Deutsche Bank: Österreicher im Vorstand

Deutsche Bank: Österreicher im Vorstand
Das Unternehmen stellt sich mit einem Österreicher im Vorstand neu auf - deutsche Medien bezeichnen den Wechsel als chaotisch.

Die Deutsche Bank baut ihren Vorstand radikal um. Der Aufsichtsrat des Frankfurter Dax-Konzerns billigte am Freitag ein umfangreiches Personalpaket. Allerdings sieht es nach einem überraschenden Veto der Finanzaufsicht Bafin etwas anders aus als zuvor geplant. Der für den Posten des Risikovorstands vom künftigen Führungsduo Anshu Jain/Jürgen Fitschen favorisierte Amerikaner William Broeksmit fiel bei den Bankenaufsehern durch. Der Österreicher Stephan Leitner zieht aber wie geplant in den Vorstand neu ein.

Der bisherige Risikovorstand Hugo Bänziger (56) und Personalvorstand Hermann-Josef Lamberti (56) verlassen das Institut am 31. Mai 2012 vorzeitig, wie die Bank mitteilte. Unbestätigten Medienberichten zufolge erhalten die als Vertraute von Noch-Konzernchef Josef Ackermann geltenden Bänziger und Lamberti jeweils eine Abfindung im hohen einstelligen Millionenbereich.

Stephan Leitner zeiht in den Vorstand ein

Im Gegenzug werden zum 1. Juni 2012 drei langjährige Manager des Instituts in den Vorstand berufen: Für Personal, Recht und das Europageschäft ist künftig der Investmentbanker Stephan Leithner (45) zuständig, das operative Geschäft und die IT verantwortet dann der Jain-Vertraute Henry Ritchotte (48).

Neuer Risikochef wird entgegen den ursprünglichen Plänen der bisherige Bänziger-Stellvertreter, der Schotte Stuart Lewis (46). Kurz vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung musste ein neuer Kandidat gefunden werden. Die Aufseher hielten den Jain-Vertrauten Broeksmit dem Vernehmen unter anderem deswegen für ungeeignet, weil er bisher kein größeres Team geleitet hat. Spiegel Online berichtete zudem, Broeksmit habe das Geschäft mit außerbörslich gehandelten Derivaten in Europa aufgebaut - jener Kategorie von Wertpapieren, der eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben wird.

Vorbereitung auf Ackermanns Abgang

Mit den Personalien schafft das ab Juni amtierende Führungsduo Jain/Fitschen zweieinhalb Monate vor Ackermanns Abschied Fakten. Der Schweizer zieht sich mit der Hauptversammlung am 31. Mai nach zehn Jahren an der Spitze des Konzerns aus der Deutschen Bank zurück. Der 64-jährige kehrt in seine Heimat zurück: Als Verwaltungsratschef des Schweizer Finanz- und Versicherungskonzerns Zurich.

Bei der Deutschen Bank sind die neuen Gesichter Medienberichten zufolge zugleich Ausdruck einer neuen Strategie: Neben den bisherigen Sparten Investmentbanking und Privatkunden sollen demnach zwei weitere Geschäftsfelder rücken: der internationale Zahlungsverkehr und die Vermögensverwaltung. Die neue Führung erhofft sich von der neuen Aufstellung dem Vernehmen nach einen Abschied vom "Silodenken".

Kritiker hatten nach Bekanntwerden der Pläne vor zehn Tagen die Befürchtung geäußert, das Investmentbanking könnte wieder zu großes Gewicht bei Deutschlands größter Bank bekommen - nachdem Ackermann mit Milliardeninvestitionen das Privatkundengeschäft zu einer zweiten stabilen Säule ausgebaut hatte. Im Investmentbanking verdient der Konzern unter anderem mit der Beratung bei Fusionen und dem Anleihegeschäft sein Geld.

Auf das Führungsduo Jain (49), oberster Investmentbanker des Instituts, und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen (63) hatte sich die Deutsche Bank bereits im vergangenen Sommer geeinigt - nach wochenlangen Querelen. Ursprünglich war damals auch geplant, dass Ackermann direkt den Aufsichtsratsvorsitz des Dax-Konzerns übernimmt. Doch der Schweizer machte einen Rückzieher. Nun soll ab diesem Juni Paul Achleitner, derzeit noch Finanzvorstand des Versicherungsriesen Allianz, Chefaufseher der Deutschen Bank werden. Neu in das Kontrollgremium sollen nach Mitteilung vom Freitag zudem Siemens-Chef Peter Löscher und Haniel-Vorstand Klaus Trützschler gewählt werden.

Kritische Stimmen

Kommentiert wird der Umbau an der Spitze des Unternehmens allerdings nicht nur positiv: Der Spiegel etwa schreibt von der "Chaostruppe im Cash-Turm" - verantwortlich gemacht dafür wird scheidende Aufsichtsrats-Chef Clemens Börsig. "Da wird der Abgang der Vorstände Hugo Bänziger und Hermann-Josef Lamberti per `Bild`-Zeitung gemeldet, noch bevor der Aufsichtsrat darüber entschieden hat. Und einer der vorgesehen Nachfolger, der Amerikaner William Broeksmit, muss kurz vor seiner offiziellen Nominierung zurückziehen, weil er die Anforderungen der deutschen Bankenaufsicht nicht erfüllt. Eine ganze Woche lang wird halböffentlich gekämpft und getratscht, ohne dass die Deutsche Bank dazu offiziell auch nur ein Wort sagt", schreibt das Blatt in seiner Online-Ausgabe.

Das Problematische daran sei nicht, dass "künftig ein Trupp von Ausländern das größte deutsche Geldhaus führen wird (...). Die wirkliche Gefahr, besteht darin, dass das Gleichgewicht innerhalb der Bank verlorengeht, wenn die Investmentbanker so eindeutig die Oberhand über den Rest des Konzerns gewinnen. (...) Schließlich ist die Deutsche Bank das letzte bedeutende Kreditinstitut, das am Standort Deutschland übriggeblieben ist. Mit ihren weltweiten Geschäften bewegen die Mitarbeiter täglich Milliarden von Euro. Und die Finanzkrise hat sehr deutlich gezeigt, wer dafür am Ende einspringen muss, falls etwas schiefgeht: die Steuerzahler."

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