In der Wiener Traditionsbäckerei Schwarz war so weit alles angerichtet. Drei junge Mitarbeiter in der Backstube, die im Vorjahr ihre Lehre erfolgreich abgeschlossen haben, sollten heuer die geplanten Pensionierungen ersetzen. Doch das Bundesheer machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.
Die drei Lehrabsolventen wurden nämlich zeitgleich zum Grundwehrdienst eingezogen. Alle mit Anfang Mai. Einer der drei erhielt erst kürzlich die Einberufung. „Wo soll ich denn so schnell Ersatz herkriegen? Alle Bäcker suchen verzweifelt Personal und finden keines“, berichtet Firmenchef Wolfgang Maurer dem KURIER. Und übt Kritik am Vorgehen des Heeres.
Ein ausführlich begründetes Ersuchen des Firmenchefs, zumindest den Einberufungstermin für einen der drei Mitarbeiter zu verschieben, wurde ohne Begründung abgelehnt. „Ich bin seit 54 Jahren im Geschäft, aber eine solche Ignoranz habe ich noch nie erlebt“, schimpft Maurer. Angesichts der existenzgefährdeten Personalnot im Handwerk hätte er sich mehr Entgegenkommen seitens des Heeres erwartet.
Kein Einzelfall
Der Unternehmer ist überzeugt, mit seinem Problem nicht allein zu sein. Die Wirtschaftskammer (WKO) verweist auf Anfrage allgemein auf die Problematik, dass Wehrpflichtige dem Arbeitsmarkt entzogen werden, und appelliert ans Bundesheer: „Es sollte selbstverständlich sein, dass flexibel auf die individuelle betriebliche Situation Rücksicht genommen wird. In vielen Fällen kann bei Darlegung der betrieblichen Situation auch eine flexible Lösung geschaffen werden.“ Die Gesetzeslage zum Thema Aufschieben ist klar: Grundsätzlich haben taugliche Wehrpflichtige Anspruch auf Aufschub vom Antritt des Grundwehrdienstes, wenn sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnenen Schul- bzw. Hochschulausbildung oder Lehre einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dies ist bis zum 28. Lebensjahr möglich.
Befristete Befreiung
Nach Lehrabschluss besteht die Möglichkeit der befristeten Befreiung mittels Bescheid, wobei jeweils zwingend militärische Erfordernisse mit den Interessen eines Betriebes abgewogen werden. Personalnot kann also, muss aber nicht berücksichtigt werden. Laut Auskunft des Verteidigungsministeriums wurden im Vorjahr 1.699 Personen befristet befreit.
Lediglich fünf davon aus betrieblichem Interesse. Das Ministerium verweist darauf, dass die Zustellung des Einberufungsbefehles zumindest vier Wochen vor Antritt des Grundwehrdienstes zu erfolgen hat, damit die Arbeitgeber entsprechend disponieren können.
Entgegenkommen
Die Militärkommanden seien angewiesen, dem Einberufungswunsch der Wehrpflichtigen nach Möglichkeit zu entsprechen. „Dies erfolgt in einer hohen Anzahl von Fällen und kommt sehr häufig auch den Intentionen der Dienstgeber entgegen“, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums. Als Beispiel wird ein Tiroler Skilehrer genannt, der nicht in der Wintersaison einberufen wird. Grundsätzlich sei die Zahl der dem Arbeitsmarkt entzogenen Wehrpflichtigen verschwindend gering.
Kommentare