Nächstes Ziel für Start-ups: New York

Strawberry-Gründerinnen Annemarie Harant und Bettina Steinbrugger pitchen vor Investoren
Elf österreichische Firmen waren in New York, um Investoren zu überzeugen. Resümee: In den Vereinigten Staaten zählen einzig die Idee und dieVision – egal, woher man kommt.

New York. Fast 19 Millionen Menschen leben in und um die Stadt, die niemals schläft. Die Megacity ist laut und geschäftig. Hier ist alles konzentriert, auf engstem Raum vorhanden: Menschen und ihre Ideen, Know-how, Geldgeber und Kunden. In New York City spielen Dienstleistung, Handel, Finanz, Mode und Medien seit jeher eine wichtige Rolle. Zunehmend aber auch die Hightech-Start-up-Szene, genannt Silicon Alley.

2015 wurde hier 7,3 Milliarden Dollar Venture Capital investiert, vornehmlich in Start-ups in Manhattan, Brooklyn und Queens. Die Co-Working-Spaces und Inkubatoren sprießen in der Stadt aus dem Boden. Kein Tag, an dem nicht eine Start-up-Veranstaltung stattfindet, sich Investoren und Gründer treffen, um Kapital gepitcht wird. Das Start-up-Ökosystem der Ostküste Amerikas wird von New York dominiert. Für Europäer ist das überaus interessant: sechs bis acht Flugstunden entfernt erschließt sich hier eine andere Welt in anderer Dimension. Alles ist größer, dichter, energiegeladener. Hier pitcht man nicht um 100.000 Euro, sondern um eine Million Dollar, hier sind Traum und die Vision entscheidend: Wie groß lässt sich die Geschäftsidee skalieren? Wie sehr erschüttert sie ein bestehendes Geschäftsmodell?

Austrian in New York

Elf österreichische Gründer waren vergangene Woche mit den Pitching Days der Jungen Wirtschaft (JW) und der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) in New York und Boston, um ihre Start-ups für eine Zweitrundenfinanzierung zu präsentieren. Auch, um den Zugang zum amerikanischen Markt zu finden, auszuloten, was im Land der unbegrenzten Möglichkeiten für Österreicher möglich ist (siehe rechts oben). Gleich 33 amerikanische Investoren waren vor Ort, um sich die österreichischen Firmen anzusehen. Unter ihnen Vertreter namhafter Accelerator ("Aufzuchtprogramme" von Firmen wie Samsung, die Start-ups helfen, selbst groß zu werden – und dafür Beteiligungen nehmen) oder Einzelinvestoren, meist Männer mittleren Alters, die einmal das große Geld gemacht haben und jetzt in Menschen und ihre Ideen investieren.

Scott Fauver ist einer von ihnen. Mehrmals in der Woche nimmt er an Start-up-Pitches teil. Er kennt die Szene in Manhattan, kann junge Unternehmen gut einordnen. Die Pitches der Österreicher fand er "hochinteressant, aber anders". "Amerikaner pitchen, indem sie ihre Vision darlegen. Österreicher sind nüchterner: sie zeigen brav alle Zahlen und Fakten", erklärt er. Er vermisse ein wenig den Traum, die Fantasie, thinking big. Der Amerikaner will die typisch amerikanische Euphorie.

Interesse zeigte er an Strawberry Week von Annemarie Harant und Bettina Steinbrugger, weil es "am ehesten eine Branche erschüttert, ein Tabu aufbricht", so Fauver. Strawberry Week ist Informationsplattform und Online-Shop in einem, agiert von Österreich bis nach Indien und will Frauen Alternativen zu bestehenden Monatshygiene-Artikeln zeigen und verkaufen. Auch Lineapp von Alexander Kränkl hat ihn neugierig gemacht: die erste mobile Intercom-Software, mit der Menschen über das Smartphone und Wi-Fi (ohne Internet-Anbindung) kommunizieren, und die das Telefon zum Walkie-Talkie macht. Ein anderer Investor, Charlie O’Donnell, vertritt Brooklyn Bridge Ventures, einen 23-Millionen-Dollar-Fond, der sich mit durchschnittlich 350.000 Euro in Start-ups einkauft. Er half den österreichischen Gründern bei der Vorbereitung auf die Pitches in New York. Seine wichtigste Botschaft: "Zeigt den Investoren, dass sich das Risiko auszahlt, in euer Unternehmen zu investieren. Die Sätze müssen beginnen mit: Wir bauen! Wir werden! Wir machen!". Europäische Start-ups seien für Amerikaner interessant, weil sie Schnäppchen sind, im Gegensatz zu US-Firmen. Das für ihn spannendste österreichische Unternehmen: Juno, der Fertilitätstest von Silvia Hechner, der Frauen zeigt, wie lange sie noch Kinder bekommen können.

Lektionen gelernt

Karl Fritscher, Arzt und Gründer von cubile, einer Matte, die Vitalwerte von Menschen misst, versucht, die New Yorker Szene einzuschätzen: "Das ist eine andere Größenordnung mit mehr Möglichkeiten als in Österreich. Gleichzeitig ist die Konkurrenz viel größer", sagt er. Die Amerikaner seien offen und an Europa interessiert, "was aber wirklich dahintersteckt, weiß man in den USA nicht. Ich kann auch nicht sagen, ob sich geschäftlich etwas ergibt." Guntram Bechthold von der Vorarlberger IT-Firma Starsmedia: "In New York gibt es viele ,Wannabes‘ im Start-up-Bereich. Wir in Österreich und Europa haben echt etwas zu bieten. Vermutlich mehr als wir uns selbst zugestehen. Es ist Zeit, mit mehr Mut in neue Märkte zu gehen. Denn da warten extrem viele Chancen."

19 Mio. Einwohner hat der Großraum New York, 8 Millionen leben in New York City. Die Stadt hat die höchsten Lebenserhaltungskosten in den USA.
Konzern-Standort NY ist Firmensitz vieler Konzerne, etwa: Pfizer, Estée Lauder, Sony Music, Time Warner, ABC, CBS, NBC, FOX.

Pitching Days Die Reise für heimische Start-ups nach New York und Boston wurde von der WKO und der aws organisiert. Vor Ort wurde das Programm von den Wirtschaftsdelegierten Michael Friedl und Caroline Adenberger gemacht. Kontakt: newyork@wko.at

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