Bald wieder leichter zum Kredit? Fehlanzeige

Bald wieder leichter zum Kredit? Fehlanzeige
Banken fordern eine Lockerung verschärften Kreditrichtlinien. Doch die Finanzaufsicht winkt ab. Und auch die Zinsen steigen weiter

Die Erleichterungen bei der Kreditvergabe von Anfang April, als nach einem Aufschrei von Banken und Kreditnehmern zumindest reine Zwischenfinanzierungen aus dem strengen Regelwerk ausgenommen wurden, dürften für längere Zeit die letzten Lockerungen dieser Art gewesen sein.

Am Dienstag haben die Vorstände der Finanzmarktaufsicht FMA, Eduard Müller und Helmut Ettl, klar gemacht, wie nötig diese strengen Kreditvergaberichtlinien für die „nachhaltige Leistbarkeit“ von Wohnimmobilien seien. Sie ließen bei der Jahresbilanz-Pressekonferenz der FMA keine Zweifel aufkommen, dass die Regeln richtig und verhältnismäßig sind und daher – trotz der permanenten Kritik aller heimischen Banken – nicht weiter verwässert werden. „Für uns ist das Thema abgeschlossen. Das sind Regeln, die zu jedem Zeitpunkt unabhängig von der Markt- und Preisentwicklung eingehalten werden sollten. Das ist unser Job als unabhängige Behörde“, sagen die FMA-Chefs.

Zinsen, Regeln, Preise

Schuld am massiven Einbruch im Neukreditgeschäft der Banken seien ohnehin die stark gestiegenen Zinsen und erst in zweiter Linie die strengeren Kreditregeln, argumentiert die FMA.

Denkt man Zinsen, Preise und strengere Regeln zusammen, zeigt sich aus Sicht der Verbraucher freilich folgendes: Wer im Jahr 2017 einen Kredit über 450.000 Euro (Zinsen: 1,2 Prozent) aufgenommen hat, musste eine monatliche Rate von 1.500 Euro stemmen. Wer für dieselbe Wohnung heute einen Kredit benötigt, muss wegen des zwischenzeitlichen Preisanstiegs der Immobilie monatlich 2.234 Euro berappen. Und mitsamt dem Zinsanstieg seit dem Frühsommer 2022 ergibt sich heute bereits eine monatliche Belastung von 3.146 Euro, rechnete Ettl vor. Und sagte, an die globale Finanz- und Schuldenkrise ab 2008 erinnernd, die als US-Immobilienkrise ihren Ausgang nahm: „Daher sind wir so laut und unbequem.“

Auch die Daten der FMA zeigen, wie ernst die Situation schon war: In Österreich seien Wohnimmobilien im Verhältnis zur realen Wirtschaftsentwicklung um 32 bis 34 Prozent (Euroraum: 16 Prozent) überbewertet, also extrem teuer. Seit 2010 seien die Wohnimmobilienpreise in Österreich außerdem um 116 Prozent gestiegen (Euroraum: 48 Prozent), die Einkommen seien in diesem Zeitraum aber lediglich um 51 Prozent gestiegen.

Die Gründe für die Preisexplosion  sind vielfältig: Etwa traf eine hohe Nachfrage auf ein beschränktes Wohnungsangebot.

60 Prozent variabel

In der Hoffnung, dass die Zinsen demnächst wieder sinken könnten, nehmen Kreditnehmer jetzt wieder vermehrt variabel verzinste Kredite auf. Das kann nach hinten los gehen. Dennoch sind mittlerweile wieder 55 bis 60 Prozent aller neuen Kredite variabel verzinst. „Das ist Ausdruck des Prinzips Hoffnung“, sagt Müller, aber auch ein „Zeichen für grenzwertige Finanzierungen“.

RBI und Russland

Zweitstärkstes Thema bei der FMA war das Engagement der Raiffeisen Bank International in Russland. Entweder die russische Tochter wird verkauft oder abgespalten. Beide Schritte wären positiv, sagt die FMA. Und hält fest: Auch bei einem Totalausfall des Russlandgeschäftes wäre dies für die RBI ein wohl schmerzhafter, aber verkraftbarer Prozess.

FAKTEN

Die KIM-VO
Seit der strengeren Auslegung der sogenannten KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) dürfen Wohnbaukredite nicht mehr länger als 35 Jahre laufen, der Eigenmittelanteil muss mindestens
20 Prozent betragen, die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbaren monatlichen Nettoeinkommens ausmachen. Diese Eckpfeiler waren früher reine Empfehlungen, sind aber seit Mitte 2022 verpflichtend

Lockerungen
Mit April gab es zwei Erleichterungen. Dabei ging es um Zwischenfinanzierungen und Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften

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