12 Vorwürfe gegen René Benko: Milliarden-Pleitier droht erste Anklage

Seit fünf Monaten sitzt Signa-Pleitier René Benko in U-Haft. Schon in absehbarer Zeit dürfte er mit der ersten Anklage konfrontiert werden. „Im Verfahrenskomplex Signa hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen zu ersten Fakten abgeschlossen und einen ersten Vorhabensbericht an die Fachaufsicht der Oberstaatsanwaltschaft Wien und des Bundesministeriums für Justiz zur Prüfung übermittelt“, so die Anklagebehörde.
Nähere Details über die bevorstehende Anklageerhebung führt die WKStA nicht aus. Fakt ist aber: Die WKStA ermittelt zu insgesamt zwölf Tatvorwürfen gegen Benko & Co. Neu ist, dass Benko vorgeworfen wird, dass die Ingbe Stiftung – die Benko und seine Mutter 2014 ins Leben gerufen haben – bei der Rückzahlung eines 15 Millionen Euro schweren Darlehens durch die Signa Prime Selection begünstigt worden ist, obwohl die Signa Prime zum damaligen Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen sein soll. Außerdem soll die Eigentümergesellschaft des Chalet N in Lech am Arlberg die Luxusimmobilie an Benko und die Signa-Gruppe zu günstig vermietet und 1,5 Millionen Euro Schaden verursacht haben. Benko steht im Verdacht der Untreue.
Faktum 1: Angebliche Gläubigerbegünstigung der INGBE Stiftung
"Hier wird gegen René Benko und noch unbekannte Täter wegen des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers ermittelt. Konkret sollen Verantwortliche der SIGNA Prime Selection AG ein Darlehen samt Zinsen in Höhe von rund 15 Millionen Euro an die INGBE Stiftung zurückbezahlt haben, obwohl die SIGNA Prime Selection AG zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war. Durch diese Rückzahlung soll die INGBE Stiftung als Gläubigerin begünstigt worden sein, während andere Gläubiger dadurch wiederum benachteiligt wurden. René Benko soll die Verantwortlichen der SIGNA Prime Selection AG zu dieser Tat bestimmt haben", so die WKStA.
Faktum 2: Angebliche Untreue bei der Nutzung des Chalet N
Die Eigentümergesellschaft des Chalet N soll Räumlichkeiten der Immobilie in Lech amArlberg zu günstig an René Benko und Unternehmen der SIGNA-Gruppe vermietet haben – nämlich zu Konditionen unter den Selbstkosten. Der dadurch bei der Eigentümergesellschaft eingetretene Schaden soll bei mehr als 1,5 Millionen Euro liegen. Daher wird gegen Verantwortliche der Eigentümergesellschaft sowie gegen René Benko als faktischen Machthaber wegen Untreue ermittelt.
Faktum 3: Angeblicher Käuferbetrug „Wohnen am Belvedere Management GmbH“
Bei einem Wohnbauprojekt der „Wohnen am Belvedere Management GmbH“ in Wien sollen die Käufer:innen von Eigentumswohnungen getäuscht und zur Zahlung von überhöhten Kaufpreisen verleitet worden sein. Ein namentlich bekannter Mitarbeiter der Signa-Gruppe soll hier einen zu hoch verrechneten Pauschalbetrag vorgespiegelt und dessen Begleichung eingefordert haben. Insbesondere die Projektgesellschaft soll dadurch unrechtmäßig bereichert worden sein, und der mutmaßliche Schaden jedenfalls die strafgesetzliche Wertgrenze von 300.000 Euro übersteigen. Ermittelt wird daher wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betruges.
Faktum 4: Angeliche Untreue durch unvertretbare Vergabe eines Darlehens
Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue zu Lasten der SIGNA Holding GmbH. Konkret sollen Verantwortliche der SIGNA Holding GmbH dem Unternehmen eines damaligen Beraters der Signa-Gruppe ein wirtschaftlich nicht vertretbares Darlehen über rund 17 Millionen Euro zu nicht fremdüblichen Konditionen gewährt und ausbezahlt haben. Das Darlehen soll zum Kauf eines Privathauses des damaligen Signa-Beraters gedient haben. Die Verantwortlichen sollen vom besagten Signa-Berater sowie von René Benko zu dieser mutmaßlichen Untreuehandlung bestimmt worden sein.
