Bankchef Celeda: „Zinsanhebungen werden bald beendet sein“

Bankchef Celeda: „Zinsanhebungen werden bald beendet sein“
Wilhelm Celeda, Vorstandsboss der Kathrein Privatbank, spricht über die Bankenkrise, das schwierige Börsenjahr 2022, Inflation und Anleihen als sicheren Hafen.

VonStephan ScoppettaDas vergangene Jahr war mit Sicherheit eines der schwierigsten Börsenjahre im letzten Jahrzehnt. Einfach ist auch dieses Jahr nicht. Wilhelm Celeda, Vorstandsvorsitzender der Kathrein Privatbank, ist aber vorsichtig optimistisch, dass sich die Inflation einbremst und auch die Rahmenbedingungen sich aufklären.

Die letzten Wochen waren an den Kapitalmärkten sehr turbulent. Erst ging in den USA die Silicon Valley Bank Pleite und es folgten weitere Banken. Ein echter Schock war der Fast-Untergang der Schweizer Credit Suisse. Einige Experten sehen Risiken einer Bankenkrise wie 2008. Sehen Sie das auch so?

Wilhelm Celeda: Die aktuelle Situation bei den Banken ist nicht vergleichbar mit damals. Die systemrelevanten Banken sind deutlich höher kapitalisiert wie noch 2008. Die SVB war zudem eine Spezialbank, die sich auf die Finanzierung von Start-ups fokussiert hat und aufgrund einer Sonderregelung des ehemaligen US-Präsidenten von den strengen Regelungen, die systemrelevante Banken erfüllen müssen, ausgenommen war. Die SVB hatte nicht die Relevanz für eine weltweite Bankenkrise gehabt.

Aber die Credit Suisse zählte zu den 50 größten Banken der Welt und das wäre sicher nicht ohne Folgen geblieben, oder?

Die Credit Suisse war natürlich deutlich größer. Aber hier ging es mehr um verspieltes Kundenvertrauen und weniger um riskante Finanzgeschäfte. Kommt es zu einer Abwanderung der Kunden, nützt auch die beste Kapitalausstattung nichts mehr. Aber auch hier war die Ansteckungsgefahr gering, denn seit der Finanzkrise sind die Verbindungen unter den Banken deutlich schwächer geworden und grundsätzlich wird alles mehrfach abgesichert. Banken sind diesmal sicher nicht die Ursache für eine weitere Krise.

Im letzten Jahr lief es an den Börsen zwar sehr durchwachsen, aber seit dem letzten Quartal 2022 gibt es eine große Aufholjagd. Wir reden also von Krise und dabei gibt es ein Kursfeuerwerk. Wie erklärt man das?

Natürlich könnte man derzeit versucht sein, nach den Kurskorrekturen wieder von einem großen Aufschwung auszugehen. Als 2019 die Pandemie ausbrach, gab es zwar einen kurzen Schockmoment an den Börsen, aber danach wurden von den Indizes neue Allzeit-Hochs erklommen. Aber dabei darf man nicht übersehen, dass sich die Fundamentaldaten deutlich geändert haben. Die Inflation ist hoch und die Leitzinsen wurden deutlich angehoben. Das geht an den Unternehmen nicht spurlos vorüber und wird sich in vielen Bilanzen negativ zu Buche schlagen.

Wie sollte man als Anleger nun darauf reagieren?

Bei den Aktien sind wir derzeit sehr auf das Thema Value fokussiert. In dem Bereich bieten sich zum Beispiel Unternehmen aus dem DAX an. Hier haben wir noch zufriedenstellende Cashflows und auch hohe Dividenden. Die Wirtschaft boomt ja immer noch und das trotz Inflation. Neben Spezialeffekten, wie das Thema Energie, das einige Unternehmen in Europa natürlich härter trifft, sehe ich im Augenblick keinen Grund, dass es eine starke Korrektur nach unten gibt. Aber wir bleiben trotzdem vorsichtig.

Neben Value gibt es vor allem ein großes Comeback der Technologie-Titel. Der NASDAQ 100 hat in den letzten sechs Monaten um über 18 Prozent zugelegt. Wie lässt sich das erklären?

