Booking.com: "Ich dachte, wir haben eine Lösung"
Schon fast jede vierte Unterkunft in Österreich wird über Buchungsplattformen gebucht, mehr als 90 Prozent der heimischen Top-Betriebe bieten über solche Portale Zimmer an. Marktführer ist booking.com mit einem Anteil von rund 65 Prozent. Obwohl diese Seiten viele Gäste bringen, sind sie den Hoteliers auch ein Dorn im Auge. Grund dafür ist die Bestpreisklausel von Anbietern wie booking.com, die besagt, dass der Hotelier auf seiner eigenen Homepage nicht billiger anbieten darf als auf der Buchungsplattform. Eine Einschränkung des Wettbewerbs und der unternehmerischen Freiheit, finden Hoteliers. Im KURIER-Gespräch nimmt Peter Verhoeven, Chef von Booking.com in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika, dazu Stellung.
KURIER: Hoteliers schimpfen immer lauter über die Macht von Buchungsportalen. Wortmeldungen von Ihnen gab es bisher so gut wie gar nicht. Warum eigentlich?
Peter Verhoeven: Wir waren mit dem Aufbau des Unternehmens beschäftigt, haben seit 1996 ein Netz von 176 Büros weltweit aufgebaut.
Und damit auch ziemlich viel Marktmacht, die die Wettbewerbshüter nun eindämmen wollen. Ende 2016 will Österreich Ihre Bestpreisklausel kippen. Kippt mit solchen Entscheidungen nicht auch ein Teil Ihres Geschäftsmodells?
Ich verstehe das aktuelle Vorgehen von Österreich überhaupt nicht. Ich dachte, wir haben eine Lösung etabliert.
Welche Lösung denn?
Wir haben im Juli 2015 in 27 Ländern neue Regelungen vereinbart, die mehr Wettbewerb bringen. Unter anderem dürfen Hoteliers auf anderen Plattformen und telefonisch oder per eMail billiger anbieten als bei uns.
Aber nicht auf der eigenen Homepage, was wohl entscheidender wäre ...
Wir hatten im Juli 2015 eine Testphase bis Ende 2016 vereinbart. Ich verstehe nicht, warum Österreich diesen Zeitraum nicht zur Beobachtung nutzt und danach handelt.
Die Hoteliers beschweren sich auch über hohe Provisionen, angeblich bis zu 40 Prozent.
Das gibt es nicht. Im Durchschnitt liegen die Provisionen bei 11 bis 15 Prozent, abhängig von Lage und Stadt. Ich glaube nicht, dass die Vermieter so unzufrieden sind.
Dann haben Sie vielleicht noch nicht so oft mit den Interessensvertretern der Hotellerie gesprochen ...
Wir haben 22.000 Partner-Betriebe in Österreich, die uns als Schaufenster in die Welt nutzen, das internationale Gäste bringt. In manchen Regionen in Österreich haben 26 Prozent unserer Partner keine eigene Homepage. Sie würden ohne die Präsenz auf Portalen nie internationale Gäste bekommen. Wenn man das bedenkt, sind 15 Prozent Provision nicht viel – zumal sie ja auch nur fällig werden, wenn eine Buchung erfolgt.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie eigentlich in Österreich?
Aktuell 83 an den Standorten Innsbruck, Salzburg und Wien. In Wien ziehen wir gerade in ein neues Büro ein – dort arbeiten 35 Mitarbeiter. Die meisten sind im direkten Kontakt zu den Hotels, zeigen ihnen, wie sie sich präsentieren müssen, um gebucht zu werden.
Was sind häufige Fehler?
Wenn der Buchungsvorgang kompliziert ist, wird die Buchung sofort abgebrochen. Bei kurzfristigen Buchungen ist es auch schlecht, auf eine sofortige Kreditkartenzahlung zu pochen. Das wollen die Menschen nicht. Gleichzeitig ist das Risiko, dass sie noch stornieren, erfahrungsgemäß gering. Der Erfolg hängt von vielen Faktoren ab. In unserer Zentrale werden täglich 1000 Experimente gemacht.
Sie übertreiben, oder?
Nein, in der Zentrale in Amsterdam sind 2000 Menschen ausschließlich mit dem Technologie-Marketing beschäftigt. Sie testen mit Vergleichsgruppen, welche Texte, Farben, Bilder gut ankommen. Da geht es oft um Kleinigkeiten, es wird nichts dem Zufall überlassen.
Wie funktioniert eigentlich die Reihung auf der Website? Steht im Ranking der Anbieter der ganz oben, der am meisten an booking.com zahlt?
Da spielen mehrere Faktoren mit: Wer viele Zimmer verfügbar hat, einen leichten Zahlungs- und Buchungsweg bietet und günstig ist, wird vorgereiht.
Und wer mehr Provision zahlt ebenso, oder?
Auch. Aber das wird mit einem "Daumen hoch"-Symbol auf der Website gekennzeichnet.
In Deutschland wollen Hotelketten booking.com auf Schadenersatz klagen. Sie meinen, aufgrund der Bestpreisklausel einen wirtschaftlichen Nachteil gehabt zu haben, weil sie weniger Zimmer direkt verkaufen konnten. Haben Sie da nicht Angst, dass dieses Beispiel Schule macht?
Dazu habe ich keine Meinung, darüber müssen die Richter entscheiden.
Wenn Sie künftig weniger Provisionen kassieren, dann müssen Sie sich doch ein neues Konzept überlegen, oder?
Derzeit machen wir den Großteil des Geschäfts in Europa, wir müssen internationaler werden. Wir bauen das Geschäft in China aus, aber auch in Pakistan oder Indien. Vor Kurzem sind wir auf Kuba gestartet. Und wir müssen in mobile Technologien investieren.
Wie viele Anfragen kommen schon über mobile Endgeräte?
Derzeit ein Drittel, ich schätze in zwei, drei Jahren wird es jede zweite sein. In Afrika hat zum Beispiel niemand einen Laptop – da kommt alles über mobile Endgeräte.
Mehr als 950.000 Hotels und Unterkünfte bieten ihre Zimmer über booking.com an. Das Unternehmen, gegründet 1992 in Amsterdam, gehört zur US-amerikanischen Priceline-Gruppe. Peter Verhoeven (47) ist seit Juli 2014 Chef für die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Der Niederländer war zuvor bei der Hotelgruppe Accor tätig und spricht fließend Englisch, Deutsch und Französisch.
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