Frust bei Bankkunden wegen neuer Überweisungsregeln

Hermann Z. ist verärgert. Der KURIER-Leser hat vor knapp zwei Wochen eine Rechnung an einen Handwerker begleichen wollen. Er zahlte den Betrag mittels Online-Banking. Nach knapp einer Woche sah er wieder auf sein Konto. Und war bass erstaunt und verärgert. Denn der Betrag wurde nicht abgebucht – „Auftrag fehlgeschlagen“.
Als Grund wurde simpel in roten Buchstaben „Abgelehnt“ genannt. Der Anruf beim Servicecenter war ebenfalls unbefriedigend. „Die Überweisung haben wir nicht im System“, so die Antwort, gefolgt vom wenig tröstlichen Hinweis: „Die Ablehnung wird nicht jedes Mal passieren.“ Das Problem werde an den Betreuer weiter gegeben, dieser melde sich.
Auf den Anruf wartet Hermann Z. noch immer. Schließlich konnte ihm der Handwerke aber dann weiterhelfen. Es fehlte im Empfängerfeld nur die Bezeichnung „e. U.“ für „eingetragener Unternehmer“.
IBAN-Check
Grund für die Probleme sind seit dem 9. Oktober geltende neue Regeln für Überweisungen. Die Geldhäuser prüfen vor dem Abschluss einer Überweisung, ob der IBAN und der Empfängername zusammenpassen. Damit soll Betrug vorgebeugt bzw. besser bekämpft werden (siehe Bericht unten). Doch scheinen die neuen Regeln neue Probleme auszulösen.
Um den zunehmenden Betrugsfällen beim Onlinebanking etwas entgegenzusetzen, erfolgt seit 9. Oktober der verpflichtende IBAN-Namensabgleich. Mithilfe eines Ampelsystems prüft die Bank vor Freigabe der Überweisung durch den Kunden, ob IBAN und Empfängername zusammenpassen. Stimmen sie überein, gibt die Bank grünes Licht.

Bei leichten Abweichungen (gelb), etwa einem Tippfehler im Empfängernamen, macht das System einen Vorschlag für den richtigen Namen. Bei groben Abweichungen zwischen IBAN und Name wird die Überweisung rot gekennzeichnet. Eine Freigabe der Transaktion soll laut Banken zwar möglich sein, erfolgt jedoch auf Risiko des Kunden, im Falle eines Fehlers übernimmt die Bank keine Haftung.
In Echtzeit
Zweite Stoßrichtung der „Instant Payments Regulation“ der EU sind schnellere Überweisungen. Innerhalb von zehn Sekunden soll Geld ohne Aufpreis von einem Konto aufs andere transferiert werden. Aber auch bei diesem Punkt sind dem KURIER Fälle bekannt, die der Vorgabe nicht entsprochen und deutlich länger gedauert haben.
Ein Notar berichtet, dass einige seiner Kunden keine Überweisung durchführen konnten. Grund: Es müsse der Firmenname exakt so wie im Firmenbuch angegeben auch im Feld für Überweisung stehen.
Und ein Kleinunternehmer sagt: „Das Ganze ist die reinste Katastrophe. Insbesondere bei Überweisungen ins oder aus dem Ausland gibt es große Probleme. Oft weiß nicht einmal der Empfänger selbst, wie seine genaue Kontobezeichnung lauten muss. Auch wenn der Bankkunde darauf besteht, die Überweisung durchzuführen, geschieht dies oft nicht.“ Er hätte sich eine Übergangsphase gewünscht.
Unerwartete Hürde
Auch der Dachverband der Spendenorganisationen zeigt sich beunruhigt und spricht von einer „unerwarteten Hürde“ in der wichtigen Vorweihnachtszeit. Viele Spender, vor allem neue, seien verunsichert. Spendenorganisationen, die bisher mit Abkürzungen und alternativen Schreibweisen operiert haben, seien nun mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Spendenden beim Versuch, eine Überweisung zu tätigen, eine Warnmeldung der Bank erhalten. Besonders betroffen seien Organisationen mit komplexen oder mehrsprachigen Namen, bei denen selbst korrekte Angaben zu Warnungen führen.