An der NASDAQ notieren nicht nur junge Tech-Unternehmen, sondern auch sehr große Unternehmen, die keine Finanzierungsrisiken durch hohe Zinsen haben. Wenn man an Microsoft, Apple oder Google denkt, da gibt es kein Problem mit steigenden Kreditzinsen. Das sind auch die Unternehmen, die den NASDAQ 100 dominieren und auch den Kurs nach oben ziehen. Aber für junge Wachstumsunternehmen ist es deutlich schwierig geworden.

Gingen viele Experten zu Jahresbeginn davon aus, dass es keine Rezession in den USA und in Europa geben wird, so hat sich dieser Ausblick deutlich eingetrübt. Ist eine Rezession wahrscheinlich?

Eine Rezession kann noch kommen, aber das Gesamtbild zeigt sich eher robust und wir gehen davon aus, dass es 2023 ein Wachstum geben wird. Wir sehen auch nicht, dass es durch die steigenden Zinsen zu einer starken Bremsung kommt, denn die Zinsanhebungen werden aus unserer Sicht bald beendet sein. In den USA erwarten wir noch eine Anhebung auf 5 oder 5,25 und in Europa auf 3,5 Prozent und das war es dann. Die Hoffnung vieler, das es noch heuer zu einer Zinssenkung in den USA kommt, teilen wir aber nicht.

Das heißt, die Inflation wird sich im zweiten Halbjahr deutlich einbremsen?

Einbremsen ja, aber die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Im Jahresdurchschnitt liegen unsere Prognosen bei sechs Prozent und dann folgt ein langsames Absinken auf vier Prozent. Den von der Europäischen Zentralbank angestrebten Zielwert von zwei Prozent werden wir so schnell aber nicht sehen.

Welche Assets sollte man derzeit übergewichten?

Wir legen unseren Fokus bei Bonds derzeit auf US-Staatsanleihen. Hier liegen wir in einem Bereich von vier Prozent und damit können wir in den nächsten Jahren voraussichtlich die Entwertung durch die Inflation ausgleichen. Darüber hinaus mischen wir derzeit auch lokale Währungen von Emerging Markets bei. Aber hier muss man natürlich mit deutlich höheren Risiken kalkulieren, das ist nicht für jeden Anlegertyp geeignet.

Ist jetzt nicht auch die Zeit, um in Gold zu investieren?

Das gelbe Edelmetall macht als Beimischung Sinn, aber die Gewichtung ist eine sehr persönliche Sache. Viele nutzen es als Absicherung für extreme Krisen. Dass die Verunsicherung bei den Menschen derzeit groß ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich unser nachhaltiges Goldkonto großer Beliebtheit erfreut. Obwohl 2022 ein typisches Goldjahr gewesen wäre, hat die Performance aber nicht überzeugt.

Wie schlägt sich Private Equity trotz der schwierigen Rahmenbedingungen?

Das Thema bleibt auch weiterhin auf der Agenda und wir verzeichnen großes Interesse für unsere Private Equity Plattform, wo man schon ab 50.000 Euro erste Erfahrungen mit Private Equity machen kann. Hier wird Geld in Fonds über eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren veranlagt. Wer vorzeitig aussteigen will, kann zweimal im Jahr im Rahmen eines Auktionsverfahrens seine Anteile zum Verkauf anbieten. Nachdem die Finanzierung für Unternehmen viel schwieriger geworden ist, haben sich auch die Konditionen stark zugunsten der Anleger verschoben. Man kann mit Private Equity auch in Infrastruktur investieren, das bietet ein höheres Maß an Sicherheit. Infrastruktur ist auch in Krisenzeiten ein gefragtes Gut.

Welche Risiken sollte man 2023 unbedingt im Auge haben?

Die größte Unbekannte ist derzeit China. Besonders der Konflikt mit Taiwan beunruhigt. Sollte sich dieser Konflikt weiter zuspitzen, dann könnte das enorme Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben.

Wie sehen Sie den weiteren Jahresverlauf?

Trotz aller Risiken bleiben wir derzeit vorsichtig optimistisch.

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