"The Newsroom": Am Ende von der Realität eingeholt

Jeff Daniels als engagierter Nachrichtensprecher Will McAvoy.
Die kontrovers diskutierte Serie mit Jeff Daniels geht am Freitag in die dritte und finale Staffel.

Lehrer und Fußballtrainer haben sich längst daran gewöhnt. Für die US-Serie "The Newsroom" entwickelte sich der Umstand aber zum echten Problem: Jeder weiß immer alles besser. Bei den einen sind es die Eltern und Pantoffelkicker, im Fall von "The Newsroom" waren es wir Journalisten selbst.

Die von Aaron Sorkin erdachte Serie war 2012 mit dem Versprechen angetreten, anhand realer Ereignisse das Nachrichtengeschäft ins Visier zu nehmen. Mit halbjähriger Verspätung konnte das Publikum so etwa nachsehen, wie das Attentat auf den Boston-Marathon im April 2013 die von Aktualität getriebene Medienwelt in ihren Grundfesten erschütterte: Während die Polizei noch nach den Tätern suchte, glaubten User des Internet-Portals Reddit die Täter bereits ausgemacht zu haben. Die New York Post zitierte den Fahndungserfolg der Internet-Community. Zeit, auf die offizielle Bestätigung der Polizei zu warten, war offenbar keine.

Das Problem dabei: die schwarmintelligente Cloud hatte sich geirrt. Will McAvoy (Jeff Daniels), das Gesicht des fiktiven Kabelsenders ACN Network, der gegen CNN, MSNBC und die (berüchtigten) Fox News um die Vorherrschaft am Nachrichtenmarkt kämpft, beteiligt sich in "The Newsroom" nicht an diesem Rennen. "Don’t get it first, get it right" – stimmen muss es, Geschwindigkeit ist sekundär, lautet seine Devise. Eine reale Grundproblematik, der sich Medien täglich stellen. Mit sechs Monaten Abstand zwischen Ereignis und Ausstrahlung der Serie mache es sich "The Newsroom" aber nur allzu leicht, kritisierten viele US-Kollegen, die sich an der pathosgeladenen Oberlehrerhaftigkeit der Serie stießen.

Einfache Drama-Serie

Vielleicht ist es auch nicht ganz fair, als Journalist über "The Newsroom" zu schreiben. Bei Anwaltserien beschwert sich schließlich auch niemand über zu viel Schmalz in den Plädoyers, und zu den medizinischen Wundern, die in Ärzteserien vollbracht werden, hat sich die Ärztekammer bislang auch noch nicht kritisch geäußert.

Verzichtet man auf den Realitätscheck, bleibt "The Newsroom" eine spannende Drama-Serie mit hochklassigen Schauspielern (neben Jeff Daniels ist die wundervoll enervierende Emily Mortimer als dessen Aufnahmeleiterin – und seit Staffel zwei auch als persönliche Partnerin zu sehen) und großen Gänsehautmomenten.

"The Newsroom": Am Ende von der Realität eingeholt
© 2014 Home Box Office
Dass es beim idealistischen Zugang zur US-Medienlandschaft bleibt, kann am Ende sogar als Verdienst der Serie gesehen werden. So schöne Monologe über die hehren Aufgaben der vierten Gewalt im Staat sind bei keinem Medienkongress zu hören. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Will McAvoy, der lieber ein Millionenpublikum an die Konkurrenz von Fox News verliert, als vorschnell zu berichten, scheiterte in der realen Welt am Zuspruch des Publikums. Begleitet von verschnupften Kritiken, ließen nach gutem Start zuletzt auch die Quoten der HBO-Serie zu wünschen übrig. Die dritte Staffel, die am Freitag auf Sky Atlantic (21.00 Uhr) startet, ist die letzte der Serie.

Kommentare