Iran: Geschichten aus 1001 Handelsnacht

Die Iraner sehnen sich nach wirtschaftlich besseren Zeiten
Heimische Klein- und Mittelbetriebe suchen im Iran nach Absatzchancen – trotz aller wirtschaftlichen und politischen Hürden.

Zuerst muss Tee getrunken werden, Schwarztee. Dabei fragt der iranische Geschäftspartner nach dem Klima in Österreich, der Familie, den Kindern. Geschichten erzählen hat Tradition im Iran. Auch bei der Anknüpfung von Geschäften .

Zackig und zielgerichtet, wie das mitteleuropäische Business-Leute gewohnt sind, verläuft im Iran nichts. Man muss sich schon Zeit nehmen.

Iran: Geschichten aus 1001 Handelsnacht
Iran, Teheran, Gasselsberg, Oberbank, Wirtschaftskammer OÖ
Viele Termine sind an einem Tag in Teheran ohnehin nicht unterzubringen. Dafür sorgt schon allein das Verkehrschaos. Autos, Mopeds, Busse – alles im Zentimeterabstand und im Schritttempo. Wer von den besseren Hotels am Nordrand der Stadt, die auf bis zu 1800 Metern Höhe liegen, ins Zentrum, das auf 1000 Metern liegt, muss, darf schon einmal zwei Fahrstunden im Schneckentempo einberechnen.

Nicht zu vergessen sind auch die Begrüßungszeremonien in den Staatsunternehmen. Die größte Autofabrik des Landes, Iran Khodro, unter anderem Peugeot in Lizenz produziert, wird der Besucher mit der iranischen Hymne und einer langen Sure aus dem Koran begrüßt.

Die Autoindustrie des Landes, die insgesamt fast 40 Unternehmen umfasst, ist für Österreichs Exporteure eine der Anziehungspunkte. Immerhin sind heimische Unternehmer stark in der Autozulieferung. Sogar während der Zeit der strengen Wirtschaftssanktionen hat zum Beispiel die oberösterreichische Maschinenfabrik Engel in den Iran geliefert. "Gegen Vorauszahlung natürlich", wie der Christoph Steger, Strategiechef von Engel erzählt.

Auch der Kunststoff-Spezialist Greiner Holding beliefert den Iran seit Jahren. Yoghurtbecher, erzeugt im türkischen Greiner-Werk, und Labor-Röhrchen exportiert das Unternehmen aus Kremsmünster in Oberösterreich. Insgesamt haben österreichische Unternehmen im Vorjahr Waren im Wert von rund 300 Millionen Euro in den Iran geliefert. Es hätte aber viel mehr sein können. Vor der Verschärfung 2012 war es einmal schon eine Milliarde Euro. Möglichkeiten gäbe es viele im Land: Wegen der jahrelangen Abgeschlossenheit vom Ausland sind viele Maschinen veraltet, Milliarden-Investitionen wäre nötig, um international aufzuholen.

Iranische Mehrheiten

Doch vor großen Produktions-Investitionen im Iran schrecken die österreichischen Unternehmer noch zurück. Nicht nur, weil die Banken keine langfristigen Finanzierungen zur Verfügung stellen dürfen, sondern auch, weil der Iran naturgemäß die einheimischen Wirtschaftstreibenden bevorzugt.

In Gemeinschaftsunternehmen müssen Iraner die Mehrheit halten, der Schutz der iranischen Industrie hat Priorität. Aus diesem Grund werden viele Importprodukte auch mit einem hohen Einfuhrzoll belegt. Andreas Bawart, Geschäftsführer der Banner Batterien in Österreich, hat dieser Zoll erst kürzlich ein Geschäft verhindert. Eigentlich sei alles ausgemacht gewesen, dann sei ein Einfuhrzoll von 30 Prozent auf die Batterien festgelegt worden, erzählt er. Das mache das Produkt zu teuer.

Hohe Importzölle verkraften im Iran offenbar Modeketten wie Zara oder Luxusmarken. Eine kleine kaufkräftige Oberschicht scheut keine Kosten, um an westliche Ware zu kommen.

Österreichs Firmen aber bewegen sich eher in den Marktnischen: Spezialrohre, wie sie die Wiener Dietzel GmbH erzeugt, hochwertige Folienbeschichtungen, wie sie die in Oberösterreich ansässige Hueck produziert oder Qualitäts-Büromöbel, wie sie Wiener-Hager Möbel fertigt. Sie alle sind vorsichtig, was den Iran betrifft. "Das Land hat noch zu wenig Kaufkraft dafür", sagt Dietzel-Geschäftsführer Peter Steigenberger.

Falls US-Präsident Donald Trump nicht die Hoffnungen der Iraner auf einen wirtschaftlichen Aufschwung durch neue Sanktionen zerstört, könnte sich für Österreichs Exporteure ein großer Markt auftun. Der Iran sieht sich als neues Zentrum für den Handel im Nahen Osten: Ein Markt von 400 Millionen Einwohnern, wenn man die Nachbarn dazuzählt, schwärmen Irans Politiker.

