Steuermoral ist relativ gut

APA2381193-2 - 01062010 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Illustration zum Thema "Voestalpine": Im Bild ein Arbeiter vor einem Hochofen, aufgenommen am 24. November 2009 am Standort Linz. Die voestalpine ist ein weltweit agierender Konzern mit einer Vielzahl von spezialisierten und flexiblen Unternehmen, die Stahlprodukte fertigen, verarbeiten und weiterentwickeln. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Österreichs Konzerne meiden Steueroasen, doch ihre Steuerleistung liegt unter 20 Prozent.

Seit Bekanntwerden der Steuervermeidungspraxis von Apple, Google, Amazon & Co (siehe unten) wird auch hierzulande über die Frage debattiert, wie aggressiv die Steueroptimierung sein darf. Nutzen auch heimische Konzerne Briefkästen und Steueroasen in Asien oder in der Karibik einzig zum Zweck der Steuerersparnis?

Steuermoral ist relativ gut
KPMG
Nein, sagt KPMG-Partnerin Barbara Polster. „Die großen österreichischen Konzerne betreiben im Allgemeinen keine aggressive Steueroptimierung. Sie sind durchaus bereit,Steuern zu zahlen, und wollen keine bösen Überraschungen bei Betriebsprüfungen erleben. Vorsicht und Vorhersehbarkeit der Steuerleistung sind ganz zentral.“

Sehr gut erholt

Das Aufkommen der Körperschaftssteuer gilt als Indiz für eine im großen und ganzen „brave“ Steuerleistung der Austro-Konzerne. Das Köst-Volumen liege nach einem krisenbedingten Rückgang wieder bei 5,3 Milliarden Euro, sagt das Finanzministerium. Die deutschen Unternehmen zahlten im Vergleich „nur“ 17 Mrd. Euro, weiß Steuerexperte Gottfried Schellmann. Während seit der Krise das Köst-Aufkommen in vielen Staaten dramatisch zurückgegangen sei, oft um mehr als die Hälfte (Großbritannien, Italien, Frankreich), habe sich da „Österreich vergleichsweise sehr gut erholt“.

Kritischen Geistern ist das (viel) zu wenig. Der offizielle Körperschaftssteuersatz liegt in Österreich bei 25 Prozent. Aber durch das Ausnutzen diverser legaler Schlupflöcher lag die effektive Steuerleistung im Jahr 2011 (letzte verfügbare Daten) im Durchschnitt bei lediglich 19,4 Prozent. Das hat die AK anhand der Geschäftsberichte von 1200 operativen Firmen analysiert. AK-Experte Heinz Leitsmüller: „19 Prozent sind zu wenig, das ist nicht zufriedenstellend. Und durch das bilanztechnische Drücken der Gewinne wird die Steuerleistung in Wirklichkeit noch niedriger sein.“

Der einzelne Konzern sieht das freilich anders, zum Beispiel die voestalpine. Die Steuerleistung der Linzer betrug in den letzten zehn Jahren insgesamt rund fünf Milliarden Euro. Also Ertragssteuern, mitarbeiterbezogene Steuern und sonstige Betriebssteuern zusammen.

Allein die Köst der Voest lag in dieser Zeit zwischen 10 und 200 Mio. Euro – je nach Jahresergebnis. Steueroasen spielten in der internen Steuerpolitik keine Rolle, ebenso Derivate ohne Grundgeschäft, wird versichert. Voest-Chef Wolfgang Eder sieht es gar als „Verpflichtung“ an, einen Beitrag zur Finanzierung des Staates zu leisten, „sofern es sich in Relation zu den Leistungen an die übrigen Anspruchsgruppen um eine plausible und angemessene Dimension handelt“.

Der politische Ruf nach mehr Steuern von prächtig verdienenden Konzernen wird in Zeiten knapper Budgets aber nicht so schnell verhallen. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die völlig legale Steueroptimierung ein wesentlich größeres Problem darstellt als Steueroasen. WIFO-Expertin Margit Schratzenstaller nennt als Beispiele Irland, die Niederlande, Belgien und Malta – Standorte, die es internationalen Gesellschaften ermöglichen, die konzernweite Steuerlast zu minimieren.

