.

Kommentare