Attila Dogudan: "Spielen in der Champions League"
„Was heißt, wir sind wieder zurück. Wir waren doch nie weg“. Attila Dogudan strahlt seit wenigen Tagen wieder vor Selbstbewusstsein. Der neue Deal mit British Airways und Iberia verleiht dem Gründer und Chef des heimischen Gourmetkonzerns DO&CO Flügel.
Zwei Jahre lang verhandelten Dogudan und sein Team mehrmals pro Woche. Sie schafften schließlich das Bravourstück, in die Heimatbasen der europäischen Flugriesen British Airways und Iberia zu kommen.
Ab dem Frühjahr 2020 übernimmt DO&CO für zehn Jahre das Catering und Handling für alle British-Flüge ab London-Heathrow und für Iberia und Iberia Express ab Madrid.
In beiden Großstädten werden neue Großküchen (35.000 bzw. 15.000 Quadratmeter) errichtet. 4000 zusätzliche Mitarbeiter werden eingestellt, die dort für täglich 500 Flugzeuge aufkochen. Wer eine internationale Karriere machen will, sei „highly welcome“.
„Das ist der Sprung in die Top-Liga. Wir spielen ab jetzt in der Champions League“, erzählt Dogudan im KURIER-Gespräch begeistert.
In den letzten zwei Jahren war der Selfmade-Unternehmer weniger gut gelaunt. Zuerst die wirtschaftliche und politische Entwicklung in der Türkei und als auch noch das Gerücht kursierte, DO&CO drohe das Ende des Vertrages mit dem langjährigen Partner Turkish Airlines, ging es mit dem Aktienkurs nur noch bergab. Die Anleger flüchteten, das in 37 Jahren aufgebaute Unternehmen verlor mehr als die Hälfte des Wertes.
„Das war wie eine Kettenreaktion. Basierend auf reinen Spekulationen und Emotionen. Wir hatten an unserem Geschäftsmodell nichts geändert, aber plötzlich war DO&CO für viele Investoren kein erfolgreiches Unternehmen mehr“, hadert der 59-Jährige, der als Kind mit seinen Eltern von Istanbul nach Wien kam, rückblickend mit dem Kapitalmarkt. Alle hätten nur noch auf die türkische Lira gestarrt und keiner geschaut, „wie das Unternehmen aufgestellt ist und ob unsere Marge hält“.
Anleger wieder zurück
Seit der Bekanntgabe der neuen Großaufträge geht es mit dem Aktienkurs aufwärts, mehr als 20 Prozent in zwei Tagen. Am 24. September steigt die Aktie in den Wiener Leitindex ATX auf. „Dort sind wir wesentlich stärker im Blickfeld der Investoren, wir bekommen eine ganz andere internationale Visibilität“.
Die Mega-Orders bringen nicht nur das Vertrauen der Anleger zurück, sondern katapultieren DO&CO unter die größten Airline-Caterer weltweit. Nur die Lufthansa-Tochter LSG und die schweizerisch-chinesische Gategroup sind noch vorne.
Bei der Qualität sei man schon längst Weltmarktführer, „aber jetzt kann niemand mehr sagen, wir wären für einen Auftrag zu klein. Jetzt haben wir die Chance, aus Österreich ein großes internationales Unternehmen aufzubauen“.
Das ist der Konzern eigentlich schon. 31 Großküchen spannen sich von Chicago bis Seoul. Ab 2020 werden jeden Tag insgesamt 1200 Flugzeuge mit 2500 Starts und Landungen beliefert.
In der Türkei wird sich in den nächsten Wochen entscheiden, ob die mehrheitlich staatliche, börsenotierte Turkish Airlines den fünfjährigen Catering-Vertrag für den Flughafen Istanbul verlängert. Schaut ganz gut aus, man verhandelt wieder.
Turkish wollte ursprünglich 100 Millionen Euro für die Vertragsverlängerung. Als Dogudan ablehnte, begann Turkish mit Singapore Airlines zu verhandeln. Die asiatische Top–Airline hatte anfänglich erklärt, man sei bereit, 140 Millionen hinzulegen. Scheint nichts daraus geworden zu sein.
Das 50:50 Joint Venture Turkish DO&CO ist die größte Einheit innerhalb der Gourmet-Gruppe. Am 29. Oktober eröffnet plangemäß der Istanbul New Airport. Der Heimatflughafen der Turkish wird eines der größten Luftdrehkreuze weltweit. Beginnend mit zunächst 90 Millionen Passagieren im Jahr ist im Endausbau eine Kapazität von 200 Millionen Fluggästen vorgesehen.
Die wirtschaftlichen Probleme des Landes tangieren die Luftfahrt offenbar nicht. Istanbul liegt als Umsteige-Airport geografisch günstiger als alle anderen Hubs und konkurrenziert auch die erfolgreichen Airports am arabischen Golf hart. Laut Dogudan überfliegen 70 Prozent des weltweiten Luftverkehrs Istanbul.
Bordmenu bis kurz vor Abflug bestellen
Wie sieht in einer digitalisierten Welt die Zukunft eines Geschäfts aus, das Dogudan so definiert: „Kein Mensch fliegt nur wegen des Essens, aber Essen ist das billigste Marketinginstrument, das eine Airline hat. Das stark mit Emotionen besetzt ist und eine hohe Loyalität zur Marke der Airline bringt“.
DO&CO will sich logistisch so aufrüsten, dass die Passagiere zwei bis drei Stunden vor dem Abflug ihr Essen ordern können. Und sich nicht mehr erst an Bord zwischen Pasta und Chicken entscheiden müssen. Je nach Buchungsklasse (und Ticketpreis) zahlt die Bordmenus entweder die Airline oder der Fluggast.
„Statt wie jetzt nach Hause bestellen sich die Kunden künftig das Essen auf Sitz 32 B“, skizziert Dogudan. „Jetzt erklären wir dem Kunden, wie er sich zu verhalten hat. Doch der Kunde wird vorgeben, was er will. Wir alle müssen den Kunden viel mehr zuhören“.
Erleichtert ist Dogudan, dessen Söhne Attila und Marius im Konzern mitarbeiten, dass er aus dem ÖBB-Catering draußen ist. Es gab keinen Kollektivvertrag und permanente Wickel mit Gewerkschaft und Arbeitsinspektorat. Dogudan: „Nie mehr wieder. Das war die einzige Herausforderung, an der wir kläglich gescheitert sind. Wir sind so richtig ausgerutscht“.
Konzern in Zahlen
1981 gründete Attila Dogudan, damals 22, sein erstes Restaurant in Wien. 1983 Start mit Event Catering, 1987 mit Lauda Air Einstieg ins Airline Catering, 1992 Start ins Formel-1-Catering. 1998 Börsegang in Wien, 12 Jahre später in Istanbul. 2002 Übernahme des Demel, 2004 erstmals Caterer der Fußball Europameisterschaft. 2010 erster „Henry“Shop, Zukäufe in Frankreich und Kiew, weltweit 12 Großküchen, 60 Airlines weltweit unter Vertrag.
Der Konzern hat 11.000 Mitarbeiter in den Bereichen Airline Catering (60 Fluglinien), Event- und Sportcatering (Formel 1, Fußball, Pferdesport, Beach Volleyball etc.) sowie Restaurants, Lounges und ein Hotel am Stephansplatz. Im Geschäftsjahr 2017/18 sank der Umsatz währungsbedingt um 5,7 Prozent auf 861 Millionen Euro, der Gewinn stieg um 17 Prozent auf rund 24 Millionen Euro.
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