„Bedarf an Büroflächen wird zurückgehen“
Für einen Zeitraum von 20 Jahren war Eugen Otto ehrenamtlich Präsident des Immobilienfachverbandes FIABCI. (Fédération Internationale des Administrateurs de Biens Conseils Immobiliers) in Österreich. Nun übergibt er die Leitung des Fachverbandes an seinen bisherigen Vizepräsidenten Matthias Gass. Die beiden Immobilienexperten über Preissteigerungen bei Immobilien, die wachsende Bedeutung von nachhaltigem Wohnen und die Nachfrage nach Büroflächen am heimischen Immobilienmarkt.
KURIER: Waren die vergangenen zehn Jahre die besten Jahre der Immobilienbranche?
Eugen Otto: Ja, das gilt sowohl für den Verband als auch für die Immobilienwirtschaft, aber nicht für die Menschen die Wohnungen kaufen wollen.
Wie lange wird der Trend bei den Immobilien noch anhalten?
Eugen Otto: Ich war schon vor zwei Jahren der Ansicht, dass wir bei den Preisen an eine gläserne Decke stoßen. Die Realität ist, dass die Sorgen und das gesteigerte Sicherheitsbedürfnis dazu beigetragen haben, dass weiter in Immobilien investiert wird. Ich gehe aber nun von einer langsameren Entwicklung aus.
Hängt das davon ab, wie sich die Zinsen entwickeln?
Eugen Otto: Wenn die Anleihezinsen deutlich höher sind als die Rendite bei Immobilien, dann werden einige überlegen, einen Teil künftig in Anleihen zu investieren.
Es gab massive Preissteigerungen. Wie viel kosten die teuersten Wohnungen? Eugen Otto: Im ersten Bezirk in Wien kostet der Quadratmeter 30.000 Euro. Die Wahrnehmung von Menschen, die sich die teuren Wohnungen leisten können, ist viel größer als die reale Zahl. Es gibt im Jahr zwei bis drei Transaktionen in dieser Preisklasse.
Sind die Käufer der Luxuswohnungen Inländer oder Ausländer ?
Eugen Otto: Es waren immer mehr Österreicher. Bis vor etwa sechs Jahren gab es mehr Interessenten aus dem Ausland, aber immer unter 10 Prozent.
Wie schaut es bei den Parkplätzen aus?
Eugen Otto: Für einen Garagenparkplatz werden bis zu 200.000 Euro bezahlt.
Die Nachfrage nach Immobilien ist stabil?
Eugen Otto: Es hat Anfragen von internationalen Investoren gegeben, die gesagt haben, sie melden sich wieder, wenn Corona vorbei ist. Es gab also einen gewissen Rückstau. Die Menschen geben viel Geld aus für ihre Lebensqualität. Es wurden noch nie so viele Ladenhüter an Einfamilienhäusern im Speckgürtel verkauft wie in den vergangenen Jahren.
Die Renditen betragen nach wie vor drei Prozent?
Eugen Otto: Vor fünf Jahren waren drei Prozent okay. Heute ist es weniger.
Haben Sie in Sachen Immobilien auch mit den unteren Einkommensschichten zu tun?
Eugen Otto: Ja. Wir haben auch eine Hausverwaltung mit 160 Häusern, verteilt in allen Bezirken Wiens. Wien ist ja in einer bevorzugten Situation. Fast die Hälfte des gesamten Wohnungsbestandes in Wien sind Gemeindewohnungen oder Wohnungen von Gemeinnützigen Bauträgern.
Neben der Preisfrage werden doch auch Themen wie Nachhaltigkeit beim Wohnen immer wichtiger.
Matthias Gass: Es wird einen beträchtlichen Anteil der Immobilienwirtschaft brauchen, damit die Klimaziele der EU eingehalten werden können.
Durch die steigenden Energiepreise müsste sich die thermische Sanierung doch rascher rentieren?
Matthias Gass: Ja. Der CO2-Preis wird dazu führen, dass man neue Projekte umsetzen wird. Man ist früher Wege gegangen, die heute deutlich kritischer gesehen werden. Das gilt zum Beispiele für Isolierungen, die uns noch ein großes Müllproblem bescheren werden. Man muss auch die Endlagerung dieser Stoffe berücksichtigen. Thermische Sanierungen können bei einem alten Bauwerk die bauphysikalische Ausgewogenheit beeinträchtigen.
Was gibt es denn für Alternativen zu den üblichen Sanierungsmethoden?
Matthias Gass: Die FIABCI beschäftigen sich mit dem innovativen Potenzial. Deshalb wurde auch mit dem FIABCI Prix d’ Excellence Austria ein Preis für herausragende Immobilienprojekte geschaffen. Es hat ein Architekt in Vorarlberg ein Gebäude errichtet, das ohne Heizung, Klima und Lüftung auskommt. Das spart Kosten.
Eugen Otto: Nicht nachhaltige Immobilien-Projekte werden im Preis sinken.
Wie schätzen Sie die künftige Marktsituation bei Büroprojekten ein?
Eugen Otto: Es wir ein bisschen weniger Büro gebraucht werden und es wird andere Arbeitsplätze geben. Das Homeoffice ist da ein Bestandteil. Großraumbüros mit Legeplätzen als Arbeitsplätze werden kaum mehr akzeptiert. Man braucht mehr Volumen. Ich glaube, der Büroflächenbedarf wird um 15 bis 20 Prozent zurückgehen.
Matthias Gass: Flexibilität ist die neue Nachhaltigkeit bei den Büroimmobilien. Es braucht ansprechende und auch hochwertiger erlebbare Arbeitsplätze.
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