Der Klick zum Buchhändler ums Eck

Mann sitzt hinter Laptop auf Bücherstapel
Amazon steht unter Kritik. Konsumenten bestellen verstärkt in österreichischen Webshops.

Lange Schlangen an den Kassen der Buchhandlungen sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass Weihnachten wieder vor der Tür steht. „Im November und Dezember macht die Branche ein Viertel ihres Geschäfts, die Umsätze sind drei Mal so hoch wie in normalen Monaten“, rechnet Gerald Schantin, Geschäftsführer von Morawa und Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels (HVB), vor.

Rund 770 Millionen Euro geben die Österreicher jährlich für Bücher aus, bereits ein Fünftel davon per Mausklick. Damit fließt ein großer Brocken des Umsatzes ins Ausland. Geschätzte 75 Prozent der Online-Buchkäufe gehen auf das Konto des US-Riesen Amazon, der gerade wegen der Lohnstreiks seiner Beschäftigten für Schlagzeilen sorgt. Das hat Amazon offensichtlich Sympathiepunkte gekostet. „Die Berichte rund um Arbeitsbedingungen, die einem modernen Sklaventum ähneln, lassen viele Konsumenten umdenken“, beobachtet Schantin. Gekauft wird verstärkt bei heimischen Buchhändlern. Seit dem Frühjahr verzeichnen deren Onlineshops zweistellige Umsatzzuwächse.

Das bestätigt auch Ulla Harms, Eigentümerin des Geschäfts Buchkontor im 15. Bezirk in Wien. Jeder Dritte lässt sich die Bestellung nicht liefern, sondern kommt sie abholen, was für zusätzliche Frequenz im Laden sorgt. Viele kleine Händler hätten dennoch keinen Onlineshop, verweist Harms auf hohe Kosten: „Mich hat der Webshop 15.000 Euro gekostet, dazu kommt die monatliche Gebühr von 240 Euro für die Datenbank.“

Gesicht statt Suchmaske

Die Menschen seien beim Konsum sensibler geworden, meint die Buchhändlerin. Es sei nicht mehr so cool, bei einem anonymen Anbieter im Web einzukaufen. Darauf baut auch die Kampagne „Ihr Buch hat ein Gesicht – Wiens Buchhandel hat viele“, an der sich 39 Händler beteiligen. „Wir wollen zeigen, dass wir Ansprechpartner vor Ort sind, dass wir zum Beispiel Schulen und Kindergärten mit Büchern beliefern und Jobs schaffen“, erklärt Harms. Nachsatz: „Das hätte vor ein paar Jahren niemanden interessiert, heute schon.“

Der aufkeimende „buy local“-Trend, also das bewusste Einkaufen beim Händler ums Eck, ist übrigens kein österreichisches Phänomen. Nicht nur in Europa, auch in den USA bekommen kleinere Buchhandlungen wieder Rückenwind. Großflächen scheinen sich nicht mehr zu rechnen. So holt sich Thalia Untermieter für seine großflächigen Flagshipstores an Bord – wie den Computerhändler DiTech oder den Süßwarenhersteller Manner.

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