Bauunternehmer Graf: „Großprojekte sind schwer zu koordinieren"

Bauunternehmer Stefan Graf: Die Auftragsbücher sind voll
Das Krankenhaus Nord oder der Flughafen Berlin seien keine Einzelfälle, sagt Leyrer+Graf-Chef Stefan Graf im KURIER-Gespräch.

Das Bauunternehmen Leyrer+Graf hat Sorgen, die sich andere wünschen würden. „Für ein mittelständisches Bauunternehmen stellt die in den vergangenen Monaten brummende Konjunktur eine Herausforderung dar“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Stefan Graf. Trotz derzeitiger Abkühlung seien die Auftragsbücher voll, mit den Kapazitäten stoße man an seine Grenzen, und der Facharbeitermangel schlage voll durch.

Dennoch ist Graf zufrieden. Mit seinen drei Bereichen Hochbau, Tiefbau und Energie & Telekommunikation sei er gut aufgestellt. Die Bandbreite seiner Projekte ist groß, vom Einfamilienhaus bis zum Einkaufszentrum G3 in Gerasdorf und der Ortsumfahrung Zwettl – beide in einer Arbeitsgemeinschaft – sei alles dabei. „Wir fürchten uns nicht vor großen Projekten. Wir haben eine gute Größe“, so Graf. Kleinere Unternehmen seien flexibler, allerdings hätten sie nicht so große Ressourcen wie die Branchenriesen.

Digitalisierung am Bau

Digitalisierung sei am Bau derzeit ein Megatrend und beschleunige die Baufortschritte. „Das geht von der Dokumentation, der Vermessung, Planung, Ausführung bis hin zur Abrechnung und zum Facility Management“, sagt Graf. Teilweise würden sogar schon Drohnen eingesetzt, die Gebäude oder Schottergruben überfliegen und vermessen. Sogar Virtual-Reality-Brillen und Augmented Reality (erweiterte Realität, Anm.) würden bereits eingesetzt.

Komplexe Großprojekte

Bauprojekte sind laut Graf wahnsinnig komplex und schwer zu koordinieren. „Das ist auch ein Grund, warum Baukosten so oft explodieren.“ Oft seien mehrere Planer, Architekten, Haustechniker und ausführende Unternehmen beteiligt. Das alles zu koordinieren, stelle höchste Anforderungen an die Projektmanager. „Ein Bauleiter muss heute eher ein Projektmanager mit technischem Verständnis sein“, sagt Graf. Deshalb seien das Krankenhaus Wien Nord und der Flughafen Berlin keine Einzelfälle.

Bei Wohnbau- und Bürobauten sowie Gewerbebauten gibt es laut Graf derzeit viel Nachfrage, bei der öffentlichen Hand herrsche aber immer noch der Sparstift. Im Straßenbau sei viel aufgeschoben worden, hier gebe es nun einen höheren Investitionsbedarf.

Bauunternehmer Graf: „Großprojekte sind schwer zu koordinieren"

Mit der Arbeit der Bundesregierung ist er zum Teil zufrieden. Es gebe viel mehr Entscheidungen als in der Vorgängerkoalition. Allerdings sieht er Handlungsbedarf beim „Miteinander“. „Die Regierung hat Vorbildwirkung und soll nicht polarisieren und ein Auseinanderdriften der Gesellschaft nicht zulassen“, sagt Graf. Genau das sei aber derzeit der Fall, die Gesellschaft werde gespalten.

Die EU sei eine einzigartige und wichtige Idee. Auch wenn es einige Fehler gegeben habe, sei der aufkommende Nationalismus nicht das richtige Konzept. Wenn man dazu das „trampelhafte Verhalten in Übersee“ und Leute wie den US-Rechtspopulisten Steve Bannon betrachte, der in Europa gegen die EU arbeite, dann gebe ihm das zu denken. „Die Globalisierung hat nun auch die Politik erreicht.“

12-Stunden-Tag

Die Aufregung um den Zwölf-Stunden-Tag ist für Graf ungerechtfertigt. „Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren.“ Man könne immer alles zum Guten oder zum Bösen drehen, das liege an den handelnden Personen. Die handelnden Personen könnten sich an die Regeln halten, oder nicht. Vorschriften würden aber selten helfen. „Kultur kann man nicht per Gesetz festlegen“, sagt Graf. Die Diskussion sei verständlich, doch solle man den Unternehmern vertrauen. „Wir reden mit den Mitarbeitern und mit dem Betriebsrat. Das ist jetzt nicht anders, als es vorher war.“ Man müsse auch sehen, was vorher alles für die Arbeitnehmer getan wurde, in Bereichen wie Karenz und Angleichung von Arbeitern und Angestellten.

Bauunternehmer Graf: „Großprojekte sind schwer zu koordinieren"

Stefan Graf: Regierung soll nicht polarisieren

Leyrer+Graf wurde 1926 von Anton Leyrer gegründet. 1947 ist Grafs Vater Franz eingestiegen und hat das Unternehmen 1958 übernommen und in der Folge den Baumeisterbetrieb zu einem größeren Bauunternehmen ausgebaut. Der Sitz ist in Gmünd, es gibt Standorte in Schwechat, Wien, Horn und Traun. Mit der Tochter Vidox ist man in Tschechien vertreten. Leyrer+ Graf beschäftigt 2000 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei 300 Millionen Euro und ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zwischen sieben und zehn Prozent gestiegen.

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