Austrittsdebatte um Griechenland kocht wieder hoch
Ob Drohgebärde vor den Wahlen oder Kursschwenk: Der Spiegel berichtete unter Verweis auf Regierungskreise, dass sich Berlin einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone vorstellen könne. Sollte die Syriza-Partei des Euro-Rebellen Alexis Tsipras am 25. Jänner als Sieger aus den Parlamentswahlen gehen, sei so ein Schritt sogar fast unausweichlich, schrieb das Magazin. Ein Sprecher der deutschen Regierung wollte am Sonntag nichts von einer Kursänderung wissen. "Griechenland ist in der Vergangenheit seinen Verpflichtungen nachgekommen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland auch weiterhin seinen Verpflichtungen nachkommen wird."
Damit spielt er indirekt auf die vollmundigen Aussagen Tsipras an, der in Umfragen vor den regierenden Konservativen liegt. Der 40-Jährige will sein Land aus den Zwängen der Troika befreien, als neuer Premier den Sparkurs aufgeben und die Schulden des Landes nicht mehr länger bedienen. Die von den internationalen Gläubigern diktierten Sparbedingungen seien "sowohl irrational als auch destruktiv". Zudem fordert seine Partei einen weiteren Schuldenschnitt und den Kauf griechischer Anleihen durch die EZB. Tsipras rudert aber, je näher der Wahltermin rückt, zurück. Er will, dass sein Land in der Euro-Zone bleibt.
Geteilte Meinungen
Zuletzt hatten sich die Anzeichen, dass die Euro-Partner Athen im Falle eines Syriza-Sieges fallen lassen könnten, gemehrt. Geht Athen aus dem Euro, ist die Ansteckungsgefahr für andere Länder mittlerweile begrenzt, findet Berlin laut Informationen des Spiegel. Die Euro-Zone habe seit dem Höhepunkt der Schuldenkrise 2012 Fortschritte gemacht, Portugal und Irland sind saniert, zudem stehe ein schlagkräftiger Rettungsmechanismus zur Verfügung. Der renommierte deutsche Ökonom Peter Bofinger warnt aber vor den Risiken für die Stabilität des Euroraums. "Auch wenn die Situation Griechenlands nicht mit der anderer Mitgliedsstaaten vergleichbar ist, würde damit ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre", sagte er der Welt am Sonntag.
Gespräche an der Bar
„Grexit“ ist nur eines der vielen Kunstwörter, die die Krise hervorgebracht hat. Die Kombination von „Greece“ und „exit“ meint den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Dieser wird nun unter anderen Vorzeichen diskutiert, als noch zu Ausbruch der Krise.
Zudem hat die Europäische Zentralbank den Finanzmärkten klar gemacht, dass sie den Euro verteidigen will. Die EZB hat die Geldpolitik deutlich gelockert und es wird erwartet, dass sie im ersten Quartal des laufenden Jahres den breit angelegten Kauf von Staatsanleihen verkünden wird.
Europas Banken sind heute nicht mehr so stark in Griechenland engagiert wie bei Ausbruch der Krise, als die Märkte die Folgen einer griechischen Staatspleite auf das europäische Bankensystem fürchteten. 2012 verzichteten private Gläubiger – darunter auch Banken – auf die Rückzahlung von 100 Milliarden Euro Schulden.
Dass ein Land aus dem Währungsraum austritt, ist in den EU-Verträgen nicht vorgesehen und damit für das Euro-System Neuland. Juristisch unbestritten ist, dass die Euroländer keinen Rauswurf eines Mitgliedes beschließen können. Theoretisch könnte Griechenland also nur selbst den Austritt erklären. Fest steht, dass ein Austritt Griechenlands viele findige Juristen beschäftigen würde.
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