Coronavirus: Britische Notenbank senkt Zinssatz kräftig

Coronavirus: Britische Notenbank senkt Zinssatz kräftig
Erste Zinssenkung seit August 2016 - bei Bedarf will BoE-Chef Mark Carney nachlegen: "Ausmaß des Schocks ist höchst ungewiss".

Die britische Notenbank senkt angesichts der Coronavirus-Epidemie ihren Leitzins - und zwar ebenso dramatisch wie ihr US-amerikanisches Pendant Federal Reserve, nämlich gleich um einen halben Prozentpunkt.

Der wichtigste Zinssatz werde außerhalb der turnusmäßigen Sitzungen von 0,75 auf 0,25 Prozent zurückgenommen, teilte die Bank of England am Mittwoch in London mit. Das war die erste Zinssenkung seit August 2016.

Erhebliche Abschwächung

"Obwohl das Ausmaß des wirtschaftlichen Schocks von Covid-19 höchst ungewiss ist, wird sich die Aktivität in Großbritannien in den kommenden Monaten wahrscheinlich erheblich abschwächen", betonte die BoE.

Die Notenbank erklärte zugleich ihre Bereitschaft, bei Bedarf noch nachzulegen. Auch wolle man sich mit dem Finanzministerium und anderen Zentralbanken absprechen. Das britische Pfund geriet nach der Ankündigung unter Druck: Der Kurs fiel auf 1,2847 Dollar, nachdem er zuvor bei 1,2936 gelegen hatte.

Brexit kommt noch dazu

Negative Angebot- und Nachfrageeffekte bei einem "No-Deal-Brexit", also einem chaotischen künftigen Verhältnis zur EU ab Ende 2020, würden die Wirtschaftslage und Entscheidungen noch zusätzlich verkomplizieren, erklärte Notenbankchef Mark Carney. Die Möglichkeiten seien aber noch nicht ausgeschöpft.

Die Bank of England kündigte zugleich ein Maßnahmepaket wegen der Virus-Krise an. So soll kleinen Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten ein günstiges Finanzierungsinstrument bereitgestellt werden.

"Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, Unternehmen und Menschen in Arbeit zu halten und zu verhindern, dass eine vorübergehende Unterbrechung länger andauernden wirtschaftlichen Schaden verursacht", hieß es zur Begründung. Zudem senkte sie den sogenannten inländischen antizyklischen Kapitalpuffer (CCyB) für Banken von einem auf null Prozent.

Dieser Puffer soll dafür sorgen, dass Banken in wirtschaftlich guten Zeiten zusätzliches Kapital zurücklegen, um beispielsweise ihre Widerstandskraft bei einem Konjunkturabschwung zu erhöhen.

Banken sind "Teil der Lösung"

"In der Finanzkrise waren die Banken ein Teil des Problems, jetzt können sie ein Teil der Lösung sein", erklärte Carney. Sie sollen durch verstärkte Kreditvergabe den Unternehmen über Liquiditätsengpässe hinweghelfen.

Zuvor hatten bereits andere Zentralbanken ihre Geldpolitik gelockert, darunter die US-Notenbank Fed. Die Europäische Zentralbank entscheidet am Donnerstag über ihren Kurs.

Thomas Gitzel, der Chefökonom der deutschen VP Bank analysierte, dass "die Notenbanken jetzt zur Hilfe beispringen. Das ist gut so, zeigt es doch Handlungsbereitschaft. Allerdings kann derzeit die Geldpolitik nur bedingt helfen. Unternehmen, gerade auch kleine und mittlere Betriebe, brauchen Liquiditätszugang. Dies muss von den Staaten kommen. In Europa gibt es hier ein relativ dichtes Netz von staatlichen Förderbanken."

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