Obama und Stewart: Da haben sich zwei gefunden
Auch wenn Jon Stewart dem wohl widersprechen würde, aber in der "Daily Show" trafen gestern einander ein letztes Mal zwei politische Schwergewichte, die einander viel zu verdanken haben.
Der eine, Barack Obama, bekam schon landesweite Aufmerksamkeit durch die Satireshow, als er noch Senator in Illinois war - und dankte es Stewart, indem er sich als erster Präsident der Vereinigten Staaten in seine "Daily Show" setzte. Insgesamt sieben Mal war er seit 2005 dort.
Der andere, Jon Stewart, ist Comedian – eine Rolle, die er stets betont – und ein politischer Faktor wider Willen. Der "vertrauenswürdigste Mann in Fake News", wie er sich kokett nennt, unterhält von Montag bis Donnerstag ein vergleichsweise kleines Publikum von durchschnittlich rund 2,5 Millionen Sehern, der Einfluss seiner ebenso entblößenden wie unterhaltsamen Analysen geht aber über den Kabelsender Comedy Central hinaus - Clips aus der Sendung werden in sozialen Netzwerken geteilt, von anderen Medien aufgegriffen.
Heimspiel
Politisch sind die beiden auf einer Linie – und wer Obamas Reden beim traditionellen Korrespondenten-Dinner im Weißen Haus kennt, weiß: auch humortechnisch passen die zwei zusammen. Verschmitzt, hart, auch zu sich selbst. Obamas Auftritte in der Daily Show waren stets ein Heimspiel.
Gestern schlugen die beiden also das letzte Kapitel ihres langen gemeinsamen Weges auf. Obama wird 2016 als 44. Präsident der Vereinigten Staaten abdanken, Jon Stewart räumt nach 16 Jahren in der "Daily Show" freiwillig das Feld.
Wildgänse
"Lame Ducks" nennt man US-Präsidenten, die noch im Amt sind, aber nicht mehr zu einer Wiederwahl antreten (können). Eine Position, die Obama in den letzten Wochen geradezu beflügelt hat. Iran-Deal, Kuba, Gesundheits- und Justizreform – "Obama mausert sich endlich zu dem Präsidenten den 2008 viele gewählt haben", schreibt Spiegel Online. Und natürlich: Dieser Obama würde sich zurzeit wohl in jeder Talkshow leicht tun.
Und auch die "lahme Ente" Jon Stewart, der am 6. August an seinen Nachfolger Trevor Noah abgibt, erlebt gerade seinen zweiten Frühling, arbeitet sich seit Wochen genüsslich an Donald Trump ab.
Kein Schlagabtausch
Ein lässiger Handshake, lockerer Plauderton - wenig überraschend wurde der letzte Auftritt Obamas in der Daily Show denn auch zum entspannten Aufeinandertreffen zweier alter Bekannter. "Ich kann nicht glauben, dass du vor mir aufhörst", spielte Obama den Entsetzten: "Ich werde eine präsidiale Verfügung erlassen. Jon Stewart darf nicht gehen. Es wurden allerdings schon Klagen angekündigt." "Für mich ist das Sache der Bundesstaaten" antwortete Stewart trocken in Anspielung auf den oft diskutierten Einfluss Washingtons.
"Die USA haben im Nahen Osten ja schon viel probiert", scherzte Stewart, "hunderttausend Soldaten geschickt, Kämpfer bewaffnet. Aber diese neue Sache ... Diplomatie hast du sie vorhin genannt, klingt interessant." Wer sich eine politische Abrechnung über die "großen amerikanischen Fragen" (Süddeutsche.de) erwartet hatte, wurde enttäuscht - aber wieso hätte es auch eine werden sollen?
Im tief ideologisierten Amerika stehen sich die politischen Lager unversöhnlicher denn je gegenüber. Und auch wenn beide stets dafür angetreten sind, diese Gräben zu überwinden - von ihren Kritikern werden Obama und Stewart längst ins selbe Boot geworfen. Vielleicht ist das ja das prägendste Entwicklung, die diese beiden "Lame Ducks" teilen.
Extended Interview - President Barack Obama"After seven years, is that the advice that you then bequeath to future President Trump?" -- Jon Stewart ► EXCLUSIVE: Watch Jon's final extended interview with President Barack Obama: http://on.cc.com/1MnAs9K
Posted by The Daily Show on Dienstag, 21. Juli 2015
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