Italiener zieht es nach Österreich
Italienische Geschäftsleute zieht es ins Ausland. Im Vorjahr haben sich 43 Unternehmen aus Italien in Österreich angesiedelt – so viele wie nie zuvor. Das liegt allerdings auch daran, dass viele italienische Unternehmer schlicht genug von ihrem Heimmarkt haben und sich jenseits der Landesgrenzen ein zweites Standbein aufbauen. Die Konjunktur in Italien schwächelt, die öffentliche Hand hat eine schlechte Zahlungsmoral und die Behörden, speziell die Finanzbehörden, wecken bei vielen Geschäftsmännern Abwanderungsgelüste, heißt es.
„Der Branchenmix der italienischen Firmen ist relativ breit, viele sind in der Metallverarbeitung tätig, viele aber auch im Lebensmittel- und Kunststoffsektor“, sagt René Siegl, Geschäftsführer der Austrian Business Agency (ABA). Das Unternehmen, das zum Wirtschaftsministerium gehört, betreut derzeit 737 internationale Unternehmen mit konkretem Ansiedelungsinteresse. Im Vorjahr haben sich 276 Unternehmen und damit um 21 Prozent mehr in Österreich angesiedelt als im Jahr zuvor. Das ist ein Rekordwert.
Allerdings gibt es keine Aufzeichnungen über jene Betriebe, die abgewandert sind. Schlicht, weil sich diese bei keiner zentralen Stelle melden müssen. „Ich glaube, dass wir aber nach wie vor Zuwächse haben“, meint Siegl. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsunternehmens EcoAustria haben Betriebsabsiedelungen im Zeitraum 2002 bis 2013 insgesamt 6870 Jobs vernichtet. Neuere Zahlen gibt es nicht. Laut der Statistik zu den Betriebsansiedelungen 2014 haben diese allein im Vorjahr 2645 Jobs geschaffen.
Positives Signal
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wertet den Rekordwert als „positives Signal“, warnt aber vor der international härter werdenden Konkurrenz. Die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs müsse schrittweise verbessert werden, sagt er in Richtung Entbürokratisierung und Verbesserungen bei der Fachkräfteausbildung.
Österreich, das sich gerne als Brückenbauer in den Osten sieht, wird bei der Ostexpansion internationaler Konzerne mittlerweile aber oft schlicht übersprungen. Viele siedeln sich gleich in Tschechien, der Slowakei oder Ungarn an. Innerhalb Europas gibt es längst ein Ost-West-Gefälle. Die meisten Firmen wandern aus westlichen EU-Staaten nach Osteuropa, vor allem Polen, ab.
Konkurrenzkampf
Wenn Österreich punktet, dann meist mit guten Fluganbindungen und Dienstleistern wie Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Logistikern. Jedenfalls werden neue Firmen nicht mit Fördermitteln geködert. „95 Prozent der Projekte bekommen keine Förderungen“, betont Siegl. Anders ist die Situation in den neuen EU-Mitgliedsstaaten oder in strukturschwachen Gebieten Ostdeutschlands, die mit Fördermitteln belebt werden sollen. Deutsche Firmen waren übrigens auch die Nummer eins im Ansiedelungsranking. 2014 kamen 88 deutsche Betriebe nach Österreich – 4 Prozent mehr als 2013.
Erst vor wenigen Monaten übernahm Lukoil Lubricants die ehemalige Produktionsstätte der OMV am Wiener Hafen. Das russische Unternehmen produziert dort mit den ehemaligen OMV-Mitarbeitern Schmiermittel für die Automobilindustrie. Mit dem Ausbau des Standortes sollen weitere Arbeitsplätze entstehen.
Lukoil ist nur eines von insgesamt 159 internationalen Unternehmen, die sich 2014 in Wien angesiedelt haben. Ein neuer Rekord, wie Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) am Dienstag bilanzieren konnte.
Die frischen Ansiedlungen bringen demnach Wien rund 960 neue Arbeitsplätze und einen Investitionsrekord von mehr als 244 Millionen Euro. „Wien ist nicht nur bei der Zahl der internationalen Betriebsansiedlungen unser stärkstes Bundesland, sondern diesmal auch bei den damit geschaffenen Arbeitsplätzen“, sagt René Siegl von der ABA. Gemeinsam mit der Wirtschaftsagentur Wien hat sie 131 Firmen nach Wien gelockt, 28 weitere Ansiedlungen hat die Wirtschaftsagentur in Eigenregie eingefädelt.
An der Spitze der Statistik steht Deutschland mit insgesamt 42 Unternehmen. Stark vertreten sind aber auch Firmen aus Mittel- und Osteuropa mit insgesamt 51 Ansiedelungen.
Der positive Trend setzt sich laut Siegl auch 2015 fort. Im ersten Quartal konnte man österreichweit 68 internationale Ansiedelungen an Land ziehen, 40 davon betreffen Wien. Allein dadurch konnten bereits weitere 715 neue Jobs geschaffen werden.
Immer bedeutender wird Wien für Start-up-Unternehmen. Heuer haben sich bereits mehr als 40 Firmen aus 13 Ländern für ein Welcome Package beworben. Dieses beinhaltet Flug, Unterkunft, einen Platz in einem Co-Working-Space und ein Expansionscoaching.
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