Terror in Brüssel: Das sagen die internationalen Medien

Die Titelseiten vom 23. März 2016.
Die Attentate in Brüssel waren Thema in allen Blättern der Welt. Ein Überblick.

Adevarul (Bukarest):

"Die logische Frage ist, welche die nächsten Ziele in Europa sind, denn ... es gibt keinerlei Zweifel daran, dass der Plan (für neue Terroranschläge) weiter umgesetzt wird. Aber die Reaktion der EU-Verantwortlichen ist auch diesmal, Beileid auszusprechen nach Schablonen, die es in allen Kanzleien für solche Anlässe gibt. Bisher jedenfalls hat man noch nichts von einer geplanten Krisensitzung gehört, und sei es auch nur der EU-Innenminister. Und wenn die Damen und Herren Minister um ihre hochwohlgeborene Haut fürchten, haben sie die Auswahl unter mehreren hyper-gesicherten Örtlichkeiten. Die permanente Unentschlossenheit der Europäer ist ein himmlisches Manna von dem jene profitieren, die einen breiten Krieg gegen Europa begonnen haben. Und dieser Krieg ist, wie IS stets erklärt, erst am Anfang."

De Telegraaf (Amsterdam):

"Die entscheidende Frage ist, wie wir uns gegen einen offenbar unsichtbaren Feind wappnen. Mehr Absicherung und Kontrolle sind nötig. Aber dies ist nur ein Teil der Lösung. Das frühere Aufspüren der Terrornetzwerke ist ausschlaggebend und dies ist in erster Linie Aufgabe der Geheimdienste. Kein Land kann das allein. Internationale Zusammenarbeit ist von größter Wichtigkeit und hier muss dann auch kräftig investiert werden. Terrornetzwerke sind weit verzweigt und werden zum Teil von radikalisierten Syriengängern gespeist. Sobald die Behörden nur nebeneinanderher arbeiten, bleiben Anschlagspläne unter dem Radar. Genau das ist der Vorwurf an die diversen staatlichen Behörden, die für die Sicherheit in Belgien verantwortlich sind."

La Croix (Paris):

"Die Terroristen wollten zeigen, dass sie in der Lage sind, in sehr kurzer Zeit nicht nur die Hauptstadt von Belgien zu treffen, sondern auch die Stadt, in der die zentralen Institutionen der Europäischen Union sitzen. (..) Es ist Europa, das getroffen wurde. Und es ist an Europa, darauf zu antworten. Es ist extrem dringend, die Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Nachrichtendiensten der Europäischen Union zu verstärken. (...) Das alte Europa muss auch seiner humanistischen Tradition Treue zeigen, die heute noch von der Persönlichkeit Erasmus symbolisiert wird, der sich 1521 lange in Brüssel aufhielt. Wenn es als Opfer blinder Gewalt der Verlockung der Rache und des Sündenbocks nachgäbe, würde es sich selbst Gewalt antun."

Le Figaro (Paris):

"Für alle Europäer, Bürger wie Anführer, ist die Botschaft klar. Niemand kann sich vor der terroristischen Sturmwarnung in Sicherheit fühlen, die über den Kontinent hereinbricht. Die Deutschen, die Österreicher, die Griechen und andere, besessen von der humanitären Debatte und der logistischen harten Nuss des Andrangs Hunderttausender Migranten, warfen Frankreich bisher andeutungsweise seine Sicherheits-Besessenheit vor. Sie wurden in die Realität zurückgeholt: Sie sind vielleicht - zweifellos? - die nächsten auf der Liste und müssen sich darauf vorbereiten.

Die Bedenken des Europäischen Parlaments und gewisser Hauptstädte gegenüber der Aufstockung des gemeinsamen Sicherheitsapparats sind unentschuldbar geworden. Frankreich darf nicht mehr fast allein sein, im Irak und im Sahel Krieg zu führen: Die magere Unterstützung, die es von seinen Partnern erhalten hat, war eine Schande, sie wird ein Fehler."

