Gerhard Schröder gelang Durchbruch bei Tengelmann

In dem seit über zwei Jahren laufenden Tauziehen um die Zukunft der deutschen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann hat Altkanzler Gerhard Schröder einen Durchbruch erzielt. "Die Schlichtung ist heute erfolgreich abgeschlossen worden", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Montag in Berlin.
"15.000 Verkäuferinnen, Fleischer, Lagerarbeiter, Fahrer, Verwaltungsmitarbeiter und alle anderen Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann können Weihnachten ohne Angst um ihren Arbeitsplatz feiern." Bis 11. November solle Rewe seine Klage gegen die Ministererlaubnis zurückziehen. Damit könnten die Arbeitsplätze für sieben Jahre gesichert sein.
"Ich gehe nicht davon aus, dass es noch irgendeinen Stolperstein für den Vollzug der Schlichtungsvereinbarung geben kann."
Weil sich die Supermarktchefs von Kaiser's Tengelmann, Edeka und Rewe nicht einigen konnten, übernahm Altkanzler Schröder die Vermittlung. "Ich gehe nicht davon aus, dass es noch irgendeinen Stolperstein für den Vollzug der Schlichtungsvereinbarung geben kann", betonte Gabriel nun. Über konkrete Inhalte des Interessenausgleichs sei Stillschweigen vereinbart worden. Zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen hatten der Nachrichtenagentur Reuters zuvor gesagt, dass einige Filialen in Berlin an Rewe gingen, während Edeka Zugriff auf Filialen in Bayern erhalten solle.
Gewerkschaft ist zufrieden
"Das ist in der Tat ein sehr guter Tag für 15.000 Beschäftigte bei Kaisers Tengelmann", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske, der mit Gabriel gemeinsam vor die Presse trat. Andere rieten angesichts der Auf und Abs in der Supermarkt-Saga zur Vorsicht. "Wir waren schon einmal euphorisch", sagte der Berliner Betriebsratsvorsitzende von Kaiser's Tengelmann, Volker Bohne, dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). "Viele Fragen sind noch offen." Schröder war schon einmal als Vermittler gefeiert worden. Als amtierender Bundeskanzler schien er 1999 der Retter des Baukonzerns Philipp Holzmann zu sein - 2002 meldete das traditionsreiche Unternehmen Insolvenz an.
Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub wollte im Herbst 2014 Kaiser's Tengelmann ursprünglich als Ganzes an den Branchenprimus Edeka veräußern. Der ebenfalls interessierte Konkurrent Rewe hatte das Nachsehen. Das Bundeskartellamt legte sein Veto gegen die Pläne ein, doch Gabriel überstimmte die Wettbewerbshüter mit einer Sondererlaubnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wiederum legte diese Ministererlaubnis nach Klagen von Norma, Markant und Rewe auf Eis. Der Discounter Norma und die Handelskooperation Markant haben ihre Beschwerden inzwischen zurückgezogen.
Gabriels Sondererlaubnis kann aber nur mit Zustimmung von Rewe aufrechterhalten werden. Andernfalls wollte Haub die Filialen einzeln verkaufen. Für die Märkte in Nordrhein-Westfalen hatte er bereits Angebote eingeholt. Nach der Grundsatzeinigung müssen die Details so geregelt werden, dass auch das Bundeskartellamt zustimmt.
Bei den Verhandlungen über die Zukunft der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann haben die Parteien eine Einigung über Eckpunkte erzielt. Wenn die Einigung umgesetzt werden könne, werde Rewe seine Klage zurückziehen und damit den Weg für eine Übernahme der Kette durch Edeka freimachen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen.
Die Schlichtungsgespräche unter Leitung von Altbundeskanzler Gerhard Schröder galten als letzte Chance, eine Zerschlagung der traditionsreichen Supermarktkette zu verhindern. Ohne eine Einigung wären nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bis zu 8.000 Arbeitsplätze gefährdet gewesen.
Eine Teileinigung sei nun jedoch zunächst nur über ein Umsatzvolumen erzielt worden, das Edeka am Standort Berlin nach einer Übernahme der Supermarktkette in Form von Filialen an Rewe abgeben könnte, hieß es. Dabei sei es bisher weder um konkrete einzelne Filialen noch um einen Kaufpreis gegangen. Noch völlig offen sei auch das Schicksal der Filialen in Nordrhein-Westfalen. Darüber werde nach einem Abschluss der Gespräche über die Berliner Filialen geredet, hieß es.
Bei einem Scheitern der Gespräche hatte Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub mit einer Zerschlagung der Kette gedroht. Erste Vorbereitungen dafür hatte er bereits vor dem Schlichtungsversuch getroffen. Mitte Oktober verschickte der Unternehmer bereits erste Listen mit zum Verkauf stehenden Filialen in Nordrhein-Westfalen an mögliche Interessenten. Doch hatte er angekündigt, die Verkaufspläne für die Dauer des Schlichtungsverfahrens auf Eis zu legen.
Kaiser's Tengelmann beschäftigt heute in gut 400 Filialen in München und Oberbayern, im Großraum Berlin und im Rheinland noch rund 15.000 Mitarbeiter. Doch schreibt die Supermarktkette schon seit der Jahrtausendwende rote Zahlen. Eigentümer Haub hatte deshalb vor zwei Jahren beschlossen, das Unternehmen an Edeka zu verkaufen.
Der Plan stieß jedoch bei Wettbewerbshütern auf heftigen Widerstand. Sie befürchteten durch einen Verkauf der Kette ausgerechnet an den Marktführer Edeka weniger Wettbewerb und steigende Preise im deutschen Lebensmittelhandel. Im April 2015 untersagte das Bundeskartellamt deshalb den Zusammenschluss.
Zwar gelang es Tengelmann und Edeka nach monatelangem Ringen, das Veto der Wettbewerbshüter durch eine Ministererlaubnis auszuhebeln. Doch wurde die Ausnahmegenehmigung im Juli vom Oberlandesgericht Düsseldorf auf Antrag von Rewe und anderen vorläufig gestoppt.
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