Wende bei AT&S: Mertin verspricht Rückkehr in die Gewinnzone bis 2027

AT&S-CEO Mertens
Investitionsbremse und Kostensparprogramm: Der neue AT&S-Chef krempelt den leidgeprüften Leiterplattenkonzern radikal um.

Der Aktienkurs des im Vorjahr arg gebeutelten steirischen Leiterplattenherstellers AT&S erholt sich heuer sukzessive – seit Jahresbeginn um mehr als 50 Prozent.  Und dies, obwohl der Konzern nach wie vor in der Verlustzone steckt.

Der neue Vorstandschef, der Deutsche Michael Mertin (59), früher in leitenden Positionen bei Konzernen wie Zeiss oder Jenoptik tätig, führt das durchaus selbstbewusst auch auf sein Engagement als Sanierer in Leoben zurück. „Ich verspreche nicht, was ich nicht halten kann. Die Investoren können sich meine Historie anschauen. Da gibt es Vertrauen von Leuten, die einen noch kennen.“

Mertin ist seit 1. Mai im Amt und hat einen drei Jahresvertrag bekommen. Er hat das laufende Kostensenkungsprogramm bei AT&S auf mehr als 150 Mio. Euro erweitert und steht gleichzeitig massiv auf der Investitionsbremse. Er sperrt zwar keines der Werke etwa in China zu, ausgebaut werden sie aber auch nicht mehr – dazu fehlt das Geld. Jetzt heißen die Schlagworte „Effizienz“ und "Rentabilität".

Das frühere Volumen-Wachstum auf „Teufel komm raus“ mit Milliarden-Investitionen in immer neue Werke in Asien habe das Unternehmen schließlich an den Rand des Ruin geführt. Doch Mertin will vor einer kleinen Journalistenrunde die Entscheidungen der Vergangenheit nicht weiter kommentieren. Sie fielen in der Ära des früheren AT&S-Großaktionärs und Aufsichtsratschefs Hannes Androsch, der im Dezember 86-jährig verstarb. Zuvor war im Herbst Langzeit-CEO Andreas Gerstenmayer überraschend von Bord gegangen.

Schwarze Null in 2026/27

Für dieses Geschäftsjahr 2025/26 gibt Mertin noch keine Prognose für Umsatz und Ergebnis ab. Für 2026/27 ist er optimistisch, AT&S mit einer schwarzen Null aus der Verlustzone zu führen und die zwei Milliarden-Hürde beim Umsatz klar zu nehmen. Die Ziele der Vergangenheit gibt Mertin freilich auf: „Wir werden nicht Übermorgen ein Fünf-Milliarden-Konzern sein.“

Doch der Weg zurück auf die Gewinnerstraße ist angesichts des Preisdrucks, der Überkapazitäten und dem volatilen Geschäft in der Halbleiterindustrie alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus  Lohnkosten, Steuern oder US-Zöllen  bleiben herausfordernd. Das große Wachstum findet außerhalb Europas statt. Es brauche schon „sehr viel Hirnschmalz“, so Mertin, um überhaupt noch in Europa unternehmerisch tätig zu sein.

Die Lohnkosten seien ein Riesenthema, aber auch Bürokratie und Abgaben. „Steuern sind ja nicht nur für Arbeitnehmer sondern auch für Unternehmen extrem. Was dir der Staat wegnimmt, hast du nicht für Investitionen. In Summe sind die Dinge hier drei Mal so teuer wie in Asien“, sagt der Manager.

Punkten könne man aber nach wie vor mit Innovationen – wie mit der Verschmelzung von Optik und Elektronik, die AT&S angehen will. Oder künftig mit Produkten im sicherheitsrelevanten Bereich, etwa für die Rüstungsindustrie. Auch das schwebt Mertin vor: „Das machen sie nicht in China.“

Er will konkret an der Aufrüstung Europas mit seinen Leiterplatten und Chip-Trägern („IC-Substrate“) mitverdienen und hier neue Kunden gewinnen, schränkt aber sofort ein: „Landminen oder Massenvernichtungswaffen machen wir selbstverständlich nicht“.

Privat ist Mertin verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Unter der Woche ist er in Leoben, die Wochenenden verbringt er daheim in Lindau am Bodensee. Als Hobby, eher als große Leidenschaft, nennt der studierte Physiker mit Spezialisierung in der Lasertechnik, die Astrophysik.

Kommentare