Aus Sicht der Banken sind die Probleme überschaubar: „Die Umstellung auf die neue Empfängerüberprüfung ist positiv und friktionsfrei gelaufen. Es gab in unserer Service-Line anfangs verstärkte Anfragen von Kunden, die davon noch keine Kenntnis hatten, doch nun wissen die allermeisten Kunden Bescheid“, heißt es aus der Bank Austria. „Wie viele Überweisungen aufgrund einer negativen Empfängerüberprüfung nicht durchgeführt werden, weil sie abgebrochen werden, können wir nicht exakt sagen, da wir nicht wissen, warum eine Überweisung nicht durchgeführt wird.“
Und Überweisungen könnten auch durchgeführt werden, wenn die Empfängerüberprüfung negativ ausfällt, also in jedem Fall. Immerhin: Bei Daueraufträgen werde nur bei der Erstellung des Dauerauftrages oder bei einer Änderung eine Empfängerprüfung durchgeführt.
„Der überwiegende Teil der Überweisungen wurde problemlos durchgeführt. Das generelle Kundenfeedback ist überwiegend positiv, da die neue Vorgehensweise zusätzlich neue Services bietet“, meldet die Bawag. Nur in wenigen Fällen habe es Startverzögerungen gegeben, die von den Banken umgehend und mit höchster Priorität behoben worden seien. „In Einzelfällen konnte es beispielsweise bedingt durch fehlerhafte Eingaben zu einem Hinweis in der App bzw. im Online-Banking in Bezug auf eine Nicht-Durchführung kommen.“
Neuer Standard
Die Raiffeisenbank NÖ-Wien weist darauf hin, dass bei Firmenkunden für die Nutzung der neuen Funktionen der Kommunikationsstandard EBICS 3.0 nötig sei. Dieser sei im Raiffeisen-Produkt „Infinity“ bereits integriert. „Sollten Institute diesen Standard nicht rechtzeitig umgesetzt haben, kann es vorübergehend zu Einschränkungen bei der Verarbeitung kommen.“
Große Unternehmen wiederum haben „falsche“ Zahlscheine ausgeschickt – sprich: ohne die völlig korrekten Namen. Selbst beim Einscannen des Zahlscheins über die Banking-App erscheint nicht der korrekte Wortlaut des Unternehmens, etwa bei Wien Energie oder Wiener Linien. „Bei der Verwendung des QR-Codes auf Zahlscheinen der Wiener Linien fehlten beim Firmenwortlaut die Leerzeichen bei ‚GmbH & Co KG‘. Dadurch kam es bei Überweisungen im E-Banking zu einem Warnhinweis“, teilte der Konzern mit. Es seien vereinzelt Anfragen dazu beim Kundenservice eingegangen. Die Überweisungen hätten trotzdem jederzeit durchgeführt werden können. Inzwischen sei der QR-Code modifiziert worden.
Ähnliches teilt Wien Energie mit. „Es kann vorkommen, dass beim Scannen eines IBANs im persönlichen Bank-Account gespeicherte, veraltete Daten übernommen werden oder dass der Kontowortlaut beim Scannen mit der Handykamera nicht ordentlich ausgelesen wird.“ Zu wesentlichen Zahlungsverzögerungen oder gar Fristverletzungen sei es nicht gekommen.
Die Banken weisen darauf hin, dass Betriebe auch Aliasnamen bei ihrer Hausbank hinterlegen könnten. Das heißt, dass etwa sowohl „Wien Energie“ als auch „WE“ keinen Fehler darstellen. „Wir haben für die Kommerzkunden Webinare veranstaltet und umfangreich vorab informiert“, weist die Bank Austria die Schuld von sich.
„Wir hören, dass es bei einigen Banken noch etwas holpert“, sagt AK-Experte Christian Prantner. „Wir empfehlen, dass sich Kunden an die bankeigene Ombudsstelle wenden, weil es sich um ein Problem bei einer Bankdienstleistung handelt.“ Generell habe sich bei einer fehlerhaften Transaktion schon zuvor die Frage gestellt, in wessen Sphäre die Fehlerhaftigkeit fällt. Wenn etwa das Onlinebanking nicht funktioniere, hafte die Bank für den Verzug bei Transaktionen.
Haben Sie auch Probleme beim Überweisen? Dann schreiben Sie an wirtschaft@kurier.at .
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