Coronavirus: Deutsche Autobauer lassen die Bänder wieder laufen
Nach vier Wochen Stillstand in großen Teilen der Produktion fährt der deutsche Autobauer Daimler seine Werke ab kommenden Montag wieder hoch. Ein Schwerpunkt liegt auf der Antriebs- und Getriebetechnik, einem Bereich, auf den nicht nur die übrigen Werke in Deutschland, sondern auch die im Ausland und insbesondere in China angewiesen sind.
Während einige Standorte zunächst mit einer Schicht beginnen, soll in anderen gleich wieder in zwei oder drei Schichten gearbeitet werden, wie Personalvorstand Wilfried Porth und Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht sagten. "Wir sind noch deutlich reduziert, was die Produktion angeht", so Porth. Die Lieferketten hätten im Großen und Ganzen gehalten, der Anlauf in China, der schon einige Wochen zurückliegt, habe gut funktioniert. "Wir haben in Europa noch größere Themen in Italien, Frankreich ist auch noch extrem eingeschränkt", sagte Porth. Die jetzt geplanten Anläufe seien aber abgesichert.
Strenge Hygienevorgaben
Gearbeitet werden soll unter strengen Hygienevorgaben, die Konzern und Betriebsrat anhand von Gefahrenbeurteilungen für jeden Arbeitsplatz erarbeitet hätten. "Der Katalog, der daraus entstanden ist, ist im Prinzip der Katalog, der als Basis in die Empfehlung des (Branchenverbands) VDA und am Ende auch in die Überlegungen der Bundesregierung eingeflossen ist", sagte Porth. "Da haben wir sehr viel Vorarbeit geleistet."
Damit die Mitarbeiter untereinander nicht mehr Kontakt haben als nötig, werden unter anderem die Schichten nicht voll besetzt und die Schichtzeiten so geändert, dass sich die Beschäftigten weder am Werkstor noch in den Umkleideräumen begegnen. Wo möglich, soll zudem weiter vom Home-Office aus gearbeitet werden. "Wir haben immer gesagt: Wenn wir wieder anfangen, soll das Infektionsrisiko bei uns geringer sein als außerhalb des Unternehmens", sagte Brecht.
Daimler hatte einen Großteil seiner Produktion im März heruntergefahren, seit dem 6. April gilt zudem Kurzarbeit, die nach jetzigem Stand erst Ende April auslaufen soll. Etwa 80 Prozent der rund 170.000 Beschäftigten in Deutschland sind in unterschiedlichem Maße betroffen. Wann Daimler mit der Produktion zurück auf das Vorkrisen-Niveau kommen könne, sei unklar. "Wir wissen noch gar nicht, wie der Markt reagiert", sagte Brecht. Man fahre derzeit komplett auf Sicht und entscheide von Woche zu Woche, wie es weitergeht.
Auch VW und Audi starten
Auch Volkswagen (VW) und Audi wollen ab Montag einige Werke schrittweise wieder hochfahren. So richtig in die Gänge kommen dürften die Bänder in der Autobranche aber erst wieder Anfang Mai. BMW etwa hatte die Produktionsunterbrechung an seinen Standorten in Europa, Südafrika, den USA und Mexiko unlängst bis 30. April verlängert. Auch der Sportwagenbauer Porsche wird seine Werke in der kommenden Woche noch nicht wieder anlaufen lassen. Die Produktion im Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und in Leipzig bleibt zumindest eine weitere Woche ausgesetzt. Es gebe weiterhin Engpässe bei den globalen Lieferketten, die einen geordneten Wiederanlauf nicht zuließen.
"Gigantische Herausforderung"
Die Autoproduktion könne erst langsam anlaufen. Schon das sei angesichts der weltweit stark verflochtenen Lieferketten mit teils mehreren hundert Zulieferern eine gigantische Herausforderung, sagt Autoexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung EY. "Selbst wenn nun die Autohäuser in einigen Ländern wieder öffnen und die Engpässe bei den Zulassungsstellen hoffentlich behoben werden, werden die Kunden nicht plötzlich in Scharen in die Autohäuser strömen."
Wer wegen der Krise seinen Arbeitsplatz verloren habe oder in Kurzarbeit sei, werde sich kein neues Auto leisten. Auch bei den gewerblichen Neuzulassungen durch Firmen rechnet Fuß mit weiteren Einbußen, da viele von ihnen wegen Umsatzrückgängen gezwungen seien, zu sparen. Im schlimmsten Fall stünden die Automobilwerke wenige Tage nach dem Hochlaufen schon wieder still, weil wesentliche Teile fehlten.
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