In Österreich schauen da die Betriebsprüfer der Finanz genau hin, schildert KPMG-Expertin Polster. „Bei den Außenprüfungen geht es in den letzten Jahren immer strenger zu. Für die Betriebsprüfer gilt der Fremdvergleichsgrundsatz und das Prinzip der Angemessenheit. Damit kann im Prinzip nichts konzernintern weiterverrechnet werden, was man nicht auch einem Dritten zahlen würde. So wird vielen Tricksereien schon von vornherein der Boden entzogen.“

Das BEPS-Projekt

Nur fünf Prozent Steuern Die Steuer-Optimierungen einiger internationaler Großkonzerne würden immer aggressiver, heißt es im jüngsten Bericht zum BEPS-Projekt („Base Erosion and Profit Shifting“) der OECD. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris stellt darin fest, dass einige Multis Strategien entwickelt haben, dank derer sie auf ihre Gewinne lediglich 5 Prozent Steuern zahlen müssten, während viele kleinere Firmen bis zu 30 Prozent zahlen würden. Bis Ende Juni soll ein umfassender Aktionsplan gegen die aggressive Steuerplanung vorgelegt werden.

Der US-Computerkonzern Apple gerät wegen seiner kreativen Steuervermeidungsstrategie immer mehr in die Defensive. Erst kürzlich musste Apple-Chef Tim Cook im US-Senat erklären, warum er in den vergangenen Jahren mehr als 70 Milliarden Dollar (54 Milliarden Euro) nicht versteuert hat. Legal freilich, wie auch die Abgeordneten zugeben mussten.

„Das Geld fehlt jetzt, um Schulen zu bauen“, sagte der Ausschussvorsitzende im Senat und sprach von „Geisterfirmen“ im riesigen Apple-Firmengeflecht. Cook rechtfertigte sich, das globale Firmengeflecht mache es „schlicht einfacher, Geschäfte zu führen“. Apple reize die legalen Möglichkeiten des Steuersparens nicht einmal aus: „Wir haben kein Geld auf einer Insel in der Karibik und kein Konto auf den Cayman Islands“, so Cook. Und Apple sei noch immer einer der größten US-Steuerzahler.

Aber wie trickst Apple die Finanz aus? Wichtige Rolle dabei spielt eine Tochter in Irland, die dort keinen Steuersitz hat, weil unterschiedliche Regelungen zwischen USA und Europa ausgenützt werden. Von Irland aus wird der Apple-Vertrieb in Europa gesteuert, aber null Unternehmenssteuern gezahlt.

Das Firmengeflecht nutzt auch dazu, Steuern in einzelnen Ländern zu umgehen. Laut einem Bericht des ZDF-Magazins „Frontal 21“ zahlt Appel allein in Deutschland jährlich um 245 Millionen Euro zu wenig Steuern. Bei einem geschätzten Gewinn von einer Milliarde Euro würden nur fünf Millionen an den Fiskus abgeführt. Wie viel Apple in Österreich an Steuern abführt, ist unbekannt. Die inhaltlich dürftige Bilanz der Apple GmbH weist für 2012 einen Gewinn von 11,55 Millionen Euro aus.

Suche: Steuervermeidung. Treffer: Google. Der US-Internetriese weiß wie kaum ein anderer Konzern den Begehren der staatlichen Finanzämter zu entfliehen und spart dadurch jedes Jahr Steuern in Milliardenhöhe.

Allein im Vorjahr soll Google rund zwei Milliarden Dollar an Steuern gespart haben, fast doppelt so viel wie vor drei Jahren. Laut Spiegel hortet Google auf den Bermudas inzwischen knapp 25 Milliarden Dollar an weitgehend steuerfreien Gewinnen.

Das „Google-Modell“ gilt inzwischen als Synonym für die unsozialen Steuergestaltungsspielräume von internationalen Unternehmen. Aber wie macht Google das? Der US-Konzern nutzt die Tatsache, dass seine Einnahmen nicht mit materiellen Gütern erzielt werden, sondern mit immateriellen Gütern wie Lizenzen, Patente, Markenrechte oder Werbung. Hier ist die Gewinnverschiebung an ausländische Töchter in Steueroasen relativ einfach.

Google braucht dafür nur drei zusätzliche Tochter-Gesellschaften, über die das gesamte Auslandsgeschäft abwickelt wird: Eine auf den Bermudas, eine in Irland und eine in den Niederlanden. Die Bermudas-Tochter vergibt die Lizenz zur Technologienutzung an Google Niederlande und diese weiter an die Vertriebstochter in Irland. Erst diese Vertriebstochter erzielt Gewinne durch Werbeeinnahmen, die aber auf den Bermudas nicht besteuert werden. So beträgt die Steuerquote für ausländische Einkünfte bei Google gerade einmal 0,2 Prozent. Müssten diese Einkünfte in den USA versteuert werden, wären es 35 Prozent. Als eines der ersten Länder will Großbritannien die Schlupflöcher schließen und das „Google-Modell“ unmöglich machen.

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