Die Lohnformel, die nicht umzubringen ist

Gemäldegalerie der Nationalratspräsidenten
Die Benya-Formel steht zwar immer wieder zur Diskussion. Sie wird aber wohl auch noch in Zukunft die KV-Verhandlungen begleiten.

Lohnerhöhung = Abgeltung der Inflation + Anteil am Produktivitätszuwachs. So lautet die vom früheren ÖGB-Präsidenten Anton Benya erdachte Formel, die seit den 1960er Jahren als Verhandlungsgrundlage für Kollektivvertragsverhandlungen in Österreich gilt. Aber was hat  es mit dieser Formel eigentlich auf sich?  „Die Formel hat viele Vorteile“, sagt der Ökonom Stefan Schiman-Vulkan vom Wifo. Sie sorge für eine stabile Einkommensverteilung.

Weil sie sich an vergangenen Entwicklungen orientiere, werde auch das Entstehen einer Lohn-Preis-Spirale erschwert. In Abschwüngen habe sie auch einen stabilisierenden Effekt. „Würden jetzt die Löhne gemäß der Formel steigen, hätte das sehr deutliche Reallohnzuwächse zur Folge, die Kaufkraft und Konsum stärken“, sagt Schiman-Vulkan.

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Kurz- und mittelfristig

Während die eine Bezugsgröße, der Verbraucherpreisindex (VPI), zeitnah zur Verfügung stehe und auch nicht mehr revidiert werden müsse, sei die zweite Bezugsgröße, die Produktivität, sehr viel revisionsanfälliger. Weshalb es auch sinnvoller sei, sie nicht auf die vorangegangenen Quartale oder Monate abzustellen. Herangezogen wird die mittelfristige Produktivitätsentwicklung.

Welcher Zeitraum damit gemeint ist, ist zwar nirgendwo festgeschrieben. Im Wifo geht man von 4 bis 5 Jahren aus. Dadurch dass die Komponente eher schwammig definiert werde, sei es auch einfacher zu einem Verhandlungskompromiss zu gelangen, sagt Schiman-Vulkan.

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Immer wieder infragegestellt

Infragegestellt wurde die Formel über die Jahre immer wieder. Auch im Vorfeld der heurigen Metaller-Verhandlungen stand sie in der Diskussion. Wirtschaftsforscher schlugen etwa mehrjährige Abschlüsse, aber auch alternative Inflationsbemessungen über einen kürzeren Zeitraum vor.

Zuletzt mutmaßte auch Metaller-Chefverhandler Christian Knill, dass die Benya-Formel offenbar auch für die Gewerkschaft nicht mehr gelte, weil die derzeit negative Entwicklung der Produktivität in die Forderungen der Arbeitnehmer offenbar keinen Eingang gefunden hat.

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Weil darin nicht nur die Daten der Industrie, sondern der gesamten Wirtschaft einfließen und auch die Boomjahre 2020 und 2021 berücksichtigt werden, gebe es mittelfrisitig gar keine negative Entwicklung, sagt Schiman-Vulkan. Die Statistik Austria weist in ihren Produktivitässtatistiken für die vergangenen Jahre einen Zuwachs von über einem Prozent aus.

Die Tücken der Formel

Bei hohen Ausschlägen der Inflation könne die Formel aber durchaus problematisch werden. Für Unternehmen komme es dann zu Belastungen, die nur schwer geschultert werden könnten. Er geht davon aus, dass die Benya-Formel aber auch die Turbulenzen der diesjährigen Kollektivvertragsverhandlungen überstehen wird. „Wenn man davon ausgeht, dass die enorme Inflation ein einmaliges Ereignis bleibt und nicht wiederkehrt, dann wird die Benya-Formel auch in den nächsten Jahren Verhandlungsgrundlage bleiben.“

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