Tages-Anzeiger (Zürich):

"Die Erschütterung wird weit über die belgische Hauptstadt hinaus zu spüren sein und lange anhalten. Die Attentäter haben in Brüssel zugeschlagen, in Sichtweite der EU-Schaltzentrale und am Flughafen in direkter Nachbarschaft zum Nato-Hauptquartier. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten. Es ist ein Anschlag ins Herz Europas, nahe dem Machtzentrum der EU. (...)

In nächster Nähe haben noch am Freitag im bunkerähnlichen EU-Ratsgebäude die Staats- und Regierungschefs am Gipfel mit dem Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu den Flüchtlingspakt mit der Türkei besiegelt. Die Europäer bemühen sich fieberhaft darum, die Kontrolle über die Außengrenze zurückzugewinnen, um die Reisefreiheit im Innern zu verteidigen. Ob das klappt und Schengen gerettet werden kann, war schon vor dem Türkeideal offen. Nach dem Anschlag im Zentrum Europas dürfte der Ruf nach Kontrollen an den Binnengrenzen noch lauter werden und Schengen ernsthafter denn je in Gefahr sein. Ein Europa, das sich abschottet und in Angst erstarrt, ist das Ziel der Attentäter."

The Times (London):

"Die Rückkehr der im Bombenbauen ausgebildeten Jihadisten nach Europa wird in der US-Regierung weitgehend als Folge der europäischen Inkompetenz gesehen, den Zustrom junger, frustrierter junger Männer aus Nordafrika oder dem Nahen Osten zu kontrollieren, die radikalisiert und auf der Suche nach einem Engagement sind. Doch die USA sind nicht immun gegen diese Form des Terrorismus, noch sind sie frei von Verantwortung.

Der Jihad - und es ist keine Panikmache, von einem Gotteskrieg zu sprechen - ist durch den Rückzug der USA aus dieser turbulenten Region ermutigt worden. Und die Wurzel dieser Gleichgültigkeit ist Obamas Selbstbezogenheit, sein Glaube, dass die USA sich um das großartigere Problem des Weltfriedens kümmern sollten."

The Telegraph (London):

"Es ist verlockend, die jüngsten Anschläge im Zusammenhang mit der großen Migrationskrise zu sehen, die Europa im vergangenen Jahr in den Abgrund gezogen hat. Ein Gebiet, das keine interne Grenzen hat, muss sich in Fragen seiner Sicherheit auf die Stärke seiner äußeren Grenzen verlassen können - diejenigen der Europäischen Union waren angesichts dieser Aufgabe auf beklagenswerte Weise ungenügend. Aber die Bedrohung des islamistischen Terrors lässt sich vor der Migrationskrise, dem Krieg in Syrien und dem Aufstieg der Terrormiliz Islamischer Staat zurückdatieren."

Lidove noviny (Prag):

"Die Jihadisten machen Europa zum Kampffeld. Dafür brauchen sie keine gescheiterten Staaten, sondern es genügt ihnen das Unterstützerumfeld in den immer zahlreicher werdenden muslimischen Gemeinden. Bereits nach der Festnahme von Salah Abdeslam wurde eines deutlich: Der meistgesuchte Mann Europas versteckte sich nicht im Nahen Osten, sondern hielt sich vier Monate lang in Brüssel auf. Denn er bekam Unterstützung von Hinterleuten, die selbst nicht als Fanatiker im Visier der Polizei waren. Es muss Priorität sein, den Kampf um dieses Umfeld zu gewinnen."

Hospodarske noviny (Prag):

"Wir sind in einer ungünstigen Ausgangsposition. Der Westen ist jedes Mal erstaunlich zahnlos, wenn es darum geht, gezielte Schläge gegen Trainingslager oder Verstecke der Terroristen irgendwo auf der Welt, etwa in Syrien, auszuführen. Die Politiker sind von dem Gedanken geleitet, dass sie die nächsten Wahlen verlieren würden, sobald Soldaten in Särgen nach Hause gebracht werden. Das spielt den Terroristen natürlich sehr in die Hände - auch in einem propagandistischen Sinne. Denn sie können es als Zeichen von Schwäche und Dekadenz auslegen."

