BA-Chef Cernko: "Video-Konferenz mit Kunden"
KURIER: Herr Generaldirektor, "vor den Banken liegen magere Jahre" sagen Experten von Ernst&Young. Gilt das auch für die Bank Austria?
Willibald Cernko: Ja, durchaus. Wir haben nach der Lehman-Pleite 2008 sehr viel Risiko aus dem Geschäft genommen und konzentrieren uns jetzt auf das sogenannte "Brot und Butter"-Geschäft. Das führt jetzt zu strukturellen Anpassungen, um überhaupt ein profitables Geschäft zu machen.
Hoffen Sie nach der Zeit des Banken-Bashings gar auf Mitleid für die Banken?
Das wäre vollkommen unangebracht. Wir müssen neue Angebote für die Kunden schaffen und die neuen Regulierungen umsetzen.
Und Mitarbeiter abbauen?
Wir brauchen Geschäftsmodelle, wo wir den Kunden mit weniger Mitarbeitern den gleichen oder sogar besseren Service bieten und die geänderten Kundenbedürfnisse stärker berücksichtigen. Das führt zu einer stärkeren Nutzung der Neuen Medien. Wir werden Internet aber auch die Möglichkeit des Videos zum Vorteil des Kunden einsetzen.
Video-Konferenzen mit meinem Anlageberater?
Ja, warum nicht? Dadurch würde das Beratungsgespräch auch sauber dokumentiert werden. Die klassische Filiale wird es auch in Zukunft geben, aber eher in den Ballungsräumen. Schon bald werden 70 Prozent der Bevölkerung in Ballungsräumen leben, darauf werden wir uns konzentrieren. Am Land müssen wir eine Balance zwischen Qualität und Kosteneffizienz finden. Wir werden aber auch unterschiedliche Arten von Filialen sehen, von Flagship-Stores bis zu Einrichtungen ohne Mitarbeiter, aber mit modernster Technik.
Wie sollen die neuen Produkte aussehen?
Einfacher, transparenter, verständlicher. Da würden wir auch gerne mit dem Konsumentenschutz bereits im Vorfeld zusammenarbeiten.
Welches Produkt ist noch sicher und gewinnbringend?
Das Wichtigste ist die Streuung. Sparbuch, Fonds aber auch Unternehmensanleihen – nicht alles auf eine Karte setzen. Ich hoffe aber umgekehrt, dass aufgrund der niedrigen Zinsen es nicht wieder die Tendenz zu hohem Risiko gibt.
Kommt die große Herbst-Rallye bei den Aktien?
Aufgrund der Rahmenbedingungen gibt es Grund zu Optimismus, aber ich warne vor einem Rausch.
Die Regulierung der Banken wird stärker werden, auch auf EU-Ebene. Fühlen Sie sich überreguliert?
Wir sind der Öffentlichkeit weitere Detailregelungen schuldig. In der Vergangenheit wurde alles ausgenutzt, was nicht verboten war. Da ist die freiwillige Zurückhaltung abhandengekommen. Insofern verstehe ich den Ruf nach mehr Regulierung. Wir müssen wieder Vertrauen aufbauen, und wenn die Marktteilnehmer dann wieder verlässlich sind, gibt es vielleicht die Chance, dass das eine oder andere wieder zurückgenommen wird.
Es gibt noch immer kein Bankeninsolvenzrecht?
Zunächst brauchen wir die Europäische Bankenaufsicht, einheitliche Spielregeln für alle Banken. Da muss eine zentrale Stelle der EZB mit den nationalen Aufsehern kooperieren. Von dieser Aufsicht müssen aber alle umfasst werden. Das muss natürlich auch für die dezentralen Sektoren gelten.
Sie reden von den Sparkassen und Raiffeisen-Banken?
Ja, denn sie haben für unsere Wirtschaft eine große Bedeutung. Deswegen gehören sie genauso kontrolliert. Hier zählt wirtschaftlich der Sektor, hier müssen alle mitmachen.
Aber wird der Bankenplatz London mitmachen?
Ein gutes System wird ein attraktives und anziehendes System sein. Eine gemeinsame Bankenaufsicht wird jedem Land nützen, etwa wenn man die Hilfe der EU braucht.
