Billige Milliarde für den Sonnenstrom
Das Ziel der Regierung ist ambitioniert. Bis 2030 soll Österreichs Stromversorgung zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energieträgern gesichert sein. Die große Frage ist, wer zahlt? Wirtschaft und Konsumenten befürchten – zu Recht – wieder zur Kasse gebeten zu werden.
Um Solar- und Windenergie in Österreich weiter auszubauen, sind einige Milliarden Euro an Investitionen in die Stromnetze erforderlich. Europa hat ein gewaltiges Netzproblem, Anfang Jänner schockte ein Beinahe-Blackout, ausgelöst von einem kroatischen Umspannwerk, ganz Europa.
Doch nicht nur die 380 KV-Netze müssen verstärkt werden. Speziell für Solar- und Windstrom braucht es die Netze auf der sogenannten Mittelspannungsebene. Diese werden im Gegensatz zu den heiß umstrittenen Hochspannungsmasten meist als unterirdische Kabel geführt. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist daher größer, wenn nur die leidige Frage des Zahlens nicht wäre.
Der Unternehmer und ehemalige steirische ÖVP-Politiker Herbert Paierl hat nun eine Idee, wie die Kostenbelastung für Wirtschaft und private Haushalte beträchtlich und ziemlich komfortabel reduziert werden könnte.
3,3 Milliarden Euro für Österreich
Das Stichwort heißt EU Recovery Fonds. Der gigantische Corona-Wiederaufbaufonds der EU ist mit insgesamt 750 Milliarden Euro dotiert. Nicht rückzahlbare Zuschüsse, die der schwer angeschlagenen Wirtschaft wieder auf die Beine helfen sollen.
Österreich kann sich aus dem Fonds rund 3,3 Milliarden Euro abholen. Während andere EU-Staaten längst den Wettlauf um die Milliarden gestartet haben, zeigt die österreichische Regierung bis dato wenig Aktivitäten, der KURIER berichtete bereits. Viel Zeit ist nicht mehr. Nur noch bis zum 26. Februar können Vorschläge eingebracht werden – an eine Mailadresse des Finanzministeriums.
„Die Kriterien des Fonds passen perfekt zum Ausbau des Mittelspannungsnetzes. Es geht um Strukturverbesserung, die Unterstützung von nachhaltigen Produktionen und um großteils inländische Wertschöpfung beim Bau und der Ausrüstung“, argumentiert Paierl.
Die steirische Technologie-Gruppe von Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, ist beispielsweise einer der führenden Hersteller von Armaturen zur Stromübertragung.
Abgeblitzt
Die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler dürfte in Brüssel mit dem Ansinnen, Fondsgelder für das 1-2-3-Ticket zu akquirieren, bereits abwiesen worden sein. Mit der Begründung, das wäre eine Bezuschussung. Deutschland versuchte, Fondsmittel fürs Corona-Budget zu bekommen und blitzte ebenfalls ab. „Es müssen wirkliche Strukturmaßnahmen sein, die Arbeitsplätze schaffen“, meint Paierl.
In seiner Funktion als Chef von Photovoltaisch Austria, des Verbandes der heimischen Solarunternehmen, schätzt Paierl die Ausbaukosten für die Netzbetreiber auf bis zu 200 Euro pro KW Kraftwerksleistung. Die Hälfte davon könnte aus dem Recovery Fonds gesponsert werden.
„Das sozialpartnerschaftliche Trachtenpärchen“ müsse sich also nicht mehr darum sorgen, dass Unternehmen und Verbraucher die gesamten Kosten aufgebürdet bekämen.
Das Mittelspannungsnetz wird von Tochtergesellschaften der mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehenden Landes-Energieversorgern betrieben, die von der E-Control beaufsichtigt werden.
Paierl schickte seinen Vorschlag am vergangenen Freitag an Finanzminister Gernot Blümel, Gewessler und die Sozialpartner. Der Ausbau der Photovoltaik und vor allem der öffentlichen Stromnetze sichere nicht nur eine umweltverträgliche Stromversorgung, sondern generiere „zigtausende heimische Arbeitsplätze und laufende Wertschöpfung“, heißt es in dem Schreiben.
Die Beantragung von Fondsmitteln für den Breitband-Ausbau würde ebenfalls viel Sinn machen, schätzt Paierl. Die Telekom-Unternehmen sind schon einen Schritt weiter und haben bereits fertige Konzepte.
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