Magyar Nemzet (Budapest):

"Es ist an der Zeit, vieles in Europa zu überdenken. ... Schön und edel ist der Gedanke, dass eine jede Blume blühen möge, doch er gibt keine Antwort auf die Frage: Was ist, wenn der eine das unabänderliche Ziel verfolgt, den anderen möglichst schnell zu vernichten? ... Spätestens jetzt müsste es jedem klar sein: Es herrscht Krieg. Jenes sichere Europa, das es verdiente, geliebt zu werden, gibt es nicht mehr. 13. November: Paris. 22. März: Brüssel. Wann und wo ist das nächste Mal?"

Standart (Bulgarien):

"Brüssel befürchtete ein Attentat zu Weihnachten, erlebte es aber zu Ostern. (.) Es war ein Schock, keine Überraschung. (.) Die Spuren der Selbstmordattentäter führten auch gestern nach Molenbeek. Brüssels Hauptfehler liegt darin, dass es zuließ, dass sich Immigranten-Ghettos bildeten. (.) Die dort lebenden Väter und Großväter haben noch eine gewisse Achtung vor der Autorität des Staates, der sie aufnahm und ihnen eine Chance gab, doch bei den jungen Menschen gibt es nichts anderes als Zorn. Denn sie haben den Frust von drei Generationen akkumuliert, haben Versäumnisse bei der Bildung und sind verwundbar - deswegen werden sie zur leichten Beute für Islamisten, die überall auf sie warten."

El Paes (Madrid):

"Die jihadistischen Attentate in Brüssel bedeuten eine echte Herausforderung für die Europäische Union. Sie zeigen, dass alle EU-Bürger in jedem Augenblick Opfer terroristischer Gewalt werden können. Es ist daher eine gemeinsame Reaktion aller EU-Staaten notwendig, und zwar auf politischer, militärischer, polizeilicher und geheimdienstlicher Ebene.

Wenn der alte Kontinent den Krieg gegen den Jihadismus gewinnen will, muss er einen europäischen Plan aufstellen. Der Terrorismus ist neben der Migration die größte Herausforderung. Die Flüchtlinge, die nach Europa kommen, fliehen vor denselben Terroristen, die unsere europäischen Städte angreifen. Frankreich zog es nach den Anschlägen von Paris vor, im Alleingang zu agieren. Dies erwies sich als ein Fehler."

Aftenposten (Oslo):

"Die Terroristen versuchen zu polarisieren und eine schwarz-weiße Welt zu schaffen, in der die Menschen durch ihre religiöse und ethnische Zugehörigkeit definiert werden und nichts anderes. Ein Teil der Antwort - für Christen, für Muslime und für Nicht-Gläubige - muss sein, die Weltanschauung der Terroristen aufs Deutliche abzulehnen, und zwar in der Öffentlichkeit. Aus Rücksicht für die Angehörigen der Opfer und für uns selbst müssen wir zusammenstehen in der Trauer und im Kampf gegen den Terrorismus."

Corriere della Sera (Mailand):

"Wie können wir uns schützen? Wird das jemals enden? Wie lange müssen wir noch unser Leben riskieren, indem wir einfach nur leben? Angesichts der Einfachheit, mit der man töten kann, wenn man bereit ist zu sterben, stockt uns der Atem, bleiben wir wie versteinert zurück. (...) Unter uns sind jede Menge Menschen, die uns hassen. Um die Zwillingstürme zum Einsturz zu bringen, musste Osama bin Laden ein Terrorkommando in die USA schleusen. In Europa ist das nicht nötig, der IS schwimmt im Teich der Nahost- und Maghreb-Gemeinden, die sich radikalisieren. (...) Deshalb muss der erste Schritt sein, diesen Teich auszutrocknen. Natürlich mit Integration und Kultur, aber auch mit strenger und wirksamer Polizeiarbeit."

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