Faktum 5: Insolvenz René Benko – Verdacht der betrügerischen Krida
Konkret soll Benko unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer verheimlicht haben. René Benko steht im Verdacht die Befriedigung von Gläubigern im Ausmaß von mehr als 10 Millionen Euro verhindert bzw. geschmälert zu haben. So soll Benko Vermögenswerte wie z.B. Bargeld, teure Uhren und wertvolle Manschettenknöpfe, hochpreisige Schusswaffen, Einrichtungsgegenstände, einen Luxussportwagen und weitere Wert- und Gebrauchsgegenständen verborgen bzw. sein Eigentum daran verheimlicht haben. Darüber hinaus soll der Beschuldigte den Haftungsfonds für die Gläubiger durch Schenkungen und sachlich nicht gerechtfertigte Mietvorauszahlungen und Anzahlungen sowie das Verschweigen eigener Forderungen geschmälert haben.
Faktum 6: Kapitalerhöhung durch mutmaßliches Geldkarussell
René Benko soll Gesellschafter der Signa Holding GmbH zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft verleitet haben, dies unter dem Vorwand, selbst durch die Familie Benko Privatstiftung ebenfalls Geld zuzuschießen. Dabei soll er die Investments der getäuschten Gesellschafter zum Teil durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben.
Faktum 7: Angebliche Untreue betreffend Villa Eden Gardone
Verdacht der Untreue gegen René Benko und weitere Personen: Die Signa Holding GmbH soll eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt der dazugehörigen Gardasee-Villa (Villa Eden Gardone) an die liechtensteinische INGBE Stiftung verkauft haben, dies jedoch ohne ausreichenden Gegenwert.
Faktum 8: Angeblicher COFAG-Förderungsbetrug bei Chalet N in Lech
Es wird gegen René Benko und weitere beschuldigte Personen wegen Betrugs und Förderungsmissbrauch ermittelt; dies im Zusammenhang mit Förderungen der COVID 19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) für den Betrieb des Chalet N in Lech als Hotel.
Faktum 9: Angeblicher schwerer Betrug betreffend Bankkredit-Verlängerung
Verdacht auf schweren Betrug im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Vortäuschen unter anderem der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe und ihrer Zahlungswilligkeit bei der Verlängerung eines Bankkredits. Ermittelt wird gegen René Benko und eine weitere Person.
Faktum 10: Angebliche Untreue bei Innenstadtimmobilie
Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Innenstadt-Immobilie einer Signa-Gesellschaft: Dabei soll ein Teil des Kaufpreises zweckwidrig verwendet worden und nicht zur Gänze der Signa-Gesellschaft als Verkäuferin zugekommen sein. Ermittelt wird gegen zwei Verantwortliche einer Signa-Gesellschaft und Beitragstäter sowie einen Verband. Im Zuge dessen hat auch bereits die Sicherstellung eines Teils des Kaufpreises stattgefunden.
Faktum 11: Angeblicher schwerer Betrug bei Kapitalbeschaffung
Verdacht auf schweren Betrug im Zusammenhang mit einer Kapitalbeschaffungsmaßnahme gegen Geschäftsführer einer Signa Projektgesellschaft. In diesem konkreten Fall sollen Investments von Kapitalgebern nicht in die versprochenen Projekte investiert worden sein.
Faktum 12: Angebliche Untreue bei Innenstadtimmobilie
Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Innenstadt-Immobilie einer Signa-Gesellschaft: Dabei soll ein Teil des Kaufpreises zweckwidrig verwendet worden und nicht zur Gänze der Signa-Gesellschaft als Verkäuferin zugekommen sein. Ermittelt wird gegen zwei Verantwortliche einer Signa-Gesellschaft und Beitragstäter sowie einen Verband. Im Zuge dessen hat auch bereits die Sicherstellung eines Teils des Kaufpreises stattgefunden.
Angeblicher Käuferbetrug
Der dritte Vorwurf betrifft einen mutmaßlichen Käuferbetrug beim Projekt Wohnen am Belvedere. Dabei sollen „die Käufer der Eigentumswohnungen getäuscht und zur Zahlung von überhöhten Kaufpreisen verleitet“ worden sein. Die Ermittlungen betreffen einen früheren Signa-Mitarbeiter. Benko wird in diesem Fall nicht explizit als Beschuldigter genannt.
