Bestatter 2.0: Wer "beerdigt" den Facebook-Account?
Die zunehmende Individualisierung und Digitalisierung der Gesellschaft samt Wertewandel stellt die heimischen Bestatter vor neuen Herausforderungen. Eine davon ist der so genannte "digitale Nachlass". Immer häufiger äußern Angehörige den Wunsch, dass sich Bestatter auch um die Beerdigung des virtuellen Lebens, also der diversen Social-Media-Accounts (z.B. Facebook, Twitter, LinkedIn) kümmern. Dabei geht es um Profile, Konten, Einträge, Mitgliedschaften oder kostenpflichtigen Abo-Verträge mit diversen Dienstleistern. Meist wissen die Erben gar nicht, wo der Verstorbene überall Mitglied war bzw. kennen das nötige Passwort zur Deaktivierung nicht.
Inzwischen gibt es eigene digitale Nachlassverwalter, die sich genau darum kümmern und unter Vorlage der Sterbeurkunde Accounts auflösen. Viele Online-Dienste haben standardisierte Formulare dafür. "Wir wollen als Bestatter hier künftig ein umfassendes Service anbieten und kooperieren mit Partnern", sagt Franz Nechansky, Bundesinnungsmeister der 544 Bestattungsunternehmen in Österreich.
Online-Friedhöfe
Dass die digitale Vernetzung längst über den Tod hinausgeht, zeigt die Verbreitung von Online-Friedhöfen, wo persönliche Gedenkseiten angelegt und virtuelle Kerzen angezündet werden können – in der "Premium-Version" zumeist kostenpflichtig. Auf Deutschlands größtem Trauerportal gedenkseiten.de brennen immerhin 1,3 Millionen Lichter. In Österreich bieten viele Bestatter inzwischen auch die Möglichkeit der Online-Kondolenz.
Die im Wertewandel befindliche Trauerkultur zeigt sich auch bei der Beerdigung selbst. "Hat früher der Pfarrer die letzten Worte am Grab gesprochen, so gibt es heute spezielle Trauerredner und höchst individuelle Musikwünsche", berichtet Nechansky. Die Bestatter hätten sich vom bloßen Sargverkäufer zum "Generalunternehmer für die Trauerfeier" entwickelt.
Die Zahl der Beerdigungen ist seit Jahren rückläufig, der Trend geht stark zur Feuerbestattung, deren Anteil im Vorjahr schon bei 42 Prozent lag, in Vorarlberg sogar bei 90 Prozent. Die Urne bietet mehr Möglichkeiten, etwa eine Bestattung in freier Natur oder das Verstreuen der Asche. Letzteres ist jedoch nicht überall möglich und hängt von den jeweiligen Landesgesetzen ab.
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