Sanktionen.Der Iran hat in den vergangenen Jahren eine wirtschaftliche Achterbahn durchfahren. Die islamische Republik, die sechs mal so groß wie Deutschland ist und rund 80 Millionen Einwohner zählt, hatte in den Jahren 2003 bis 2006 noch Wachstumsraten von sechs bis sieben Prozent in den Jahren 2003 erreicht, mit der schrittweise Verschärfung der Wirtschaftssanktionen ist das Wachstum in den Folgejahren auf zwei bis drei Prozent gefallen. Seit mehr als zehn Jahren erlaubt die internationale Staatengemeinschaft dem Iran nur Importe von Nahrungsmitteln und Medikamente und im Gegenzug die Ausfuhr von Öl im selben Volumen.

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Iran, Teheran, Gasselsberg, Oberbank, Wirtschaftskammer OÖ
2012 verbot die EU dann gänzlich die Einfuhr von Öl und Gas aus dem Iran – mit schlimmen Folgen für die ohnedies schon leidgeprüfte Bevölkerung: Das Wachstum brach nochmals ein, die Landeswährung Rial stürzte ab, die Inflation schnellte in die Höhe. Geldwechsler hatten Hochsaison, am Schwarzmarkt wurden Rial gegen ausländische Währung zu weitaus günstigeren Kursen gewechselt als offiziell bei den Banken. Noch heute existieren zwei Wechselkurse, der Abstand zwischen den beiden verringert sich aber stetig. Seit dem Atomabkommen mit dem Iran Mitte 2015 und der Teilaufhebung von Sanktionen ab Jänner 2016 hat sich die Wirtschaft stabilisiert. Für 2017 wird ein Wachstum von drei bis fünf Prozent erwartet, die Inflation ist unter zehn Prozent gesunken. Eine Währungsreform soll einige Nullen vom Rial streichen. Derzeit sind eine Million Rial 30 Euro.

Investitionen notwendig

Wesentliche Träger der iranischen Wirtschaft sind die reichhaltigen Öl- und Gasvorkommen. Dem Land ist der Export wieder erlaubt, die Branche bräuchte aber Modernisierungsinvestitionen von bis zu 600 Milliarden Euro. Zweitwichtigster Sektor ist die Autoindustrie, die fast eine halbe Million Menschen beschäftigt. Auch hier gilt: Maschinen sind veraltet, die Industrie international nicht wettbewerbsfähig.

Dominiert wird die Wirtschaft vom Staat und religiösen Stiftungen, in deren Händen 80 Prozent der Unternehmen sind. Die Eigentümerstrukturen sind oft verschachtelt und höchst intransparent.

Für die Oberbank ist der Iran kein unbekanntes Terrain. Seit vielen Jahren schon finanziert sie jene Geschäfte des Landes mit österreichischen Unternehmen, die im Rahmen des "Food for oil"-Programms der UNO erlaubt waren: also Lieferungen von Nahrungsmitteln und Pharmazeutika. Seit der Teilaufhebung der Sanktionen vor mehr als einem Jahr bemüht sich Oberbank-Chef Franz Gasselsberger mit der Iranischen Zentralbank ein Rahmenabkommen zu schließen, damit auch längerfristige Finanzierungen für Iran-Projekte von österreichischen Firmen möglich sind.

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Iranians withdraw money from an ATM machine at a Bank Eghtesad Novin, on the first anniversary of the nuclear agreement, in the capital Tehran on Jaunary 14, 2017. The first anniversary, of the nuclear deal between Iran and six powers, that lifted a large part of international sanctions on Iran in return for limits on Tehran's nuclear programme, comes four days before the inauguration of Republican president Trump on January 20. / AFP PHOTO / ATTA KENARE
Noch aber ist das nicht zulässig. Höchstens 180 Tage Zahlungsverpflichtungen lässt die Zentralbank zu. Solche Geschäfte wickelt die Oberbank auch ab. Dazu gibt es eine Garantie für das politische und das wirtschaftliche Risiko von der Oesterreichischen Kontrollbank.

Die Wünsche österreichischer Firmen, aber auch iranischer Interessenten, gehen aber weit über die Möglichkeiten hinaus, die die Oberbank derzeit erfüllen kann. Fast 700 Anfragen österreichischer Exporteure hat Gasselsberger allein im zweiten Halbjahr 2016 erhalten. Und Iraner fragen immer wieder nach Kontoeröffnungen nach. Das aber kann die Oberbank nicht erfüllen.

Die strengen Bankregeln schreiben nicht nur vor, genau zu wissen, wer das Konto eröffnet, sondern auch jede Transaktion über das Konto zu überprüfen. "Das übersteigt unsere Möglichkeiten", sagt der Bank-Chef. Schwierig sei vor allem, die Eigentümer hinter iranischen Gesellschaften herauszufinden.

Vieles geht nicht

Weil vieles im Iran nicht sehr transparent ist, gibt es jede Menge Geschichten und Gerüchte: etwa, dass die Europäisch-Iranische Handelsbank auf die sogenannte Compliance-Prüfung der Kunden verzichte; oder dass Wechselstuben günstigere Überweisungen anbieten. "Das sind Gerüchte", betont Gasselsberger.

Enttäuschen muss er auch all jene, die eine Finanzierung des lokalen Abnehmers, von lokalen Kosten oder längere Laufzeiten wünschen. Auch iranische Banken kann Gasselsberger keine Kreditlinien geben.

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