Bunte Vielfalt mit Ablaufdatum
Heu braucht heute keiner mehr. Wenn, dann wird aus der Biomasse Silage erzeugt, ein viel höherwertiges Futtermittel als getrocknetes Gras und Kräuter. Eine Entwicklung, die schon lange anhält. Vegetationsökologe Georg Grabherr: „In meiner Jugend in den 1950er- und 60er-Jahren waren alle Wiesen bunt. Heute sind sie grün.“ Klingt kurios, aber: Die grüne Wiese ist die schlechte, weil artenarme, überdüngte Wiese. „Spinat mit Spiegelei“, nennen die Naturschützer solche grüne Gräser, weil sich zwischen dem grünen Halmen des Raygrases nur zwei gelbblühende Pflanzen behaupten können, Wiesen-Löwenzahn und Scharf-Hahnenfuß – Arten, die oftmaligen Schnitt und starke Düngung ertragen. Die bunte Ansichtskarten- und Wanderführer-Wiese mit Sumpf-Gladiolen und Erdorchideen ist darauf angewiesen, selten und möglichst spät im Jahr gemäht zu werden und verträgt keinen Düngung. Sie ist daher akut vom Verschwinden bedroht. Heute mehr denn je.
Förderungen werden gekürzt
Anlass zu erhöhter Sorge gibt die geplante 75-prozentige Kürzung der bäuerlichen Betriebsprämie (Grundprämie) für Blumenwiesen und Almen in Österreich. Das bedrohe die letzten noch erhaltenen artenreichen Kulturlandschaften massiv, sagt Grabherr.
Die Politik bewirbt den Bauern als Landschaftspfleger. In Wahrheit erhält ein Teil der Bauern die Wiesen und Weiden durch aufwendige, oft händische Arbeit. Ein anderer Teil erzielt seine Einnahmen durch den Einsatz schwerer Maschinen, Dünger und Pestizide – Gift für den Bestand seltener Arten. Alle bekamen bisher rund 300 Euro pro Hektar. Für intensiv genutztes Grünland soll sich daran nichts ändern, die einschürigen Wiesen (Feuchtwiesen, Trockenwiesen der Niederungen und Wiesen über 1000 m Seehöhe) drohen unter die Räder zu kommen, die Förderung soll auf 75 Euro gekürzt zu werden. Es fehlt der Anreiz, diese botanischen und zoologischen Kleinode Österreichs auch in Zukunft zu erhalten. Vor allem das Mähen steiler Bergwiesen wird unrentabel.
In Grabherrs Heimat Vorarlberg wird seit Jahren ein Wiesenmeister ausgelobt. Weil nur wenige Bauern Glatthaferwiesen (klassische nährstoffreiche, aber bunte Fettwiese, Anm.) für den Wettbewerb einreichten, bemerkte man ein Defizit: „In den Tallagen finden sie schon jetzt praktisch keine Glatthaferwiesen mehr .“
Wiesenheu ist nichts wert
Die Landwirtschaft kann das Extensivgrünland mit seinen vergleichsweise mageren Erträgen nicht mehr brauchen. In den 60er-Jahren lieferten Kühe 500 Liter Milch im Jahr, heute sind es 12.000 Liter. Das geht nicht mit Wiesenheu und Bergkräutern, dazu braucht es Kraftfutter. Worin liegt dann ihr Wert? Zum einen als Rest einer lebendigen artenreichen Kulturlandschaft, die einen Wert für sich darstellt, anstelle grüner Wüsten. Zum anderen als genetische Reserve. Grabherr: „Das zu vernichten ist, als ob ein Koch das Mehl wegschüttet."
Die biologische Landwirtschaft leistet ihren Beitrag zum Naturschutz. Während bei der konventionellen Landwirtschaft alles außer der Nutzpflanze vom Feld entfernt wird, bleiben im Bioanbau die Beikräuter (auch als Unkraut bekannt) stehen. Das vermindert Bodenerosion und die Bienen profitieren vom Nektar der Beikräuter.
Maßnahmen gegen Bodenerosion sind auch im konventionellen Anbau möglich. Etwa durch Bewirtschaftung der Felder im Winter.
In Österreich werden derzeit rund 21 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche biologisch genutzt. Mehr Bio-Produkte lassen sich im Inland wegen der um 10 bis 20 Prozent höheren Preise nicht verkaufen.
Weniger Folgekosten Daher soll die Förderung angehoben werden. Rechtfertigung dafür ist eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau. „Die großflächige Umstellung auf Bio-Landwirtschaft könnte die Agrar-Folgekosten um etwa in Drittel senken“, fasst Rudi Vierbauch, Obmann der Bio Austria, das Ergebnis zusammen. In die Studie wurden Reinigungskosten für die von konventioneller Landwirtschaft verursachten Pestizid- und Nitrat-Rückstände im Trinkwasser eingerechnet.
Derzeit wird biologischer Anbau höher gefördert als konventioneller. Die Ernte-Erträge sind in der Bio-Landwirtschaft um rund 30 Prozent geringer. Die Kosten für Spritzmittel und chemisch erzeugter Dünger fallen weg.
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