Automesse Peking: China bleibt europäisch

Automesse Peking: China bleibt europäisch
Die Automesse in Peking zeigt, dass der Wildwuchs der Anfangszeit langsam geregelteren Verhältnissen weicht – und dass die Europäer weiter den Ton angeben.

Seit dem letzten Besuch im Jahr 2006 haben sich nicht nur Termin (Frühjahr statt Herbst) und Schauplatz (neues, großzügiges Messegelände statt kleiner, verwinkelter Hallen) geändert. Auch unter den ausgestellten Modellen einheimischer Hersteller findet man nicht mehr so viele abenteuerliche Gefährte wie noch vor sechs Jahren.

Automesse Peking: China bleibt europäisch

Zweite Erkenntnis nach der zeitraubenden Anfahrt zur Messe durch den apokalyptischen Stau unter einem Smog-verhangenen Himmel: Am Verkehrschaos hat sich wenig geändert, was auch an der nach wie vor jeden Millimeter freie Straße (und sei es der Pannenstreifen oder die gerade unbenutzte Gegenfahrbahn) nutzenden Fahrweise der Chinesen liegt.

Trotzdem gilt China weiterhin als das Gelobte Land der weltweiten Autoindustrie. Denn auch wenn die Hauptstadt und der industrialisierte Süden des Landes da und dort an die Grenzen der Infrastruktur stoßen, wird der Auto-Boom weitergehen.

Die Zukunft liegt nämlich im Westen, wie es der chinesische Marketing-Chef von Volkswagen in China, Weiming Soh, ausdrückt. Allerdings nicht in einer Export-Offensive chinesischer Hersteller, sondern im eigenen Land. Die riesigen Provinzen in der Mitte und im Westen Chinas haben noch gewaltigen Nachholbedarf.

Luxus

Nicht zuletzt für die europäischen Premium-Marken ist China somit weiterhin ein schnurrender Wachstumsmotor. Die wohlhabenden Chinesen gieren nach Luxus-Marken – ob Louis Vuitton, Gucci, Prada oder eben Ferrari, Bentley oder Lamborghini.

Wobei auf dem Auto­markt vorerst noch die Einschränkung gilt, dass die Kundschaft mit reinen Sportwagen wenig anfangen kann und eher geräumige Autos will, in denen der Besitzer die zweite Reihe bezieht und die leidige Fahrerei einem Chauffeur überlässt. Während also etwa Porsche mit Panamera und Cayenne bestens dafür gerüstet ist – der 911 verkauft sich in China nur schleppend –, geht Lamborghini die Sache jetzt über zwei verschiedene Schienen an.

Einerseits startet man heuer in Asien die in Europa bereits erfolgreiche Marken-Rennserie für Privatfahrer mit mehreren Rennen auch in China, um der potenziellen Kundschaft die artgerechte Verwendung von solchen Sportwagen schmackhaft zu machen.

Was sich VW, Daimler, Audi, BMW und Porsche vom chinesischen Markt erwarten, lesen Sie hier:

Urus

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Anderseits hat man sich nicht zufällig die Auto China ausgesucht, um mit der SUV-Studie Urus den ersten entscheidenden Hinweis auf die lange erwartete dritte Baureihe zu geben. Laut Lamborghini-Boss Stephan Winkelmann gibt es zwar noch keinen Beschluss über den Bau einer dritten Modellreihe, aber sollte das Urus-Konzept gut ankommen, könnte man in vier Jahren damit serienreif sein.

Der knapp fünf Meter lange, aber nur 1,6 m hohe Viersitzer ist nach dem Kohlefaser-Leichtbau-Konzept des Hauses entwickelt und verspricht im Endausbau nicht nur die niedrigsten -Werte der Luxus-SUV-Armada, sondern dank des 600 PS starken Triebwerks auch standesgemäß atemberaubende Fahrleistungen.

Mehr Fotos vom Lamborghini Urus sehen Sie hier:

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Aber auch neben dem programmierten Star der Show setzt der VW-Konzern auf Leistung bei seinen Premieren. So zeigt Audi mit dem Q3 RS eine kompaktere Version eines leistungsgesteigerten SUV.

Den starken Anteil der europäischen Hersteller am Premieren-Reigen auf der Messe untermauern auch Fiat und die PSA-Gruppe. Die Italiener zeigen mit dem Viaggio eine Stufenhecklimousine auf Basis der bei Alfa Romeo Giulietta und Dodge Dart verwendeten Plattform, die mit dem chinesischen Partner GAC in China ausschließlich für den lokalen Markt produziert werden wird.

Während Peugeot die Studie eines urbanen Raumfahrzeuges enthüllt, gibt Konzern-Schwester Citroën mit der lang gestreckten Limousinen-Studie Numero 9 einen konkreten Ausblick darauf, wie sich die erfolgreiche DS-Linie in Richtung Oberklasse weiterentwickeln wird.

Mehr Fotos vom Citroën Numero 9 sehen Sie hier:

Denza

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Weiters interessant aus europäischer Sicht: Mercedes zeigt neben einem viertürigen Coupé auf Basis der neuen A-Klasse auch die erste Studie jenes kompakten Elektro-Autos, das man mit Partner BYD unter der neuen Marke Denza auf den chinesischen Markt bringen will.

Dort hat sich die anfängliche E-Auto Euphorie zuletzt abgekühlt, was auch auf der Auto China zu merken ist. Hybride, Plug-in-Systeme und Versionen mit Reichweiten-Verlängerer haben die reinen E-Auto-Studien früherer Tage weitgehend abgelöst.

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