Bank Austria: Kein Stein bleibt auf dem anderen

Bank Austria: Kein Stein bleibt auf dem anderen
Osteuropa-Sparte wandert nach Mailand, Filialgeschäft vor Verkauf, 800 Jobs in Österreich weg

Jetzt ist es fix: Bei der größten Bank des Landes, der Bank Austria, bleibt kein Stein auf dem anderen. Der Sparplan der italienischen Mutter UniCredit schneidet tief in das Geschäft von Österreichs (noch) größter Bank ein. Wie befürchtet wandert die Leitung der Osteuropa-Sparte bis Ende 2016 nach Mailand ab. Bisher wurde die Region von Wien aus gesteuert - damit geht die Verantwortung für 48.000 Mitarbeiter verloren. "Damit ersparen wir uns den lokalen Kapitalpuffer für das Osteuropa-Risiko in Österreich", erklärte UniCredit-Chef Federico Ghizzoni bei einer Telefon-Konferenz.

Filialgeschäft vor Verkauf

Auch für das österreichische Filialgeschäft gibt es düstere Aussichten: Es soll bis Ende 2016 verkauft oder massiv geschrumpft werden. Alleine bei der Bank Austria (ohne Töchter) werden bis 2018 noch einmal rund 800 Jobs wegfallen. In Österreich müssen die Personal- und Verwaltungskosten um 13 Prozent sinken, geht aus dem Plan hervor.

Insgesamt fällt der Sparkurs der italienischen Großbank UniCredit dramatischer aus als erwartet: 18.200 Stellen werden wegfallen, davon 6000 durch Verkäufe.

Das Filialnetz in Italien, Deutschland und Österreich wird bis 2018 noch einmal um insgesamt 800 Zweigstellen eingedampft. Seit Anfang 2014 hatte UniCredit bereits 928 Filialen zugesperrt.

Unterm Strich will UniCredit-CEO Ghizzoni so 1,6 Milliarden Euro einsparen. Er verteidigte die schmerzhaften Stellenkürzungen, die der Mehrjahresplan bis 2018 vorsieht. Dieser Plan sei „rigoros, ernsthaft und zugleich ehrgeizig“, sagte Ghizzoni nach der Aufsichtsratssitzung.

Österreich kaum profitabel

Es hatte sich abgezeichnet: Schon bevor die UniCredit die Aufsichtsratsergebnisse zum neuen Sparpaket gelüftet hat, war klar, dass die österreichische Tochter Bank Austria von der Neuausrichtung relativ am stärksten betroffen sein würde.

Bisher haben die viele Jahre lang satten Ergebnisse aus Osteuropa das wenig rentierliche Inlandsgeschäft in Österreich subventioniert. Zwei Drittel des Betriebsergebnisses stellten bisher die Ost/Südosteuropa-Banktöchter. Nur ein Drittel stammte aus dem Österreich-Geschäft.

Nach neun Monaten 2015 stand bei der Bank Austria mit 660 Mio. Euro Nettogewinn unter dem Strich nur etwa halb so viel Profit wie voriges Jahr um diese Zeit (1,190 Milliarden Euro).

Tausende Beschäftigte zittern

Die harten Einschnitte im österreichischen Privatkundengeschäft lassen hunderte Beschäftigte zittern. Seit ein paar Wochen stehen Pläne für einen Verkauf der Retailsparte samt Filialnetz im Raum. Als Interessent bot sich die BAWAG mit ihrem Hauptaktionär, dem US-Fonds Cerberus.

Nachdem die BAWAG selber mehrere hundert Filialen in Österreich hat, wäre damit ein Kahlschlag verbunden. Aufsicht und Wettbewerbshüter schlugen mehr oder verdeckt schon Alarm, weil hier zu viele Spareinlagen kumuliert würden und bei einem Weiterverkauf der BAWAG neuerlich eine unklare Lage entstünde.

Derzeit noch 220 Filialen

Nach zahlreichen Schließungen hat die Bank Austria hierzulande noch rund 220 Zweigstellen.

Die Stimmung in der größten Bank des Landes ist demnach äußerst angespannt. Die Gewerkschaften haben vorweg Widerstand gegen Zerschlagungen angemeldet. Am 24. November ist eine erste Betriebsversammlung angekündigt.

Zum Status quo: Zur Zeit hat die Bank Austria als Gruppe rund 57.000 Beschäftigte. Davon waren etwas mehr als 9.000 (Vollzeitrechnung) in der österreichischen Bank bzw. in deren Österreichtöchtern und knapp 48.000 in Osteuropa.

Bank Austria: Kein Stein bleibt auf dem anderen
Ergebnis vor Steuern nach Divisionen, geplante Maßnahmen; CEE-Niederlassungen mit Marktanteil und Filialen - Balkengrafik Grafik 1293-15, Format 88 x 154 mm

Fonds-Fusion mit Santander

Unterdessen haben sich UniCredit und die spanische Bank Santander endgültig auf die Fusion ihrer beiden Fondstöchter Pioneer und Santander Asset Management geeinigt. Der Vertrag sei unterzeichnet, teilte UniCredit am Mittwoch mit. Ein vorläufiges Abkommen war bereits am 23. April besiegelt worden.

Demnach sollen UniCredits Vermögensverwalter Pioneer und Santander Asset Management zu einer neuen Gesellschaft verschmelzen. UniCredit und Santander bleiben mit je einem Drittel an der neuen Gesellschaft beteiligt, den Rest halten die US-Private-Equity-Firmen Warburg Pincus und General Atlantic.

Die Verschmelzung soll 2016 abgeschlossen werden. Die neue Gesellschaft soll ein Vermögen von rund 400 Milliarden Euro verwalten und laut Medienberichten Pioneer Investments heißen.

Der Kahlschlag bei der Bank Austria ist eine Bankrott-Erklärung für den Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorstand. Die Radikalkur für Österreichs größte Bank ist heftig. Es stimmt zwar, kein Land ist derart overbanked wie Österreich, die Eigenkapitalvorschriften werden immer strenger und die Regierung presst die Institute auch noch mit der Bankensteuer aus. Aber diese Rahmenbedingungen haben alle Banken. Daher müssen sich Aufsichtsratsvorsitzender Erich Hampel und der Vorstand die Frage nach ihrer persönlichen Performance gefallen lassen.

Seit zehn Jahren gehört die Bank Austria den Mailändern. Zehn Jahre lang hätten Hampel (der zuvor CEO war) und das Management Zeit gehabt, die Bank wettbewerbsfähig aufzustellen. Rechtzeitig neue Strukturen aufzusetzen, Produktinnovationen anzubieten, auf die digitale Herausforderung zu reagieren und die Kosten zu senken.

Eklatant hohe Pensionslasten aus der Vergangenheit und ein teures Dienstrecht lasten wie ein Rucksack voller Steine auf der Bank. Sich bei Zeiten mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft anzulegen, war dem entscheidungsschwachen Hampel und den Vorständen offenbar zu mühsam. Jetzt bekommen die Mitarbeiter die volle Rechnung präsentiert.

Heute könnte die einst schwer hinunter gewirtschaftete Bawag das einst ertragreiche Privatkundengeschäft der Bank Austria übernehmen. Die Ausrede, die rendite-gierigen Italiener sind schuld, zieht nicht. Wenn ein Unternehmen zu schwach performt, muss jeder Eigentümer die Reißleine ziehen.

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