Buwog-Prozess gegen Karl-Heinz Grasser ab 12. Dezember

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser
Neben Grasser sind auch die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger sowie der Makler Ernst Karl Plech angeklagt.

Im April wurde die Anklage vom Oberlandesgericht Wien genehmigt, nun ist der Prozessstart fixiert. Am 12. Dezember 2017 beginnt der Buwog-Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte. Sie müssen sich wegen des Vorwurfs der Untreue und Bestechung bei der Privatisierung der Bundeswohnungen und beim Linzer Bürogebäude Terminal Tower vor Gericht verantworten.

Ein intensives Prozessprogramm hat sich Richterin Marion Hohenecker, Vorsitzende des Schöffensenats, vorgenommen. Noch vor Weihnachten finden sieben Verhandlungstage statt - vom 12. bis zum 15. Dezember und vom 19. bis zum 21. Dezember. Weiter geht's dann am 9. Jänner. Bis zum 1. März 2018 sind die ersten Verhandlungstage nun fixiert.

Das Buwog-Verfahren wird im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien stattfinden, dem größten Gerichtssaal Österreichs. Die Justiz hat den Saal extra modernisiert: Um den Anforderungen des Großverfahrens gerecht zu werden, wurde - unter Berücksichtigung des bestehenden Denkmalschutzes - die Tonanlage adaptiert und eine Klimaanlage installiert, heißt es in einer Aussendung der Medienstelle des Straflandesgerichts.

Buwog-Prozess gegen Karl-Heinz Grasser ab 12. Dezember
ABD0062_20160721 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0260 VOM 21.7.2016 - Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat Anklage u.a. gegen (v.l.n.r.) Walter Meischberger, Peter Hochegger, Ernst Plech und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wegen Verdachts auf Korruption bei der Privatisierung der Bundeswohnungen und der Einmietung der Finanz im Linzer Terminal Tower eingebracht. (UNDATIERTES ARCHIVBILD)- FOTO: APA/APA

Aufgrund des zu erwartenden großen Interesses der Medien und der Öffentlichkeit werde es - jedenfalls für die ersten Verhandlungswochen - ein Akkreditierungsverfahren geben. Auch sei mit der Ausgabe von Platzkarten für die Öffentlichkeit zu rechnen. Für Film- und Fotoaufnahmen werde eine Poollösung angedacht. Betreffend der Details zu Akkreditierungen, Platzkarten und Film-/Fotoaufnahmen werde es zeitgerecht weitere Presseinformationen geben, so die Medienstelle des Wiener Straflandesgerichts.

Anklagen gegen 15 Personen

Angeklagt sind neben Exfinanzminister Grasser weitere 14 Personen. Grasser war vom 4. Februar 2000 bis 11. Jänner 2007 Finanzminister in zwei Bundesregierungen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) - zunächst als FPÖ-Politiker und Jörg-Haider-Vertrauter, dann saß er auf einem ÖVP-Ticket in der Regierung.

Im Verfahren ist die Anklage nach siebenjährigen Ermittlungen seit April 2017 rechtskräftig. Es geht um den Verdacht der Untreue und der Bestechung beziehungsweise Beteiligung daran bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) sowie bei der Einmietung der Finanz in das Linzer Bürohaus Terminal Tower. Der damals amtierende Finanzminister Grasser soll mittels der Lobbyisten Meischberger und Hochegger von Firmen Geld für Informationen bzw. Entscheidungen verlangt haben, Plech soll sein Immobilien-Fachwissen beigesteuert haben. Die Immofinanz zahlte für den entscheidenden "Tipp" fast 10 Mio. Euro "Provision" an Hochegger, das Geld floss über Zypern schließlich auf drei Konten in Liechtenstein - die laut Anklage Grasser, Plech und Meischerger zuzuordnen sind. Als Gegenleistung für die - von Grasser zu entscheidende - Einmietung von Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower soll eine Provision von 200.000 Euro geflossen sein.

Die Staatsanwaltschaft hat laut Anklageschrift die Einvernahme von 166 Zeugen beantragt. Bei Beträgen in dieser Höhe liegt die Strafdrohung bei bis zu zehn Jahren Haft. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Buwog-Prozess gegen Karl-Heinz Grasser ab 12. Dezember
Darstellung des Buwog-Verkaufs 2004 mit Vorwürfen gegen Grasser und Lobbyisten Meischberger und Hochegger GRAFIK 0422-17, Format 88 x 140 mm

Die Privatisierung der Bundeswohnungen unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Jahr 2004 steht mit der Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft offiziell unter Korruptionsverdacht. Es geht um eine geheime Zahlung von fast 10 Mio. Euro, die von der im Bieterverfahren siegreichen Immofinanz bis nach Liechtenstein floss.

