Warnung vor dem "Blödesten"
Seit Monaten verhandelt die Koalition über eine Finanzreform. Diskutiert wird auch über eine höhere Mehrwertsteuer auf Produkte, für die derzeit nur ein Satz von zehn Prozent (statt 20) fällig ist. Zu diesen gehören Bücher und Zeitungen sowie Eintrittskarten für Kino, Theater, Konzerte und Ausstellungen.
Als Erste schlugen die Literaten Alarm. Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autorinnen Autoren, meint: "Sollte der begünstigte Mehrwertsteuersatz tatsächlich fallen, wäre eine schlagartige Verteuerung der künstlerischen Produktion die Folge. Wir haben uns an alle Verhandler gewandt, aber es gibt keine Reaktionen: Die Regierung schweigt sich aus."
Tatsächlich haben die Verhandlungsteams der Koalition unter der Führung von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) Stillschweigen vereinbart – bis 17. März. Dann soll das Paket der Maßnahmen, die eigentlich zu einer Steuerentlastung führen sollen, fertig geschnürt sein.
Die Geheimhaltung steigert allerdings den Unmut und die Sorge der Kulturschaffenden. Der Schauspieler und Filmregisseur Karl Markovics, der auf der Berlinale seinen Film "Superwelt" präsentierte, bezeichnete im Gespräch mit der APA eine Anhebung des Mehrwertsteuersatzes als "das Blödeste, Kurzsichtigste, Schrecklichste, was man sich überhaupt vorstellen kann".
Angst vor Rückgang
Andreas Egger, der Chef des Kartenvertriebs oeticket, sprach von einer "Massensteuer". Jährlich würden rund 36 Millionen Eintrittskarten in Österreich verkauft, dem Finanzministerium würde die Erhöhung 50 Millionen Euro zusätzlich in die Kassen spülen. Allerdings sei diese Zahl nur "theoretischer Natur", so Egger, da mit einem deutlichen Rückgang im Kartenverkauf zu rechnen sei.
Die Veranstalter haben nun unter dem Titel "Nein zur Ticketsteuer" zu einer Online-Petition aufgerufen. Es gehe darum, sich gegen den "Versuch der Finanzierung der Lohnsteuersenkung auf Kosten der Kultur- und Freizeitbedürfnisse aller" zu wehren. Die Aktion auf www.ticketsteuer.at wird unter anderem von Georg Hoanzl, Paul Gessl (NÖ Kulturwirtschaft) und Danielle Spera (Jüdisches Museum der Stadt Wien) unterstützt.
Besonders ins Zeug legen sich die Grazer Kulturinstitutionen vom Landesmuseum Joanneum über die Styriarte bis zur Theaterholding. Es gelte zu verhindern, dass der Besuch von Kulturveranstaltungen "zum Luxus für wenige Wohlhabende" wird, sagt Veronica Kaup-Hasler, Intendantin vom Steirischen Herbst.
Auch die Kinos haben auf www.wehrt-euch.at eine Petition gestartet: "Bitte protestieren Sie mit uns gegen eine neue Belastungswelle, mit der sich die Steuerreform ad absurdum führt, bevor sie überhaupt begonnen hat."
Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) äußerte sich bisher nicht. Er meinte bloß, dass Bücher ein "Grundnahrungsmittel" seien. Er soll sich aber in den Verhandlungen entschieden gegen die Anhebung der Mehrwertsteuer ausgesprochen haben. Sollte sie dennoch kommen, sei es klar, dass die Mehreinnahmen ans Kulturministerium fließen müssten – um den Veranstaltern zugute kommen zu können.
Jüngst ging das Gerücht um, dass man im Finanzministerium nicht mehr an eine Verdoppelung denke, sondern an eine Anhebung auf zwölf Prozent. Die Veranstalter warnen aber auch vor dieser abgemilderten Variante.
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