Ein weiterer Vorwurf betrifft ein Darlehen an einen früheren Signa-Berater und Beiratsvorsitzenden der Signa Holding aus der Schweiz. Verantwortliche der Signa Holding GmbH sollen dem Manager „ein wirtschaftlich nicht vertretbares Darlehen in Höhe von rund 17 Millionen Euro gewährt haben“. Das Darlehen soll zum Kauf eines Privathauses des Ex-Beiratsvorsitzenden gedient haben. Die betroffenen Signa-Holding-Verantwortlichen, der Wahl-Schweizer und Benko stehen im Verdacht der Untreue.
Schon länger ermittelt wird gegen René Benko auch wegen des Verdachts der Gläubigerschädigung. Der Schaden soll mehr als zehn Millionen Euro betragen. „Konkret soll Benko unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer verheimlicht haben“, so die WKStA.
Betrügerische Krida
Benko soll außerdem sein Eigentum an „Bargeld, teuren Uhren, wertvollen Manschettenknöpfen, hochpreisigen Schusswaffen, Einrichtungsgegenständen und an einem Luxussportwagen verheimlicht“ haben. Die Gegenstände sollen zum Teil in einem Tresor bei Verwandten seiner Frau gebunkert worden sein.
Weiters soll er „den Haftungsfonds für die Gläubiger durch Schenkungen und sachlich nicht gerechtfertigte Mietvorauszahlungen und Anzahlungen sowie das Verschweigen eigener Forderungen geschmälert haben“.
Wie der KURIER berichtete, wird Benko auch vorgeworfen, Investoren bei einer Kapitalerhöhung der Signa Holding getäuscht zu haben, indem er vorgab, über die Familie Benko Privatstiftung wesentlich zur Kapitalerhöhung beizutragen. Indes soll er das Kapital zweier Schweizer Investoren in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro als seinen eigenen Zuschuss ausgegeben haben.
Auch wird dem Signa-Gründer vorgeworfen, die Villa Eden Gardone am Gardasee „ohne entsprechenden Gegenwert“ an die Ingbe Stiftung verkauft zu haben.
Benko bestreitet alle Vorwürfe
Und bei einem Immobilien-Deal in München soll Benko die Gelder eines arabischen Staatsfonds großteils zweckwidrig verwendet haben. Auch eine Bank soll im Zuge der Verlängerung eines Kredits geschädigt worden sein, indem die Zahlungsfähig- und -willigkeit vorgetäuscht worden sei.
Dem Vernehmen nach bestreitet René Benko alle Vorwürfe.
- Juni 2023: Signa verkauft Kika/Leiner, Möbelhändler geht danach in Insolvenz.
- August 2023: Europäische Zentralbank drängt Banken, Kredite an Signa zum Teil abzuschreiben; Signa gibt bekannt, in den vergangenen Monaten Assets im Gesamtvolumen von rund 2 Mrd. Euro abgestoßen zu haben.
- Oktober 2023: René Benko holt den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz an Bord; Signa zieht bei Signa Sports Zusage für Eigenkapitalspritze über 150 Mio. Euro zurück, Unternehmen stellt Insolvenzantrag; Baustopp beim Hamburger Elbtower.
- Dezember 2023: Signa holt Sanierer Erhard Grossnigg als zusätzlichen Vorstand bei der Signa Prime Selection und bei der Signa Development Selection an Bord, ein paar Tage später wird dieser Vorstandssprecher, Ende des Monats beantragen beide Gesellschaften Insolvenz.
- 31. Jänner 2024: Die Republik Österreich stellt einen Insolvenzantrag gegen Benko persönlich.
- 7. März 2024: Benko stellt einen Eigenantrag auf Insolvenz als Unternehmer.
- 13. März 2024: Die Staatsanwaltschaft München bestätigt Geldwäsche-Ermittlungen.
- 22. März 2024: Die WKStA ermittelt wegen schweren Betrugs bei Kapitalbeschaffung.
- 28. März 2024: Die Familie Benko Privatstiftung beantragt Insolvenzverfahren.
- 16. April 2024: Die WKStA ermittelt gegen René Benko persönlich.
- 4. Juni 2024: Die Staatsanwaltschaft Berlin nimmt Signa-Firmen ins Visier.
- 25. Juni 2024: Hausdurchsuchung bei Benko-Villa in Innsbruck.
- 3. Dezember 2024: Die Staatsanwaltschaft Trient erlässt einen Haftbefehl gegen Benko.
- 14. Dezember 2024: Der Südtiroler Benko-Vertraute Hager bleibt in Hausarrest.
- 23. Jänner 2025: Benko wird in Innsbruck wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen.
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