Heimische Bahn-Industrie im Rückwärtsgang

Heimische Bahn-Industrie im Rückwärtsgang
Starke Konkurrenz aus China lässt Österreichs Exporte zurückgehen. Der Zollstreit beschleunigt das.

Die österreichische Bahnindustrie gilt als eine der heimischen Vorzeigebranchen. Sie ist in absoluten Zahlen weltweit der fünftgrößte Exporteur, setzt 3,1 Milliarden Euro um und beschäftigt 9.000 Mitarbeiter direkt. Indirekt sorgt sie für 20.000 Arbeitsplätze. Seit ein paar Jahren ist die wirtschaftliche Entwicklung jedoch rückläufig und der negative Trend beschleunigt sich.

„Wir sprechen von nennenswerten Rückgängen bei den Exporten. Wenn wir nichts tun, werden wir massiv unter Druck kommen“, sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung. Er wolle die Situation zwar nicht allzu negativ darstellen, die Bahnindustrie sei nach wie vor eine fantastische Branche, doch müsse sie reagieren. Die deutsche Bahnindustrie meldete vor wenigen Tagen für 2018 Exportrückgänge von fünf Prozent. Laut Helmenstein war das Minus in Österreich im selben Zeitraum deutlich höher. Der Zollstreit zwischen den USA und China würde die Situation zwar befeuern, sei aber nicht der Grund des Übels.

Keine Chancengleichheit

Vielmehr sei es die chinesische Bahnindustrie, die durch eine Innovations- und Exportinitiative immer mehr aufhole. „Seit 2013 versuchen die Chinesen den europäischen Markt zu erschließen“, sagt Helmenstein. Sie greifen nicht nur nach Aufträgen, sondern auch nach Unternehmen, wie jüngst die Übernahme des Lokomotiven-Geschäfts des deutschen Verkehrstechnikkonzerns Vossloh durch die chinesische Staatsbahn CRRC zeige.

Dass die Konkurrenz aus China in Europa immer stärker wird, hat sich die EU zu einem großen Teil selbst zuzuschreiben. In den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren hat man es unterlassen, auf gleiche Marktbedingungen zu achten, so Helmenstein. Diese bestehen bis heute nicht. Für europäische Unternehmen gibt es Eintrittshürden auf dem chinesischen Markt, umgekehrt ist der europäische Markt offen.

China wurde als Entwicklungsland betrachtet, weshalb man auf die Durchsetzung von Chancengleichheit verzichtet hat, erklärt Helmenstein. Um reinen Altruismus habe es sich dabei aber nicht gehandelt. „Hätte man die Gleichheit mit mehr Verve verfolgt, hätte man bei dem einen oder anderen Projekt in China nicht Teil genommen.“ Heute befinde sich China jedoch in einer viel stärkeren Position, weshalb die EU dringend Chancengleichheit einfordern müsse. Denn China würde es nicht dabei belassen, nur in den Eisenbahnsektor zu drängen. Als nächstes seien der Auto- und der Luftfahrtbereich an der Reihe.

Zeitverzögerte Folgen

Wie kann Österreichs Bahnindustrie reagieren? Österreich ist in vielen Bereichen stark, zum Beispiel bei Zügen, Waggons, beim Gleisoberbau, bei Zugleit- und Zugsicherungstechnik sowie Bremsen und Funktechnik. Die Branche ist weltweit vertreten. Die Hälfte der Exporte geht nach Deutschland, weitere wichtige Märkte sind Japan, Italien, die Schweiz, Südkorea, Tschechien und Indien.

Österreichs Bahnindustrie ist also sehr global aufgestellt. Das Portfolio zeugt von einer hohen technischen Kompetenz“, sagt Helmenstein. Dennoch wird die Branche von den Chinesen auf allen Fronten angegriffen. Mit Zeitverzögerung würden sich die Innovationsbemühungen der Chinesen in Markterfolge umwandeln.

Dem könne man nur begegnen, indem man selber „konsequent innovativ bleibt und die Globalisierung der eigenen Produktionsnetzwerke vorantreibt“, so der Ökonom. Durch Produktionsstätten im Ausland könne man sich Lohnkostenvorteile holen und durch Partner in Asien Handelshemmnisse überwinden. Auch regulatorisch könne sich Europa wehren und sein Wettbewerbsrecht den globalen Marktbedingungen anpassen. Wie wichtig das wäre, zeige das Ergebnis der von der EU-Kommission untersagten Fusion der Schienenverkehrssparten von Siemens und dem französischen Zugshersteller Alstom, klagt Helmenstein.

Das Fusionsverbot sei zwar für europäische Hersteller gut, für Europas Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt jedoch schlecht, da man Giganten wie CRRC keinen starken Mitbewerber gegenüberstellen könne. „Und der relevante Markt ist nicht die EU, sondern der Weltmarkt“, so Helmenstein. Die neue EU-Kommission werde sich dieses Themas annehmen müssen, wenn Europas Bahnindustrie seine globale Position behaupten wolle.

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