Das Revival des Einkaufszettels und der Vormarsch von Amazon

A man is delivering a bag of vegetables and fruit
Heimische Händler sind auf die Schlacht mit Amazon oder Zalando nicht gut vorbereitet, sagt Handelsprofessor Peter Schnedlitz

Eines vorweg: Was den Leuten am meisten fehlt, sind Freunde und Familie. Weniger die Einkaufsmöglichkeiten.

So könnte man das Ergebnis einer Studie des Österreichischen Gallup Instituts und des Instituts für Handel und Marketing der Wirtschaftsuniversität Wien zusammenfassen. 80 Prozent der Österreicher sind mit den Schließungen in Gastronomie und Handel nach wie vor einverstanden, sagt Andrea Fronaschütz vom Gallup-Institut.

Fast drei Viertel der österreichischen Bevölkerung haben seit Beginn der Krise auch online eingekauft, sieben Prozent dieser Gruppe zum ersten Mal überhaupt. Blöd aus Sicht der heimischen Onlineshops: Das Einfallstor sind internationale Plattformen – etwa Amazon, Zalando oder Otto-Versand. Zugespitzt könnte man auf neudeutsch sagen: „The winner takes it all“. Denn wer einmal bei einem Anbieter gekauft hat und zufrieden war, kehrt in der Regel wieder.

Schlechtes Zeugnis

Die kleinen müssen sich jederzeit mit Amazon messen lassen. Ein Onlineshop der eher peinlich ist, kann damit auch kontraproduktiv sein, meint Handelsprofessor Peter Schnedlitz. „Der österreichische Handel ist nicht gut vorbereitet auf die Schlacht mit Amazon und Co“, stellt der WU-Professor den rot-weiß-roten Webshops kein gutes Zeugnis aus. „Derzeit gibt es jedenfalls keine Leuchttürme, die sich international messen können. Shöpping.at hat zweifelslos noch nicht den Durchbruch geschafft.“

 

 

Auch wenn es sich Politik und Wirtschaft anders wünschen: Die Loyalität zu österreichischen Unternehmen ist bei den Konsumenten bisher eher mäßig ausgeprägt. Ihnen geht es vielmehr darum, eine große Auswahl, eine schnelle Lieferung und einen kleinen Preis zu bekommen. Schnedlitz: „Das Online-Geschäft verlangt die Quadratur des Kreises. Man soll der billigste sein, alles haben und das sofort.“ Anders formuliert heißt das aber auch: „Wenn der Schmid eine perfekte Lösung bietet, geht man weniger oft zum Schmiedl.“

Beim Einkaufen im Geschäft sieht er „ein Rivival des Einkaufszettels“. Schnedlitz: „Oder haben Sie in den vergangenen Wochen jemanden mit Maske gustieren gesehen?“

Einkaufsgewohnheiten

Laut der Gallup-Studie kaufen 96 Prozent der Befragten derzeit seltener ein als vor der Krise. Der Wunsch nach Normalität sei aber groß. „Man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagt Schnedlitz. Einkaufsverhalten habe viel mit Gewohnheiten zu tun. Deswegen stehen Reise und Urlaub, sowie Gastronomie und Kleidung bei der Frage, wofür man nach der Krise Geld ausgeben will, ganz oben. „Die Boombranche der nächsten Woche werden sicher Bau- und Gartenmärkte sein“, verweist er auf Nachzieheffekte.

Andrea Fornaschütz sieht aktuell vor allem in der Altersgruppen der 31- bis 40-Jährigen Verunsicherung, die sich in einer geringeren Konsumneigung zeigt. Auch nach der Krise. „Diese Altersgruppe sagt überdurchschnittlich oft, dass sie das Geld nicht ausgeben wird.“ Das sei auch nicht weiter verwunderlich. Diese Gruppe sei stark von Kurzarbeit und Kündigung betroffen, sowie von Betreuungspflichten. „Sie meistern den Alltag zwischen Schulschließung und dem Lebensmitteleinkauf für die Eltern. Ihnen muss man eine Perspektive geben.“

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