In der Medienpolitik ist "zu wenig weitergegangen"

VÖZ-Präsident Thomas Kralinger.
Kritisches Resümee des Verbands Österreichischer Zeitungen - "Österreich braucht eine digitale Agenda".

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) zieht zum Jahresausklang eine kritische Bilanz der Medienpolitik 2015. „Insgesamt ist bei den wichtigen medienpolitischen Baustellen zu wenig weitergegangen“, so VÖZ-Präsident und KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger. Bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses, der Reform der Presseförderung oder der Umsetzung eines Leistungsschutzrechtes hätte man „größere Schritte“ erwartet.

Österreich braucht eine digitale Agenda“, so Kralinger weiter. „Die Digitalisierung betrifft keineswegs nur Medien sondern alle Branchen. Eine aktive digitale Wirtschaftspolitik ist essenziell für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Österreich. Moderne Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung sowohl in der Wirtschaft als auch speziell im Medienbereich müssen von der Politik rasch festgelegt werden. Zuwarten ist keine Option mehr, die Digitalisierung muss stärker als Chance gesehen werden. Ein Digitalisierungsbonus, wie ihn Bayern plant, könnte ein guter Anreiz sein.“

Da es sich bei den Herausforderungen der Digitalisierung um eine klassische Querschnittsmaterie zwischen Bund, Ländern und Gemeinden handelt schlägt der VÖZ vor, dass die Bundesregierung einen Koordinator ernennt, der alle digitalen Vorhaben bündelt, vorantreibt und Orientierung schafft.

Zugleich fordern die Zeitungsverleger gleiche Rahmenbedingungen für Print- und Digital-Medien. „Digitalisierung braucht gleiche Voraussetzungen wie der Printbereich und inländische Betreiber dürfen nicht schlechter gestellt werden“, so Kralinger. Als Beispiel führte der VÖZ-Präsident das Urheberrecht an. „Das aktuelle Urheberrecht entstammt einer Zeit vor der Digitalisierung. Es begünstigt US-amerikanische Web-Giganten, die Inhalte gewerblich nutzen, ohne die Urheber an den dadurch erzielten Gewinnen zu beteiligen. In der analogen Welt wäre dieses Vorgehen undenkbar.“ Auch das Medienrecht müsse dringend an die heutigen Herausforderungen angepasst werden. „Während üble Nachrede und Beschimpfung im Printbereich bis zu 50.000 Euro an Entschädigung kosten können, gilt für Facebook und Twitter dieser Grundsatz nicht“, kritisierte Kralinger. Daher fordert der Verband, dass alle Sozialen Netzwerke, die sich an das heimische Publikum wenden, ebenfalls für das Handeln ihrer Nutzer haftbar gemacht werden müssen.

Darüber hinaus sollte die Medienkompetenz gefördert werden. Im Zuge der Bildungsreform müsse die Bundesregierung einen stärkeren Fokus auf die Vermittlung digitaler Medienkompetenzen und die Leseförderung mittels Zeitungen und Magazinen legen. „Egal welche Medien junge Menschen nutzen, Informationen müssen von ihnen kritisch hinterfragt werden. Darüber hinaus muss Media Literacy jungen Mediennutzern auch die Gefahren der digitalen Kommunikationskanäle vermitteln und sie beispielsweise in puncto Datenschutz schulen“, erklärte Kralinger.

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