Die Wirtschaftsdaten können sich sehen lassen: Die griechische Wirtschaft soll heuer um 2,4 Prozent wachsen, während etwa die deutsche und die österreichische schrumpfen und der EU-Schnitt lediglich bei 0,6 Prozent Wachstum liegt. Die Inflation (Harmonisierter Verbraucherpreisindex, HVPI) lag im November mit 2,9 Prozent deutlich niedriger als in Österreich (4,9 Prozent). Und auch an der Athener Börse geht es bergauf. Der ATHEX Composite Index hat im vergangenen Jahr um 40 Prozent zugelegt.
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Schuldenabbau
Zwei von drei Ratingagenturen halten Investitionen in Griechenland wieder für angebracht. Dadurch sinken die Zinsen, die das Land für Anleihen zahlen muss und die Refinanzierung des Staatshaushalts wird einfacher. Auch Unternehmen sollten wieder leichter an Geld kommen. Dahinter steht vor allem, dass Griechenland mit dem Schuldenabbau besser vorankommt als angenommen und einen Teil zuletzt sogar vorzeitig zurückgezahlt hat.
Seit 2020 ist die Staatsschuldenquote (Schulden in Relation zur Wirtschaftsleistung) um 45 Prozent gesunken. Das ist der größte Abbau in der EU. Und geht es nach dem konservativen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, soll es so auch weitergehen. Für 2024 soll laut Budget ein Haushaltsüberschuss von 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben.
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Die Schattenseiten
Eitel Sonnenschein also? Mitnichten. Für Philipp Heimberger vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) sind die Strukturanpassungsprogramme, die die EU Griechenland im Zuge der Schuldenkrise aufgenötigt hat, keine Erfolgsgeschichte. Der Ökonom warnt im Gespräch mit dem KURIER vor „Geschichtsklitterung“.
Zwar sei sicher „einiges Positives passiert“, die Darstellung im Economist findet er aber „arg verzerrend“. So würden Untersuchungsberichte etwa vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) klar zeigen, dass die Anpassungsprogramme kontraproduktiv waren und soziale Erwägungen dabei außen vor gelassen wurden. Die Kosten hätte die griechische Bevölkerung getragen.
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Höchste Schuldenquote in der EU
Die Schuldenquote ist mit 161 Prozent des Bruttoinlandsproduktes immer noch die höchste in der EU. Und die durchschnittlichen Lebensbedingungen sind in dem beliebten Urlaubsland wenig luxuriös: Die Arbeitslosenquote ist die zweithöchste in der EU, die Einkommen gehören zu den niedrigsten. Ein durchschnittliches Monatsgehalt liegt in Griechenland bei 900 Euro netto.
In Großstädten müssen durchschnittliche Arbeitnehmer 60 bis 70 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Das Armutsrisiko ist das dritthöchste in der EU nach Bulgarien und Rumänien. Der Anstieg der Energiekosten in ganz Europa und die Inflation haben die Situation für viele Haushalte weiter verschärft.
Der jahrelange Sparkurs hat sich auch an der griechischen Infrastruktur bemerkbar gemacht, wie etwa ein Bahnunfall mit 57 Toten im Februar gezeigt hat. Kritik gibt es auch an jahrelangen Einsparungen im Schulsystem sowie in der Gesundheitsversorgung.
Privatisierungen
Im Zuge des Schuldenabbaus wurde zudem viel öffentliches Eigentum verkauft. Der wichtigste Hafen Piräus gehört dem chinesischen Staatsunternehmen Cosco. Mitsotakis will weiter privatisieren, 2024 soll Staatseigentum im Wert von 5 Mrd. Euro verkauft werden. So sollen etwa Flughäfen, Häfen und Autobahnen zumindest teilweise privatisiert werden. Interessant ist das natürlich nur bei Einrichtungen, die Gewinne abwerfen – diese gehen dann zusammen mit der Kontrolle an die privaten Eigentümer.
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