Chinas Städte schaffen die Wirtschaftskraft europäischer Länder
Jeder weiß, dass die Volksrepublik China das bevölkerungsreichste Land der Welt ist (voraussichtlich jedoch nicht mehr lange: laut UN-Schätzungen wird Indien 2022 an China vorbeiziehen). Aber wenn es darum geht, Städte aus dem Reich der Mitte aufzuzählen, ist bei den meisten nach Peking und Shanghai Schluss. Dabei gibt es sechs weitere chinesische Städte, die allesamt mehr Einwohner haben als London - die größte Stadt der EU. Im Vorjahr entstand außerdem die einhundertste Millionenstadt in China. Damit hat die Volksrepublik zehnmal so viele Millionenstädte wie die USA.
Mega-Cities
Angetrieben durch die Migration in die Städte hat sich Chinas urbane Bevölkerung in den vergangenen drei Jahrzehnten um 500 Millionen Menschen erhöht. Diese unglaubliche Wanderung hat die britische Wirtschaftszeitung The Economist als „die größte Bewegung von Menschen, die der Planet in so einer kurzen Zeit jemals gesehen hat“ bezeichnet. Die Regierung selbst fördert diese Entwicklung und ermutigt Bauern, in die neu errichteten städtischen Bezirke zu ziehen, was dazu führt, dass jahrhundertalte Dörfer in Geisterstädte verwandelt werden. Laut Weltbank sollen bis zum Jahr 2030 etwa 70 Prozent der Bevölkerung oder eine Milliarde Chinesen in Städten leben (aktuell: 56 Prozent).
Wohl eine der beeindruckendsten Entwicklungen hat die Stadt Shenzhen, eine der 15 Mega-Cities – das sind Städte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern - durchgemacht. War sie Anfang der 1980er-Jahre noch ein kleines Fischerstädtchen mit 30.000 Menschen, zählt es heute 10,8 Millionen Einwohner und ist weltweites Zentrum der Elektronik- und Telekommunikationsindustrie und die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen Chinas. Maßgebend für diese Entwicklung war im Jahr 1980 die Auswahl Shenzhens als „erste Sonderwirtschaftszone“, in der erstmals in China mit der kapitalistischen Marktwirtschaft experimentiert wurde.
Österreichische Wirtschaftskraft
Führt man sich diese Zahlen vor Augen, überrascht es auch nicht, dass einzelne Städte aus der Volksrepublik eine ähnliche Wirtschaftskraft erreichen, wie ganze europäische Staaten. Haben Sie zum Beispiel schon einmal von Chongqing gehört? Die zentralchinesische Metropole ist mit 30,2 Millionen Menschen die einwohnermäßig größte Stadt der Welt. Ihr Verwaltungsgebiet entspricht in etwa der Fläche Österreichs – und auch die Wirtschaftsleistung ist mit jener der Alpenrepublik vergleichbar (siehe Grafik unten), haben die Experten von Agenda Austria errechnet. Das 8,2 Millionen Einwohner zählende Nanjing ist wirtschaftlich so stark wie Dänemark, Shanghai wiederum erreicht die Wirtschaftskraft der Niederlande.
Markus Ponweiser
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