Hier lautet die entscheidende Frage: Hat Grasser sein Insiderwissen als Minister bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 ausgenutzt, um - über den Umweg zweier Vertrauter - entscheidende Informationen weiterzugeben und sich selber mit Schmiergeld zu bereichern? Der frühere Freiheitliche Politiker, der von Februar 2000 bis Jänner 2007 Finanzminister in einer ÖVP-geführten Bundesregierung war, bestreitet dies vehement. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 unter Grasser erhielt ein Konsortium rund um die Immofinanz den Zuschlag. Kurz vor der entscheidenden zweiten Runde hatte der damalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics einen geheimen Tipp von Peter Hochegger bekommen, wie viel er mindestens bieten müsse, um den Konkurrenten, die CA Immo, zu übertrumpfen. Hochegger seinerseits bekam den Tipp vom Grasser-Vertrauten Walter Meischberger. Dieser dementiert, die Information von Grasser bekommen zu haben, nannte aber bis heute seinen Tippgeber nicht.

Petrikovics zahlte im Geheimen eine Provision von knapp 10 Mio. Euro, ein Prozent des Buwog-Kaufpreises von 961 Mio. Euro, an Hocheggers Firma Astropolis auf Zypern. Für die Geldflüsse über 9,6 Mio. Euro wurden Scheinrechnungen ausgestellt. Von dort lenkte Meischberger drei Viertel der Summe auf drei Konten in Liechtenstein. Erst fünf Jahre später, im Herbst 2009, flog im Zuge des Immofinanz-Skandals die Millionenprovision auf.

Für die Justiz war die Buwog-Affäre ein "Zufallsfund" im Zuge der Immofinanz-Ermittlungen. Als die Millionen-Zahlung entdeckt wurde, packte ein beteiligter Immofinanz-Manager aus. "Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Buwog wurden tatsächlich Vermittlungsleistungen verrechnet", gab Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton damals gegenüber dem Staatsanwalt zu Protokoll. "Ich war mit dem Erwerb der Buwog nicht befasst, musste aber nach Abschluss der Transaktion auf Weisung von Karl Petrikovics mit einem Herrn Hochegger von der PR-Agentur Kontakt aufnehmen. Es wurden Rechnungen von zypriotischen Gesellschaften gelegt." Es sei ein Erfolgshonorar für Hocheggers Tätigkeit im Rahmen der Buwog-Privatisierung gewesen, dafür seien Scheinrechnungen und Honorarnoten erstellt worden.

Die Aussagen vor der Staatsanwaltschaft erfolgten bereits im Jänner und März 2009, wurden aber erst rund ein halbes Jahr später, im Herbst 2009, in der Öffentlichkeit bekannt. Die Medienberichte stützten sich zunächst auf "Leaks", offizielle Informationen der Justiz zu den Ermittlungen gab es lange keine.

Daraufhin erstatteten Hochegger und Meischberger bei der Finanz Selbstanzeige, weil sie die knapp 10 Mio. Euro zwar kassiert, aber nicht versteuert hatten. Die Staatsanwaltschaft dehnte ihre strafrechtlichen Ermittlungen auch auf den Immobilienmakler und früheren Buwog-Aufsichtsratspräsidenten Ernst Karl Plech sowie auf Grasser selbst aus.

Die Frage, von wem damals der entscheidende "Tipp" an das Immofinanz-Konsortium über das Limit des gegnerischen Bieters kam, beschäftigt seitdem die Justiz: Hochegger will die Info von Meischberger bekommen haben, dieser gab seinen Tippgeber weder der Justiz noch einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss preis. Grasser selber weist alle Verdächtigungen zurück, die Privatisierung sei "supersauber" gewesen.

Die Spur des Geldes führt nach Liechtenstein, wo Meischberger die Millionen auf drei Konten verteilte. Laut dem Verdacht der Ermittler soll eines der drei Konten Grasser zuzuordnen sein. Neben Meischberger soll auch Plech, ebenfalls früherer Grasser-Vertrauter, von dem Geld auf Liechtensteiner Konten profitiert haben.

Für die Immofinanz war die Buwog-Privatisierung jedenfalls ein glänzendes Geschäft: Der größte Geschäftsfall in der Immofinanz-Geschichte habe dem Unternehmen einen Vermögenseffekt von deutlich mehr als einer Milliarde Euro gebracht, schilderte Petrikovics bei seiner Befragung im U-Ausschuss: "Aus Sicht der Immofinanz also ein großer Erfolg."

Der österreichische Staat hingegen war kein Gewinner: Der Rechnungshof kritisierte bereits 2007, dass der Bund beim Verkauf seiner Wohnbaugesellschaften nicht alle Erlössteigerungspotenziale genutzt und auf zumindest 200 Mio. Euro verzichtet habe.

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