Automatische Steuererklärung soll Kleinstbetriebe entlasten

Kleinunternehmen wie Nagelstudios müssten dem Finanzamt künftig nur noch ihre Einnahmen melden
Wirtschaftskammer Wien will antragslose Veranlagung für bis zu 30.000 Euro Jahresumsatz. Steuerberater sind skeptisch.

Kein lästiges Belege-Sammeln, keine langen Steuerformulare ausfüllen, keine Steuerberatungs-Kosten mehr: Geht es nach den Willen der Wiener Wirtschaftskammer (WKW), sollen Ein-Personen-Unternehmen (EPU) künftig nur noch ihren Jahresumsatz (Einnahmen) beim Finanzamt melden müssen. Der Einkommensteuerbescheid wird dann automatisch vom Finanzamt erstellt.

Eine solche antragslose Veranlagung gibt es bereits seit 2017 für alle Arbeitnehmer, wenn sie ihren Steuerausgleich (Arbeitnehmerveranlagung) nicht selbst durchführen wollen. Rund 900.000 Steuerzahler dürften sich dadurch heuer den Weg zum Finanzamt ersparen und in Summe 200 Mio. Euro an Steuergutschrift erhalten.

WKW-Präsident Walter Ruck will ein ähnliches, unbürokratisches Prozedere jetzt auf 200.000 EPU bis zu einem Jahresumsatz von 30.000 Euro ausweiten. Nicht als Zwang, sondern ebenfalls als Option, wie er betont. „Entscheidet sich die Hälfte der EPU für das antragslose Modell, könnte das österreichweit rund 100 Mio. Euro durch den Entfall von Steuerberatungskosten einsparen“, sagt Ruck. Auch die Finanzbehörden hätten weniger Bürokratie.

Automatische Steuererklärung  soll Kleinstbetriebe entlasten

WKW-Präsident Walter Ruck

Pauschalierungen

Die Höhe der Einkommensteuer will die WK über Betriebsausgabenpauschalen in nur drei verschiedenen Branchen berechnen. Dienstleistungen 30 Prozent Pauschale, produzierendes Gewerbe 50 Prozent und Handel 70 Prozent. Für Selbstständige, die keine Sozialversicherung zahlen, weil sie etwa zusätzlich angestellt sind, betragen die Pauschalen 15, 35 und 55 Prozent. Die Pauschalierungen sind eine Summe aus Erfahrungswerten und bestehenden Teilpauschalierungen.

Finanzministerium prüft

Im Finanzministerium stößt der Wunsch auf offene Ohren. „Der Vorschlag der WK Wien ist uns bekannt und wir werden diese Möglichkeit im Zuge der Steuerentlastungsreform prüfen“, heißt es auf Anfrage. Auch weitere Pauschalierungen seien Thema in der Arbeitsgruppe zur Steuerentlastungsreform.

Steuerberater skeptisch

Wenig Freude mit mehr Automatisierung haben die Steuerberater. „Das Problem liegt im Detail. Unternehmen könnten mit der Pauschalierung schlechter aussteigen und aus Bequemlichkeit viel Geld verlieren“, warnt Klaus Hübner, Präsident der Kammer für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Um festzustellen, welche Variante besser ist, brauche es erst recht Vergleichsrechnungen. Die vermeintliche Einsparung von 100 Mio. Euro durch den Entfall von Steuerberatungskosten hält Hübner für zu hoch. Bei EPU sei der Aufwand überschaubar und die Steuerersparnis meist höher als das anfallende Honorar. Besser für die Wirtschaft wären einfachere Regelungen im Steuerrecht.

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