Auf den Spuren der versteckten Arbeitslosigkeit

Studie: Heimische Arbeitslosen-Quote in Wirklichkeit doppelt so hoch wie angegeben.

Wer ist eigentlich arbeitslos? Alles eine Frage der Definition. Die neue Wirtschafts- „Denkfabrik“ Agenda Austria spürte die „versteckte“ Arbeitslosigkeit in Österreich auf und wurde vor allem bei den AMS-Schulungsteilnehmern, Frühpensionisten und der sogenannten „stillen Reserve“ fündig. Als Reserve werden jene Menschen bezeichnet, die zwar sofort einen Job antreten könnten, aber nicht aktiv auf Arbeitssuche sind. In Summe waren dies im ersten Quartal laut Agenda Austria 250.000 Personen. Zählt man diese „versteckten Arbeitslosen“ hinzu, so hätte die offizielle Arbeitslosenquote laut EU-Definition nicht 5,1 Prozent sondern 10,3 Prozent betragen.

EU-Rang vier

Auf den Spuren der versteckten Arbeitslosigkeit
Mit einer doppelt so hohen Arbeitslosenquote wie angegeben wäre Österreich im EU-Vergleich nicht mehr Spitzenreiter, sondern nur noch Vierter hinter Deutschland, Tschechien und Großbritannien(siehe Grafik). In diesen Ländern würden weit weniger Arbeitslose aus der offiziellen Statistik fallen als in Österreich, so Studienautor Michael Christl. Weit mehr „Versteckte“ hätten hingegen Dänemark oder Belgien, wo ebenso wie in Österreich viel Geld in die Schulung von Arbeitslosen fließt.

Österreich versteckt vor allem bei den 55- bis 64-Jährigen jede Menge Arbeitslose, dafür sind wir bei den Jüngeren wider Erwarten gut“, meint Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn und verweist auf die im EU-Vergleich nach wie vor niedrige Erwerbsquote bei den Älteren. Der Spitzenplatz bei der EU-Arbeitslosenquote sei aber mit teuren Frühpensionierungen erkauft worden, insbesondere rund um die Pensionsreformen 2003/2004.

Das AMS kann mit der Studie wenig anfangen: „Die Zahlen sind überhaupt nicht nachvollziehbar“, so Sprecherin Beate Sprenger. Den betroffenen Frühpensionisten werde automatisch ein Arbeitswunsch unterstellt. Die – vom AMS stets extra ausgewiesenen – Schulungsteilnehmer seien in einer Bildungsmaßnahme und könnten daher nicht sofort einen Job antreten.

Keine Arbeitslosen

IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer hält es für unseriös, ein mögliches, aber theoretisches Beschäftigungspotenzial pauschal als Arbeitslose zu bezeichnen. „Wer hat was davon? Ich verstehe den Sinn nicht.“ Der Begriff „arbeitslos“ sei – wegen der internationalen Vergleichbarkeit – genau definiert, heißt es im Sozialministerium. Als „arbeitslos“ gelten Personen, die in der jeweiligen Umfragewoche (Mikrozensus) keine bezahlte Beschäftigung hatten, sofort eine Arbeit aufnehmen können und auch aktiv nach einer Arbeit suchen.

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