Aus der Schweiz wird viel Schwarzgeld abgezogen. Fließt da etwas nach Österreich zurück?
Das kann ich ausschließen. Aber ich höre von einer großen Zahl an Selbstanzeigen.
Thema Europa. Sind Sie für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung?
Zuerst brauchen wir eine europäische Bankenaufsicht, dann brauchen wir zweitens die Resolution, also die Bankenreorganisation mit einem Fonds, und erst dann ist eine europäische Einlagensicherung zu diskutieren.
Ist nach dem Spruch des deutschen Bundesverfassungsgerichts der Euro gerettet?
Ja, ich bin optimistisch. Die Politik hat in den letzten Monaten ganz klare Ansagen gemacht, da wird noch manches schwierig in der Umsetzung sein. Nehmen wir etwa die Bankenunion her. Aber generell ist das Vertrauen wieder gestiegen.
Und Griechenland bleibt Euro-Mitglied?
Ich sehe keinen Grund, Griechenland vor die Tür zu bitten. Griechenland braucht Unterstützung, um eine funktionierende Staatsverwaltung aufzubauen. Dann wird es auch für Investitionen wieder interessant.
Aber am Ende gehen wir in Richtung einer Schuldenunion?
Die Altschulden in Europa sind über die nächsten Jahre abzutragen und zwar so, dass es sich die einzelnen Staaten leisten können. Dann muss sichergestellt werden, dass keine neuen dazukommen. Wir brauchen mehr Solidarität aber auch klare Spielregeln wie die Fiskalunion. Aber wir brauchen auch ein gemeinsames soziales Europa. Es ist doch auf Dauer nicht auszuhalten, dass in manchen Ländern 50 Prozent der jungen Leute keine Arbeit haben. Wenn das so weitergeht, haben wir möglicherweise in Europa demnächst ganz andere Probleme.
Die Deutsche Bank wechselt die Strategie und sucht plötzlich „gesellschaftliche Akzeptanz“. Früher ging es nur um eine 25-prozentige Rendite auf das Eigenkapital. Ist der Schwenk ehrlich?
Ich schau mir das an. Wenn wir Vertrauen aufbauen wollen, dann müssen wir im „Brot und Butter“-Geschäft verlässlich sein. Wir als Bank Austria werden uns weiter gesellschaftlich und kulturell engagieren. Warren Buffet hat einmal gesagt, es dauert 20 Jahre um eine Reputation aufzubauen aber nur fünf Minuten, um sie zu zerstören.
Sind wir im Jahr eins oder zwei des „Wiederaufbaus.“
Wir haben in den letzten Jahren schon einiges aufgebaut, sind aber bei Weitem noch nicht dort, wo wir hinwollen. Da hilft keine Hochglanzbroschüre, sondern nur harte Arbeit.
Ihr Sohn ist ein vielfach prämierter Koch, sein Beruf hat ein deutlich besseres Image als der Ihre ...
Ich gehe jeden Tag gerne arbeiten und glaube, dass mein Beruf Sinn macht. Die Zeiten, wo man das verschweigen musste, sind ja Gott sei Dank vorbei. Aber leider sind wir im Kampf um die größten Talente noch nicht wieder vorne dabei.
Ihr Vertrag läuft 2015 aus, ist dann Schluss bei der Bank Austria?
Ich arbeite gerne, ich arbeite gerne noch länger.
Zur Person: Willibald Cernko
Karriere Willibald Cernko, geboren am 7. Juli 1956 in Knittelfeld, ist seit Oktober 2009 Vorstandschef der Bank Austria, die zur italienischen Großbank UniCredit gehört. Der Steirer begann seine Berufslaufbahn bei der Raiffeisenkasse Obdach-Weißkirchen und wechselte 1985 nach Wien zur Creditanstalt. Ab 1996 ging es die Karriereleiter steil bergauf. Im Jahr 2000 wurde Cernko Bereichsvorstand für Firmenkunden.
Von 2006 bis 2009 war er zusätzlich im Vorstand der UniCredit Group bzw der
deutschen UniCredit-Tochter Hypo Vereinsbank. Cernko ist mit der Pianistin Jasminka Stankul verheiratet und Vater von vier Kindern. Die Bank Austria ist im Konzern für 19 von 22 Ländern verantwortlich.
Kommentare