Das Dilemma der ÖBB mit den Beamten-Pensionen

Das Dilemma der ÖBB mit den Beamten-Pensionen
23 Prozent krankheitsbedingt pensioniert, Kosten fliegen davon, Gewessler sieht keinen Handlungsbedarf.

Um die Personalnot zu mildern, wird in den ÖBB neben etlichen anderen Maßnahmen auch überlegt, Pensionisten wieder in den aktiven Dienst zurückzuholen. Bei den 16.500 beamteten ÖBB-Pensionisten dürfte sich Bahn-Chef Andreas Matthä aber einen Korb holen.

Erstens sind deren Pensionen wesentlich höher als im ASVG-System, der finanzielle Anreiz ist dementsprechend gering. Und zweitens dürfte der schlechte Gesundheitszustand vieler Beamten-Rentner eine Rückkehr ins Berufsleben gar nicht zulassen. So könnte man die Pensionszahlen 2021 interpretieren, jetzt geliefert von der grünen Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler auf eine parlamentarische Anfrage der Neos.

Immer noch haben rund 40 Prozent der insgesamt knapp 42.600 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) konzernweit den unkündbaren Beamtenstatus. Im Vorjahr verabschiedeten sich mehr als 1.500 Bahnbeamte in den Ruhestand.

Kranke Verwaltung?

Mit einem durchschnittlichen Pensionsantrittsalter von 61,2 Jahren und einer Durchschnittsrente von knapp 3300 Euro brutto monatlich (siehe Grafik). Zum Vergleich: Die durchschnittliche ASVG-Pension liegt bei etwas über 1600 Euro.

Beinahe jeder Vierte (rund 23 Prozent) ließ sich allerdings krankheitsbedingt in den vorzeitigen Ruhestand versetzen, das Durchschnittsalter liegt hier bei 56,2 Jahren. Die Frührentner seien nicht alle körperliche Schwerarbeiter. „Das betrifft Kollegen quer durch alle Bereiche, sogar in der Verwaltung“, hört man aus dem Unternehmen.

Die Mitarbeiter im neuen Dienstrecht sind offenbar gesünder, 2020 gingen nur 13 Prozent aus Krankheitsgründen in den Ruhestand.

Die Bahn will das nicht so stehen lassen. Die Entscheidung über krankheitsbedingte Pensionierungen „werden naturgemäß auf Basis von ärztlichen Gutachten getroffen und nicht freihändig“, sagt ÖBB-Sprecherin Gabriele Zornig. Aus Datenschutzgründen könnten die ÖBB keine Statistik über die Gründe führen. Aber allein aufgrund der Tatsache, dass die ÖBB ein Eisenbahnunternehmen sind, „kann man davon ausgehen, dass die meisten aus dieser Gruppe in Bereichen waren, die mit hoher körperlicher Anstrengung verbunden waren. Und oft Wind und Wetter ausgesetzt waren, in Nacht- und Schichtdiensten, beispielsweise im Verschub“, argumentiert Zornig.

Kosten 2,4 Milliarden

Obwohl die Zahl der Bahnbeamten sinkt, weil seit 1995 keine neuen Mitarbeiter mehr definitiv gestellt werden, steigen die Kosten weiter. Im Vorjahr erhöhte sich der Pensionsaufwand von 2,06 auf 2,4 Milliarden Euro.

Gewessler sieht jedoch keinen Anlass, das Beamten-Pensionssystem der ÖBB zu korrigieren. Der Gesetzgeber habe ein Übergangsrecht geschaffen zur Harmonisierung, das nunmehr ein Auslaufmodell sei. Vor dem Hintergrund dieser Reformschritte und wirksamer Maßnahmen, ältere Mitarbeiter länger in Beschäftigung zu halten, seien derzeit keine Änderungen seitens des Gesetzgebers geplant.

Gerald Loacker

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: "System ändern"

„Dieses Nichtstun wird die ÖBB noch teuer zu stehen kommen“, warnt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Der Personalmangel bei den ÖBB sei durch eine „übertriebene Frühpensionierungspolitik selbst verschuldet“. Trotzdem wolle Gewessler dieses System nicht renovieren. „Und das, obwohl der Rechnungshof die Laissez-Faire-Pensionspolitik der ÖBB stark kritisiert hat“. Eine Regierungsvorlage sei dringend notwendig, um das System nachhaltiger zu gestalten.

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