Corona-Krise: Vielen Start-ups geht das Geld aus

"Unternehmertum ist keine Erbkrankheit", meint Experte
Die Mehrzahl der Jungunternehmen ist nur für einige Monate durchfinanziert. Jetzt trennt sich Spreu von Weizen.

Die heimische Start-up-Szene kämpft wegen der Corona-Krise mit akuten Finanzierungsengpässen. „Die Mehrzahl der Start-ups ist nur für einige Monate durchfinanziert, danach benötigen sie frisches Geld", schlägt Thomas Gabriel, Start-up-Experte bei der Beratungsgesellschaft EY, Alarm. Das heimische Start-up-Ökosystem stehe vor der größten Bewährungsprobe seiner Geschichte. Es brauche rasch Unterstützungsmaßnahmen und flexible Kapitalzugänge, sonst werde es zu einer starken Rückentwicklung der heimischen Start-up-Szene kommen.

Als positiv sieht er die von der Regierung getroffenen Maßnahmen wie die Stundung von Förderungsrückzahlungen sowie die Aufstockung des aws-Seed-Financing-Programms und die Ankündigung eines Venture-Capital-Fonds.

Zu hohe Bewertungen

Gabriel sieht eine besondere Herausforderung auch für die Kapitalgeber. „Ein Exit ist jetzt sehr viel schwieriger als vor der Krise – die Bewertungen werden nach unten angepasst. Für die Investoren geht es daher nun vorrangig darum, ihre Portfoliounternehmen durch die Krise zu bekommen. Und sie haben im Zweifelsfall zu entscheiden, welche Geschäftsmodelle tatsächlich noch eine Zukunft haben. Für vielversprechende Unternehmen wird es durchaus noch Zwischenfinanzierungen geben – große Neuinvestitionen werden wir aber deutlich seltener sehen als 2019.“

Gesundheitssektor boomt

Es werde auch Unternehmen und Segmente geben, die gestärkt aus dieser Krise hervorgehen werden, so Gabriel. Als Beispiele nennt er den Bereich "Digital Health" rund um Biotech- und Medtech-Unternehmen. "Dieser Sektor erzielte  schon 2019 die höchsten Finanzierungssummen in Österreich und werde natürlich weiter gewinnen. Die Bereiche Logistik, Food, Online-Handel, Online-Learning, Online-Kommunikation und Saas-Modelle könnten mittelfristig ebenfalls einen Aufschwung erleben. Schwieriger wird es hingegen für Start-ups insbesondere aus den Bereichen Travel, Mobility und Events.“

Gesamtstrategie gefordert

Es braucht laut Gabriel eine Gesamtstrategie für die Start-up-Szene in Österreich. "Es wäre sinnvoll, sich strategisch auf bestimmte Schwerpunkte zu fokussieren und Cluster einzurichten, welche die Herausforderungen der österreichischen Industrieunternehmen abbilden. Ein Schulterschluss zwischen Öffentlicher Hand, Unternehmen, Kapitalgeber und Start-ups ist unbedingt erforderlich“, betont Gabriel.

Erfolgreiches 2019

Für das Jahr 2019 zieht EY eine positive Bilanz: Das Investitionsvolumens ist von 173 Millionen Euro auf 183 Millionen Euro gestiegen. Damit belegt Österreich Rang 15 im europäischen Vergleich. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Finanzierungsrunden österreichweit nach oben gegangen: Sie stieg von 71 auf 88 – hier rückt Österreich unter die Top-10 in Europa und belegt den neunten Platz „Für den Start-up-Standort Österreich war das Jahr 2019 grundsätzlich erfolgreich – das Volumen der Investitionen stieg sogar auf Rekordniveau.



 

Kommentare